Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf

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schulte.josefine23
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sich die fragliche Nummer des Schlüsselblocks, was eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre, denn er kannte sämtliche Nummern auswendig, eine Fähigkeit, die er seinem Schachtraining zuschrieb. Er durchquerte den großen Saal. »Block Nummer eins-einsfünf-acht-neun-null«, informierte er den Kollegen hinter dem Metallschirm und reichte ihm den Zettel mit der notierten Zahl. Der Kollege, ein Mann von 57 Jahren, die er größtenteils hier an diesem Arbeitsplatz zugebracht hatte, machte ein paar Schritte, um das Chiffrenbuch zu holen. Dabei handelte es sich um ein Ringbuch im Quartformat mit rund 500 Blättern gelochten Papiers. Die Seite, auf die es ankam, war mit einem Plastikreiter markiert. Auf den ersten Blick sahen die Seiten aus wie die eines Telefonbuchs, aber wer genauer hinschaute, konnte feststellen, dass die darauf eingetragenen Buchstaben nur in Ausnahmefällen zu lesbaren Namen zusammengesetzt waren, auf der ganzen Seite höchstens zwei- oder dreimal. An der äußeren Ringstraße jenseits der Moskauer Innenstadt lag das Hauptquartier von Zaitzews Arbeitsplatz, das Achte Hauptdirektorat des KGB, das für Kommunikation und Chiffrierung zuständig war. Aus dem Dach dieses Gebäudes ragte eine hoch empfindliche Antenne, die mit einem Fernschreiber verbunden war. Ein zwischen Antenne und Fernschreiber angeschlossenes Empfangsgerät lauschte im Äther auf zufällige atmosphärische Störungen, die der Fernschreiber als »sinnvolle Zeichen« deutete und in Morseschrift ausdruckte. Genau genommen waren mehrere solcher Apparate miteinander verbunden, und zwar so, dass die ohnehin schon zufälligen atmosphärischen Störungen noch weiter verhackstückt wurden zu einem durch und durch willkürlichen Buchstabensalat. Aus einem solchen Buchstabensalat wurden die Schlüsselbuchstaben für die so genannten Einmal-Blocks abgeleitet, die, weil auf diese Weise absolut zufällig zustande gekommen, von keiner mathematischen Formel gelesen, geschweige denn gedeutet werden konnten. Diese Methode der Verschlüsselung galt allgemein als die sicherste überhaupt und stellte sogar die amerikanischen Weltmeister in Sachen Kryptoanalyse vor ihre Grenzen, die es in den späten vierziger und fünfziger Jahren im Rahmen ihres so genannten Venona-Projekts tatsächlich geschafft hatten, sowjetische Codes zu knacken – sehr zum Leidwesen von Zaitzews Arbeitgeber. 121

Aber diese sicherste aller Methoden war andererseits äußerst mühselig in der Anwendung, selbst für Experten wie Major Zaitzew. Doch es führte kein Weg daran vorbei. Denn Andropow wollte wissen, wie man möglichst nahe an den Papst herankommen konnte. Natürlich fragte sich Zaitzew, warum jemand so etwas wissen wollte. Doch dass Juri Wladimirowitsch bereitwillig Auskunft geben würde, war nicht zu erwarten. Was ließ man ihn, Zaitzew, da übermitteln? Goderenko, der Mann in Rom, war ein sehr erfahrener Geheimdienstoffizier, von dessen Agentur aus viele Italiener, aber auch Personen anderer Nationalitäten Spitzeldienste für den KGB leisteten. Er lieferte alle möglichen, mehr oder weniger wichtigen Informationen, manche auch, die sehr amüsant waren und zugleich nützlich, wenn es zum Beispiel darum gehen sollte, irgendeine hoch gestellte Persönlichkeit dadurch bloßzustellen, dass ihr peinliche Ausschweifungen nachgewiesen wurden. Zaitzew fragte sich, ob nur die Großen solche Schwächen hatten oder ob sie sich lediglich das leisten konnten, was, von allen erträumt, nur ganz wenigen vergönnt war. Wie auch immer, Rom war für solche Fallen allemal gut. Und das gehörte sich so für die Stadt der Cäsaren, dachte Zaitzew. Er dachte an die Geschichts- und Reisebücher, die er über Rom und Umgebung gelesen hatte. Doch es war Zeit, zurück an die Arbeit zu gehen. Er kramte seine Chiffrierscheibe aus der obersten Schreibtischschublade, ein Ding, das wie eine Wählscheibe am Telefon aussah. Man brachte den zu tauschenden Buchstaben in den Zenit der Hintergrundscheibe und drehte dann die frei rotierende Scheibe davor bis zu demjenigen Buchstaben, der auf der Seite des Einmal- Blocks angegeben war. Im vorliegenden Fall war der Anfang der zwölften Zeile auf Seite 284 Ausgangspunkt für die verlangte Tauschprozedur. Dieser Bezug würde in der Kopfzeile der Übertragung markiert sein, damit der Empfänger aus dem zu übertragenden Buchstabensalat tatsächlich schlau werden konnte. Es war trotz Chiffrierscheibe immer noch mühselig genug. Zaitzew musste jeden Buchstaben des Klartextes in Anschlag bringen, dann den auf der vorliegenden Seite des Schlüsselblocks angegebenen Schlüsselbuchstaben anwählen und das jeweilige Resultat aufschreiben. Jeder einzelne Schritt dieses Vorgangs bedeutete: Bleistift 122

Aber diese sicherste aller Methoden war andererseits äußerst<br />

mühselig in der Anwendung, selbst für Experten wie Major Zaitzew.<br />

Doch es führte kein Weg daran vorbei. Denn Andropow<br />

wollte wissen, wie man möglichst nahe an den Papst herankommen<br />

konnte.<br />

Natürlich fragte sich Zaitzew, warum jemand so etwas wissen<br />

wollte. Doch dass Juri Wladimirowitsch bereitwillig Auskunft<br />

geben würde, war nicht zu erwarten.<br />

Was ließ man ihn, Zaitzew, da übermitteln?<br />

Goderenko, der Mann in Rom, war ein sehr erfahrener Geheimdienstoffizier,<br />

von dessen Agentur aus viele Italiener, aber auch<br />

Personen anderer Nationalitäten Spitzeldienste für den KGB leisteten.<br />

Er lieferte alle möglichen, mehr oder weniger wichtigen Informationen,<br />

manche auch, die sehr amüsant waren und zugleich nützlich,<br />

wenn es zum Beispiel darum gehen sollte, irgendeine hoch<br />

gestellte Persönlichkeit dadurch bloßzustellen, dass ihr peinliche<br />

Ausschweifungen nachgewiesen wurden. Zaitzew fragte sich, ob<br />

nur die Großen solche Schwächen hatten oder ob sie sich lediglich<br />

das leisten konnten, was, von allen erträumt, nur ganz wenigen vergönnt<br />

war. Wie auch immer, Rom war für solche Fallen allemal gut.<br />

Und das gehörte sich so für die Stadt der Cäsaren, dachte Zaitzew.<br />

Er dachte an die Geschichts- und Reisebücher, die er über Rom und<br />

Umgebung gelesen hatte. Doch es war Zeit, zurück an die Arbeit zu<br />

gehen. Er kramte seine Chiffrierscheibe aus der obersten Schreibtischschublade,<br />

ein Ding, das wie eine Wählscheibe am Telefon aussah.<br />

Man brachte den zu tauschenden Buchstaben in den Zenit der<br />

Hintergrundscheibe und drehte dann die frei rotierende Scheibe<br />

davor bis zu demjenigen Buchstaben, der auf der Seite des Einmal-<br />

Blocks angegeben war. Im vorliegenden Fall war der Anfang der<br />

zwölften Zeile auf Seite 284 Ausgangspunkt für die verlangte<br />

Tauschprozedur. Dieser Bezug würde in der Kopfzeile der Übertragung<br />

markiert sein, damit der Empfänger aus dem zu übertragenden<br />

Buchstabensalat tatsächlich schlau werden konnte.<br />

Es war trotz Chiffrierscheibe immer noch mühselig genug. Zaitzew<br />

musste jeden Buchstaben des Klartextes in Anschlag bringen,<br />

dann den auf der vorliegenden Seite des Schlüsselblocks angegebenen<br />

Schlüsselbuchstaben anwählen und das jeweilige Resultat aufschreiben.<br />

Jeder einzelne Schritt dieses Vorgangs bedeutete: Bleistift<br />

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