Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf

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schulte.josefine23
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Er setzte sich an die Spüle und zündete sich eine Zigarette an. Bevor er wieder einschlief, wollte er erst einmal vollständig wach sein. Er wollte nicht in diesen Traum zurückkehren. Draußen vor dem Fenster lag die Stadt vollkommen still, die Straßen waren leer – nicht einmal ein Betrunkener, der nach Hause wankte. Auch das war gut so. Um diese Zeit ging in keinem Wohnblock ein Lift. Es war kein einziges Auto zu sehen, was sich etwas eigenartig ausnahm, aber nicht so ungewöhnlich, wie es in einer Stadt im Westen gewesen wäre. Die Zigarette erfüllte ihren Zweck. Zaitzew war wach genug, um von neuem einschlafen zu können. Trotzdem wusste er schon jetzt, dass ihn diese Vision nicht mehr loslassen würde. Die meisten Träume verflogen, wie Zigarettenqualm, aber bei diesem würde es anders sein. Da war sich Zaitzew ganz sicher. 217

10. Kapitel EIN BLITZ AUS HEITEREM HIMMEL Er musste über einiges nachdenken. Es war, als hätte sich die Entscheidung selbst getroffen, als hätte eine fremde Macht von seinem Verstand und, durch diesen, von seinem Körper Besitz ergriffen und als wäre er zu einem bloßen Zuschauer degradiert worden. Wie die meisten Russen duschte er nicht, sondern wusch sich nur das Gesicht und rasierte sich nass. Dabei schnitt er sich dreimal. Behoben wurde das Malheur mit Toilettenpapier – zumindest die Symptome, wenn auch nicht die Ursache. Die Bilder aus dem Traum liefen vor seinen Augen ab wie dieser Kriegsfilm im Fernsehen. Das taten sie auch noch beim Frühstück. Den abwesenden Blick, den diese Bilder zur Folge hatten, bemerkte seine Frau zwar, aber sie sprach ihn nicht darauf an. Dann war es auch schon Zeit, zum Dienst zu fahren. Er zog los wie ein Roboter, fand den Weg zur Metro-Station völlig mechanisch. Sein Gehirn war ruhig und extrem aktiv zugleich, so, als hätte er sich plötzlich in zwei separate, aber irgendwie doch miteinander ve rbundene Menschen gespalten, die auf parallelen Wegen zu einem Ziel unterwegs waren, das er im Moment weder sehen noch verstehen konnte. Aber er wurde zu ihm getragen wie ein Holzstück auf einem Gebirgsbach – die Felswände schossen so rasch an ihm vorbei, dass er sie kaum richtig wahrnahm. Fast überraschte es ihn, als er sich in einem U-Bahnwagen wiederfand, der durch die dunklen Tunnel jagte. Sie waren unter der Regierung Nikita Sergejewitsch Chruschtschows von den politischen Gefangenen Stalins gebaut worden. Zaitzew war umgeben von den reglosen, fast gesichtslosen Körpern anderer Sowjetbürger, die sich ebenfalls auf dem Weg zu einer Tätigkeit befanden, 218

10. Kapitel<br />

EIN BLITZ AUS HEITEREM HIMMEL<br />

Er musste über einiges nachdenken. Es war, als hätte sich die Entscheidung<br />

selbst getroffen, als hätte eine fremde Macht von seinem<br />

Verstand und, durch diesen, von seinem Körper Besitz ergriffen<br />

und als wäre er zu einem bloßen Zuschauer degradiert worden. Wie<br />

die meisten Russen duschte er nicht, sondern wusch sich nur das<br />

Gesicht und rasierte sich nass. Dabei schnitt er sich dreimal. Behoben<br />

wurde das Malheur mit Toilettenpapier – zumindest die Symptome,<br />

wenn auch nicht die Ursache. Die Bilder aus dem Traum liefen<br />

vor seinen Augen ab wie dieser Kriegsfilm im Fernsehen. Das<br />

taten sie auch noch beim Frühstück. Den abwesenden Blick, den<br />

diese Bilder zur Folge hatten, bemerkte seine Frau zwar, aber sie<br />

sprach ihn nicht darauf an. Dann war es auch schon Zeit, zum<br />

Dienst zu fahren. Er zog los wie ein Roboter, fand den Weg zur<br />

Metro-Station völlig mechanisch. Sein Gehirn war ruhig und<br />

extrem aktiv zugleich, so, als hätte er sich plötzlich in zwei separate,<br />

aber irgendwie doch miteinander ve rbundene Menschen gespalten,<br />

die auf parallelen Wegen zu einem Ziel unterwegs waren, das er im<br />

Moment weder sehen noch verstehen konnte. Aber er wurde zu<br />

ihm getragen wie ein Holzstück auf einem Gebirgsbach – die Felswände<br />

schossen so rasch an ihm vorbei, dass er sie kaum richtig<br />

wahrnahm. Fast überraschte es ihn, als er sich in einem U-Bahnwagen<br />

wiederfand, der durch die dunklen Tunnel jagte. Sie waren<br />

unter der Regierung Nikita Sergejewitsch Chruschtschows von den<br />

politischen Gefangenen Stalins gebaut worden. Zaitzew war umgeben<br />

von den reglosen, fast gesichtslosen Körpern anderer Sowjetbürger,<br />

die sich ebenfalls auf dem Weg zu einer Tätigkeit befanden,<br />

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