Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf
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dass Jack vom rechten Weg abkommen konnte, während er fort war. Oft genug hatte sie sich das während der Reisen ihres Vaters gefragt – die Ehe ihrer Eltern hatte gelegentlich auf wackligen Füßen gestanden – und nicht gewusst, was ihre inzwischen verstorbene Mutter über das Thema »andere Frauen« wohl gedacht hatte. Doch im Grunde war Cathy nicht beunruhigt. Sie liebte Jack und wusste, dass er ihre Liebe erwiderte. Menschen, die sich liebten, gehörten zusammen. Hätten sie sich kennen gelernt, als er noch Offizier bei den Marines gewesen war, wäre das bestimmt ein Problem gewesen, mit dem sie sich nur schwer hatte abfinden können, denn einen Ehemann zu haben, der womöglich ausrücken und sich in Todesgefahr begeben musste, wäre für sie, davon war sie überzeugt, kaum zu ertragen gewesen. Doch sie hatte ihn erst später kennen gelernt. Ihr Vater hatte sie zum Dinner eingeladen. Dann war ihm eingefallen, auch Jack dazu zu bitten, einen brillanten jungen Broker mit scharfen Instinkten, der bald von der Niederlassung in Baltimore nach New York ziehen würde. Überrascht musste Joe Muller feststellen, dass die beiden jungen Leute sich augenblicklich füreinander interessierten. Dann hatte Jack offenbart, dass er sich wieder auf seine Lehrtätigkeit als Dozent für Geschichte konzentrieren wollte. Daraus ergab sich weniger für Jack als für Cathy ein Problem. Jack konnte Joseph Muller, den Vizepräsidenten von Merrill Lynch, nicht leiden und hatte nach den fünf Jahren, die er unter ihm angestellt gewesen war, endgültig die Nase voll. Joe war für Cathy natürlich immer noch »Daddy«, für Jack aber nur eine Nervensage, auf die er sich nur mit dem Personalpronomen in der dritten Person bezog. Woran zum Teufel arbeitet er nur? fragte sich Cathy jetzt. Bonn? Deutschland? NATO-Kram? Diese gottverdammte Geheimdiensttätigkeit – geheimes Material begutachten und geheime Beobachtungen machen, die dann an andere Leute übermittelt wurden, die die Unterlagen vielleicht lasen und darüber nachdachten oder eben auch nich.t Cathy selbst ging jedenfalls einer ehrlichen Arbeit nach: Sie machte kranke Menschen wieder gesund oder half ihnen wenigstens dabei, besser zu sehen. Nicht dass Jack unnötige Dinge tat. Erst vor wenigen Monaten hatte er es ihr erklärt. Es gab einfach schlechte Menschen in der Welt, und irgendjemand musste schließlich gegen sie antreten. Glücklicherweise brauchte er dazu kein geladenes Gewehr. Cathy hasste 565
Schusswaffen, selbst diejenigen, die verhindert hatten, dass sie entführt und ermordet wurde – damals zu Hause in Maryland in jener Nacht, die mit der beglückenden Geburt von Klein Jack geendet hatte. Im Übrigen hatte sie während ihrer Zeit als Assistenzärztin in der Notaufnahme Schussve rletzungen behandelt. Sie hatte den Schaden gesehen, den Geschosse anrichteten, wenn auch nicht den Schaden, den sie vielleicht an anderen Orten verhinderten. Ihre Welt war in dieser Hinsicht irgendwie eingeschränkt, ein Umstand, den sie durchaus schätzte. Trotzdem hatte sie Jack erlaubt, ein paar von diesen verdammten Dingern zu Hause aufzubewahren, dort, wo die Kinder nicht drankamen, selbst wenn sie auf einen Stuhl kletterten. Manchmal dachte sie, dass sie zu empfindlich war... Warum ist Jack nicht hier? fragte sich Cathy in der Dunkelheit. Was konnte nur so wichtig sein, dass es ihren Mann von seiner Frau und seinen Kindern fortzog? Er durfte es ihr nicht sagen. Das war es, was sie wirklich ärgerte. Aber es hatte keinen Sinn, darüber zu streiten, und schließlich hatte sie es nicht mit einem Krebspatienten im Endstadium zu tun. Auch nicht damit, dass Jack mit irgendeinem deutschen Flittchen herummachte. Aber... verdammt! Sie wollte einfach ihren Mann wiederhaben. Rund anderthalbtausend Kilometer weit entfernt war Ryan schon aufgestanden. Er hatte geduscht, sich rasiert und das Haar gekämmt und war bereit, sich dem Tag zu stellen. Auf Reisen war es für ihn nie ein Problem, morgens zeitig aufzuwachen. Jetzt hatte er nichts zu tun, bis endlich die Botschaftskantine ihre Pforten öffnete. Er blickte auf das Telefon neben dem Bett und dachte daran, zu Hause anzurufen, doch er wusste nicht, wie er mit diesem System eine Verbindung nach draußen herstellen konnte. Außerdem benötigte er wahrscheinlich Hudsons Erlaubnis – und Unterstützung –, um eine solche Mission zu erfüllen. Verdammt! Um drei Uhr morgens war er aufgewacht und hatte sich umgedreht – vergeblich –, um Cathy auf die Wange zu küssen. Das tat er gern, zumal sie seinen Kuss meistens erwiderte, obwohl sie sich später nie daran erinnern konnte. Sie liebte ihn offenbar wirklich. Menschen können nicht schauspielern, wenn sie schlafen. Dies war eine wichtige Tatsache in Ryans persönlichem Universum. 566
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dass <strong>Jack</strong> vom rechten Weg abkommen konnte, während er fort war.<br />
Oft genug hatte sie sich das während der Reisen ihres Vaters gefragt<br />
– die Ehe ihrer Eltern hatte gelegentlich auf wackligen Füßen<br />
gestanden – und nicht gewusst, was ihre inzwischen verstorbene<br />
Mutter über das Thema »andere Frauen« wohl gedacht hatte. Doch<br />
im Grunde war Cathy nicht beunruhigt. Sie liebte <strong>Jack</strong> und wusste,<br />
dass er ihre Liebe erwiderte. Menschen, die sich liebten, gehörten<br />
zusammen. Hätten sie sich kennen gelernt, als er noch Offizier bei<br />
den Marines gewesen war, wäre das bestimmt ein Problem gewesen,<br />
mit dem sie sich nur schwer hatte abfinden können, denn einen Ehemann<br />
zu haben, der womöglich ausrücken und sich in Todesgefahr<br />
begeben musste, wäre für sie, davon war sie überzeugt, kaum zu<br />
ertragen gewesen. Doch sie hatte ihn erst später kennen gelernt. Ihr<br />
Vater hatte sie zum Dinner eingeladen. Dann war ihm eingefallen,<br />
auch <strong>Jack</strong> dazu zu bitten, einen brillanten jungen Broker mit scharfen<br />
Instinkten, der bald von der Niederlassung in Baltimore nach<br />
New York ziehen würde. Überrascht musste Joe Muller feststellen,<br />
dass die beiden jungen Leute sich augenblicklich füreinander interessierten.<br />
Dann hatte <strong>Jack</strong> offenbart, dass er sich wieder auf seine<br />
Lehrtätigkeit als Dozent für Geschichte konzentrieren wollte. Daraus<br />
ergab sich weniger für <strong>Jack</strong> als für Cathy ein Problem. <strong>Jack</strong><br />
konnte Joseph Muller, den Vizepräsidenten von Merrill Lynch, nicht<br />
leiden und hatte nach den fünf Jahren, die er unter ihm angestellt<br />
gewesen war, endgültig die Nase voll. Joe war für Cathy natürlich<br />
immer noch »Daddy«, für <strong>Jack</strong> aber nur eine Nervensage, auf die er<br />
sich nur mit dem Personalpronomen in der dritten Person bezog.<br />
Woran zum Teufel arbeitet er nur? fragte sich Cathy jetzt. Bonn?<br />
Deutschland? NATO-Kram? Diese gottverdammte Geheimdiensttätigkeit<br />
– geheimes Material begutachten und geheime Beobachtungen<br />
machen, die dann an andere Leute übermittelt wurden, die<br />
die Unterlagen vielleicht lasen und darüber nachdachten oder eben<br />
auch nich.t Cathy selbst ging jedenfalls einer ehrlichen Arbeit nach:<br />
Sie machte kranke Menschen wieder gesund oder half ihnen wenigstens<br />
dabei, besser zu sehen.<br />
Nicht dass <strong>Jack</strong> unnötige Dinge tat. Erst vor wenigen Monaten<br />
hatte er es ihr erklärt. Es gab einfach schlechte Menschen in der Welt,<br />
und irgendjemand musste schließlich gegen sie antreten. Glücklicherweise<br />
brauchte er dazu kein geladenes Gewehr. Cathy hasste<br />
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