Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf

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04.03.2013 Aufrufe

ten, die sie eingebrockt hatten, sondern der nächstbeste Prügelknabe. Aber dazu würde es jetzt wohl nicht kommen. Man konnte Andropow einiges vorwerfen, nicht aber, dass er unfair war. Trotzdem riet es sich, einem aktiven Vulkan nicht zu nahe zu kommen. Das Schreibtischtelefon läutete. Der Privatsekretär des Vorsitzenden rief an. »Der Vorsitzende wünscht Sie zu sprechen, Genosse Oberst.« »Spasiba.« Er stand auf und ging in den Korridor hinaus. »Wir haben hier eine Antwort von Oberst Goderenko«, berichtete Roschdestwenski und überreichte das Schreiben. Erleichtert stellte er fest, dass Andropow ganz und gar gefasst reagierte. »Damit habe ich gerechnet. Unsere Leute sind richtig zimperlich geworden, haben für kühne Abenteuer anscheinend nichts mehr übrig, finden Sie nicht auch, Aleksei Nikolai’tsch?« »Genosse Vorsitzender, der Agent lässt Sie wissen, wie er die Lage aus seiner professionellen Sicht einschätzt.« »Fahren Sie fort.« »Genosse Vorsitzender«, sagte Roschdestwenski und wählte die folgenden Worte sehr bedacht, »die von Ihnen in Erwägung gezogene Operation wird nicht ohne erhebliche politische Risiken durchzuführen sein. Dieser Priester hat sehr viel Einfluss, und Ruslan Borissowitsch befürchtet, dass seine nachrichtendienstliche Arbeit, also das, worauf es ihm vor allem ankommt, durch einen Anschlag auf diesen Priester stark in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.« »Für die Einschätzung politischer Risiken bin ich zuständig, nicht er.« »Das ist richtig, Genosse Vorsitzender, aber er trägt Verantwortung für sein Territorium und muss Ihnen deshalb mitteilen, was er in dieser Sache für wichtig hält. Wenn er auf die Dienste seiner Informanten verzichten müsste, könnte das auch für uns sehr teuer werden.« »Wie teuer?« »Das lässt sieh natürlich nicht ohne weiteres beziffern. Allerdings unterhält die Agentur in Rom viele sehr fähige und produktive Mitarbeiter, die unverzichtbare Informationen über NATO- Angelegenheiten beschaffen. Könnten wir darauf verzichten? Ja, 153

ich denke schon, aber besser wäre es, unser Zugriff darauf bliebe erhalten. Das aber setzt voraus, dass Goderenko seine Mitarbeiter nicht verprellt. Agenten zu führen ist eine Kunst, keine Wissenschaft, Sie verstehen.« »Das haben Sie mir so schon einmal erzählt, Aleksei.« Andropow rieb sich die müden Augen. Er sah heute ziemlich bleich aus, fand Roschdestwenski. Machte ihm seine Leber wieder zu schaffen? »Unsere Agenten haben wie alle Menschen ihre individuellen Besonderheiten. Daran lässt sich nichts ändern«, erläuterte Roschdestwenski zum vielleicht hundertsten Mal. Immerhin schien Andropow manchmal zuzuhören. Seine Vorgänger waren sehr viel weniger zugänglich gewesen. Vielleicht hatte Juri Wladimirowitsch ja doch mehr Verstand als sie. »Das gefällt mir so an der Fernmeldeaufklärung«, maulte der Vorsitzende des KGB – wie alle, die sich aus seinen Kreisen dazu äußerten. Das Problem bestand darin, dass der Westen in dieser Hinsicht sehr viel erfolgreicher war, obwohl der KGB deren Dienste infiltriert hatte. Die amerikanische NSA und das britische GCHQ arbeiteten unablässig daran, die Fernmeldesicherheit der Sowjetunion zu untergraben, was ihnen, wie zu fürchten war, wahrscheinlich manchmal auch gelang. Deshalb war für den KGB die Verschlüsselung per Einmal-Block unerlässlich. Allen anderen Methoden konnte man nicht trauen. »Was ist davon zu halten?«, fragte Ryan seinen Kollegen Harding. »Nach unserer Einschätzung ist der Ar tikel echt. Ein Teil der Informationen stammt aus offenen Quellen, aber das meiste ist Dokumenten entnommen, die für ihren Ministerrat erstellt worden sind. Auf dieser Ebene wird nicht mehr viel gelogen.« »Warum?«, fragte Jack. »Mit der Wahrheit nimmt man’s doch nirgends so genau.« »Aber da geht es um handfeste Entscheidungen, zum Beispiel darum, dass die Armee mit dem notwendigen Material versorgen wird. Bleibt eine Lieferung aus, wird das auffallen, und man wird Nachforschungen anstellen. Wie dem auch sei«, fuhr Harding fort und behielt sein Gegenüber genau im Auge, »hier besteht das wichtigste Material aus politischen Fragen, und darüber erfährt man nichts als Lügen.« 154

ten, die sie eingebrockt hatten, sondern der nächstbeste Prügelknabe.<br />

Aber dazu würde es jetzt wohl nicht kommen. Man konnte<br />

Andropow einiges vorwerfen, nicht aber, dass er unfair war. Trotzdem<br />

riet es sich, einem aktiven Vulkan nicht zu nahe zu kommen.<br />

Das Schreibtischtelefon läutete. Der Privatsekretär des Vorsitzenden<br />

rief an.<br />

»Der Vorsitzende wünscht Sie zu sprechen, Genosse Oberst.«<br />

»Spasiba.« Er stand auf und ging in den Korridor hinaus.<br />

»Wir haben hier eine Antwort von Oberst Goderenko«, berichtete<br />

Roschdestwenski und überreichte das Schreiben.<br />

Erleichtert stellte er fest, dass Andropow ganz und gar gefasst<br />

reagierte.<br />

»Damit habe ich gerechnet. Unsere Leute sind richtig zimperlich<br />

geworden, haben für kühne Abenteuer anscheinend nichts mehr<br />

übrig, finden Sie nicht auch, Aleksei Nikolai’tsch?«<br />

»Genosse Vorsitzender, der Agent lässt Sie wissen, wie er die<br />

Lage aus seiner professionellen Sicht einschätzt.«<br />

»Fahren Sie fort.«<br />

»Genosse Vorsitzender«, sagte Roschdestwenski und wählte die<br />

folgenden Worte sehr bedacht, »die von Ihnen in Erwägung gezogene<br />

Operation wird nicht ohne erhebliche politische Risiken<br />

durchzuführen sein. Dieser Priester hat sehr viel Einfluss, und Ruslan<br />

Borissowitsch befürchtet, dass seine nachrichtendienstliche<br />

Arbeit, also das, worauf es ihm vor allem ankommt, durch einen<br />

Anschlag auf diesen Priester stark in Mitleidenschaft gezogen werden<br />

könnte.«<br />

»Für die Einschätzung politischer Risiken bin ich zuständig,<br />

nicht er.«<br />

»Das ist richtig, Genosse Vorsitzender, aber er trägt Verantwortung<br />

für sein Territorium und muss Ihnen deshalb mitteilen, was er<br />

in dieser Sache für wichtig hält. Wenn er auf die Dienste seiner<br />

Informanten verzichten müsste, könnte das auch für uns sehr teuer<br />

werden.«<br />

»Wie teuer?«<br />

»Das lässt sieh natürlich nicht ohne weiteres beziffern. Allerdings<br />

unterhält die Agentur in Rom viele sehr fähige und produktive<br />

Mitarbeiter, die unverzichtbare Informationen über NATO-<br />

Angelegenheiten beschaffen. Könnten wir darauf verzichten? Ja,<br />

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