Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf

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schulte.josefine23
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»Wart’s ab, nächste Woche erwischt es dich auch mit dem Nachholbedürfnis an Schlaf.« Sie schnaubte. »Für ein ehemaliges Mitglied der Marines bist du ziemlich faul.« »Schatz, wenn gerade einmal nichts zu tun ist... kannst du die Leerlaufzeit nicht irgendwie sinnvoll nutzen?« »Tu ich doch«, antwortete sie und hielt ihr Exemplar der Lancet in die Höhe. »Und was liest du gerade?« »Du würdest nichts davon verstehen«, entgegnete sie. Womit sie Recht hatte. Aus seinem Biologieunterricht in der Schule hatte Ryan nur noch den verstümmelten Frosch und seine letzten Reflexe in Erinnerung. Cathy war als Schülerin bestimmt mit demselben makaberen Experiment konfrontiert worden, hatte aber wahrscheinlich den Frosch wieder zusammengesetzt und auf das Seerosenblatt zurückhüpfen lassen. Sie konnte auch Karten mischen wie ein Zocker aus Las Vegas, worüber ihr Mann aus dem Staunen nicht herauskam. Nur mit einer Pistole vermochte sie überhaupt nicht umzugehen. Das traf wahrscheinlich auf die meisten Arzte zu, vor allem hier auf der Insel, wo Waffen geradezu als unreine Gegenstände betrachtet wurden und nur von Spezialkräften der Polizei getragen werden durften. Ein sonderbares Land. »Wie komme ich zum Krankenhaus?«, fragte Cathy, als der Zug auf die Endstation zurollte und langsamer wurde. »Heute am ersten Tag solltest du ein Taxi nehmen. Du kommst aber auch mit der U-Bahn hin«, sagte Jack. »Es dauert allerdings seine Zeit, bis man sich in einer fremden Stadt zurechtgefunden hat.« »Wie sieht’s da wohl aus?« So fragte jemand, der in New York aufgewachsen war und bisher im Zentrum von Baltimore gearbeitet hatte, wo man gut daran tat, die Augen offen zu halten. »Sehr viel besser als rund ums Hopkins. Du wirst hier in der Notaufnahme wahrscheinlich viel seltener mit Schussverletzungen zu tun haben. Die Leute, die hier wohnen, sind ausgesprochen freundlich. Wenn sie hören, dass du Amerikanerin ist, hast du bei ihnen schon einen Stein im Brett.« »Stimmt, gestern, die vom Lebensmittelladen waren auch sehr freundlich«, sagte Cathy. »Aber, stell dir vor, sie hatten keinen Grapefruitsaft.« 135

»Gütiger Himmel, auf welchem Eiland sind wir bloß gestrandet?«, rief Jack. »Sei’s drum, dann muss Sally eben Bier trinken.« »Du Spinner!«, lachte sie. »Aber Sally besteht auf ihrem Grapefruitsaft. Gut, mit Kirschsaft würde sie sich vielleicht auch noch zufrieden geben. Aber hier gibt’s nur schwarze Johannisbeere.« »Ja, und dann wird sie hier auch noch ganz seltsam zu buchstabieren anfangen.« Jack machte sich weniger Sorgen um seine kleine Sally. Kinder waren überaus anpassungsfähig. Wer weiß, vielleicht schaffte sie es am Ende sogar, die Regeln für Cricket zu lernen. Dann konnte sie ihrem Daddy dieses für ihn so unbegreifliche Spiel erklären. »Himmel, hier scheint wirklich jeder zu rauchen«, bemerkte Cathy, als der Zug in den Bahnhof rollte. »Sieh’s einfach als Maßnahme zur Jobsicherung für Ärzte an.« »Eine Dummheit ist das...« »Ja, Schatz.« Cathy machte immer ein Riesenaufsehen, wenn sich Jack tatsächlich einmal erlaubte, eine Zigarette anzustecken. Auch ein Preis, den man zahlen musste, wenn man mit einer Ärztin verheiratet war. Aber sie hatte ja Recht, und das wusste Jack, doch war er der Meinung, dass einem wenigstens ein einziges Laster gestattet sein sollte. Cathy schien allerdings ganz ohne Laster auszukommen, es sei denn, sie hatte eines, das sie aber perfekt zu verstecken verstand. Der Zug hielt an. Jack stand auf und öffnete die Abteiltür. Die beiden stiegen aus und tauchten in die Menge derer ein, die dem Ausgang entgegenströmten. Geradeso wie im Grand Central Terminal in New York, dachte Jack. Nur nicht ganz so überfüllt. London hatte etliche Bahnhöfe, die über die ganze Stadt verteilt waren. Dieser Bahnsteig hier war angenehm breit, und die Menschenmenge durchweg rücksichtsvoller als in New York. Selbst während der Rushhour herrschte in der englischen Hauptstadt eine vornehme Art, die man einfach mögen musste. Ryan führte seine Frau nach draußen, wo Taxis in langer Reihe auf Fahrgäste warteten. Er steuerte auf den an erster Stelle parkenden Wagen zu. »Hammersmith Hospital«, sagte er zu dem Fahrer und gab dann seiner Frau einen Abschiedskuss. »Bis heute Abend.« Sie hatte immer ein Lächeln für ihn. »Alles Gute, Liebling.« 136

»Wart’s ab, nächste Woche erwischt es dich auch mit dem Nachholbedürfnis<br />

an Schlaf.«<br />

Sie schnaubte. »Für ein ehemaliges Mitglied der Marines bist du<br />

ziemlich faul.«<br />

»Schatz, wenn gerade einmal nichts zu tun ist... kannst du die<br />

Leerlaufzeit nicht irgendwie sinnvoll nutzen?«<br />

»Tu ich doch«, antwortete sie und hielt ihr Exemplar der Lancet<br />

in die Höhe.<br />

»Und was liest du gerade?«<br />

»Du würdest nichts davon verstehen«, entgegnete sie. Womit sie<br />

Recht hatte. Aus seinem Biologieunterricht in der Schule hatte<br />

<strong>Ryan</strong> nur noch den verstümmelten Frosch und seine letzten Reflexe<br />

in Erinnerung. Cathy war als Schülerin bestimmt mit demselben<br />

makaberen Experiment konfrontiert worden, hatte aber wahrscheinlich<br />

den Frosch wieder zusammengesetzt und auf das Seerosenblatt<br />

zurückhüpfen lassen. Sie konnte auch Karten mischen wie<br />

ein Zocker aus Las Vegas, worüber ihr Mann aus dem Staunen nicht<br />

herauskam. Nur mit einer Pistole vermochte sie überhaupt nicht<br />

umzugehen. Das traf wahrscheinlich auf die meisten Arzte zu, vor<br />

allem hier auf der Insel, wo Waffen geradezu als unreine Gegenstände<br />

betrachtet wurden und nur von Spezialkräften der Polizei<br />

getragen werden durften. Ein sonderbares Land.<br />

»Wie komme ich zum Krankenhaus?«, fragte Cathy, als der Zug<br />

auf die Endstation zurollte und langsamer wurde.<br />

»Heute am ersten Tag solltest du ein Taxi nehmen. Du kommst<br />

aber auch mit der U-Bahn hin«, sagte <strong>Jack</strong>. »Es dauert allerdings<br />

seine Zeit, bis man sich in einer fremden Stadt zurechtgefunden hat.«<br />

»Wie sieht’s da wohl aus?« So fragte jemand, der in New York<br />

aufgewachsen war und bisher im Zentrum von Baltimore gearbeitet<br />

hatte, wo man gut daran tat, die Augen offen zu halten.<br />

»Sehr viel besser als rund ums Hopkins. Du wirst hier in der<br />

Notaufnahme wahrscheinlich viel seltener mit Schussverletzungen<br />

zu tun haben. Die Leute, die hier wohnen, sind ausgesprochen<br />

freundlich. Wenn sie hören, dass du Amerikanerin ist, hast du bei<br />

ihnen schon einen Stein im Brett.«<br />

»Stimmt, gestern, die vom Lebensmittelladen waren auch sehr<br />

freundlich«, sagte Cathy. »Aber, stell dir vor, sie hatten keinen<br />

Grapefruitsaft.«<br />

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