Clancy, Tom - Jack Ryan 12 - Red Rabbit.pdf

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schulte.josefine23
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»Wie lange werden Sie brauchen, Aleksei, was meinen Sie?« »Wahrscheinlich mehrere Tage. Für eine erste Einschätzung, versteht sich. Ich nehme an, danach wären dann auch spezifischere Daten fällig. Sehe ich das richtig?« »Korrekt. Aber für den Anfang reicht eine allgemeine Einschätzung«, sagte Juri Wladimirowitsch. »Vorläufig ist noch nichts Konkretes geplant.« »Zu Befehl, Genosse Vorsitzender. Ich werde sofort in die Nachrichtenabteilung hinuntergehen.« »Ausgezeichnet. Danke, Aleksei.« »Ich diene der Sowjetunion«, antwortete er automatisch. Oberst Roschdestwenski nahm wieder Haltung an und machte dann kehrt in Richtung Ausgang. Wie die meisten anderen auch musste er sich ducken, um durch die Geheimtür, die längst keine mehr war, in das Vorzimmer zu gelangen. Von dort bog er nach rechts in den Korridor ein. Wie kommt man an den Papst heran? An diesen polnischen Priester? Eine theoretisch interessante Frage. Der KGB war voller Theoretiker und Akademiker, die sich über alles Mögliche Gedanken machten, angefangen von fiktiven Komplotten gegen ausländische Regierungschefs – die ja im Falle eines Krieges eine realistische Option wären – bis hin zu Überlegungen, wie sich Unterlagen über Patienten aus Krankenhäusern am geschicktesten stehlen und verwerten ließen. Das Spektrum solcher Gedankengänge war breit gestreut und kannte keine Grenzen. Dem Gesicht des Obersts war nicht viel abzulesen. Er trat vor den Fahrstuhl, drückte den Rufknopf und wartete, bis sich die Tür öffnete, was vierzig Sekunden später der Fall war. »Tiefparterre.« Sämtliche Fahrstühle – neuralgische Orte, die nicht unbeaufsichtigt bleiben durften – waren mit geschultem Wachpersonal besetzt, die ihren Fahrgästen auf die Finger schauten. Ein jeder, der in diesem Gebäude verkehrte, stand unter Generalverdacht. Schließlich beherbergte es ungemein viele Geheimnisse. In dieses Haus Undercover-Agenten einzuschleusen war natürlich eines der obersten Ziele aller feindlichen Geheimdienste. Entsprechend argwöhnisch war man hier auf der Hut, und jedem noch so läppischen Gespräch wurde unterstellt, dass es versteckte Informationen enthielt. Zwar gab es auch hier Freundschaft und 117

Geselligkeit, man plauderte über familiäre Dinge, über Sport und Wetter, über den Plan eines Autokaufs oder den Erwerb einer Datscha auf dem Land, doch über die Arbeit sprach man, außer vielleicht mit den engsten Kollegen, nur in Sitzungsräumen, wo solche Themen der Vorschrift nach hingehörten. Doch es kam Roschdestwenski nie in den Sinn, dass gerade diese Restriktionen die Leistungsfähigkeit seiner Behörde in erheblichem Maß beeinträchtigten. Er musste eine Sicherheitskontrolle passieren, um in die Nachrichtenzentrale zu gelangen. Der dort postierte Unteroffizier warf einen Blick auf seinen Ausweis und winkte ihn durch, ohne eine Miene zu verziehen. Roschdestwenski war natürlich schon oft genug hier unten gewesen und allen Mitarbeitern namentlich bekannt, so wie er auch sie kannte. Die Schreibtische waren so gestellt, dass viel Platz dazwischen blieb. Das monotone Hintergrundgeräusch der Fernschreiber überlagerte jeden in normaler Zimmerlautstärke geführten Wortwechsel, der somit schon aus einem Abstand von drei bis vier Metern nicht mehr zu belauschen war, auch wenn man die Ohren noch so sehr aufsperrte. Dieses wie jedes andere Detail in der Einrichtung des Raumes hatte sich über viele Jahre entwickelt und bewährt, sodass die Sicherheitsvorkehrungen inzwischen nahezu perfekt waren. Trotzdem streiften die Kontrolleure aus der dritten Etage nach wie vor mit gerunzelter Stirn und zusammengekniffenen Brauen umher, um nach dem Rechten zu sehen. Roschdestwenski trat vor den Schreibtisch des wachhabenden Offiziers. »Oleg Iwanowitsch«, sagte er zum Gruß. Zaitzew blickte auf und sah den nun schon fünften Besucher an diesem noch jungen Tag vor sich. Die fünfte Störung. Es kam tatsächlich oft einer Strafe gleich, auf diesem Posten Dienst zu tun, vor allem vormittags. Die Nachtschicht war zwar langweilig, aber immerhin konnte man ungestört sein Pensum abarbeiten. »Ja, Genosse Oberst, was kann ich diesmal für Sie tun?«, fragte er jedoch in freundlichem Tonfall, wie es sich einem höherrangigen Offizier gegenüber gehörte. »Eine Sondermeldung an unsere Station in Rom. Zu Händen des Agenten. Persönlich. Per Einzelverschlüsselung. Und ich möchte, dass Sie die Sache selbst in die Hand nehmen.« Mit anderen Worten: 118

Geselligkeit, man plauderte über familiäre Dinge, über Sport<br />

und Wetter, über den Plan eines Autokaufs oder den Erwerb einer<br />

Datscha auf dem Land, doch über die Arbeit sprach man, außer<br />

vielleicht mit den engsten Kollegen, nur in Sitzungsräumen, wo<br />

solche Themen der Vorschrift nach hingehörten. Doch es kam<br />

Roschdestwenski nie in den Sinn, dass gerade diese Restriktionen<br />

die Leistungsfähigkeit seiner Behörde in erheblichem Maß beeinträchtigten.<br />

Er musste eine Sicherheitskontrolle passieren, um in die Nachrichtenzentrale<br />

zu gelangen. Der dort postierte Unteroffizier warf<br />

einen Blick auf seinen Ausweis und winkte ihn durch, ohne eine<br />

Miene zu verziehen.<br />

Roschdestwenski war natürlich schon oft genug hier unten gewesen<br />

und allen Mitarbeitern namentlich bekannt, so wie er auch sie<br />

kannte. Die Schreibtische waren so gestellt, dass viel Platz dazwischen<br />

blieb. Das monotone Hintergrundgeräusch der Fernschreiber<br />

überlagerte jeden in normaler Zimmerlautstärke geführten<br />

Wortwechsel, der somit schon aus einem Abstand von drei bis vier<br />

Metern nicht mehr zu belauschen war, auch wenn man die Ohren<br />

noch so sehr aufsperrte. Dieses wie jedes andere Detail in der Einrichtung<br />

des Raumes hatte sich über viele Jahre entwickelt und<br />

bewährt, sodass die Sicherheitsvorkehrungen inzwischen nahezu<br />

perfekt waren. Trotzdem streiften die Kontrolleure aus der dritten<br />

Etage nach wie vor mit gerunzelter Stirn und zusammengekniffenen<br />

Brauen umher, um nach dem Rechten zu sehen. Roschdestwenski<br />

trat vor den Schreibtisch des wachhabenden Offiziers.<br />

»Oleg Iwanowitsch«, sagte er zum Gruß.<br />

Zaitzew blickte auf und sah den nun schon fünften Besucher an<br />

diesem noch jungen Tag vor sich. Die fünfte Störung. Es kam<br />

tatsächlich oft einer Strafe gleich, auf diesem Posten Dienst zu tun,<br />

vor allem vormittags. Die Nachtschicht war zwar langweilig, aber<br />

immerhin konnte man ungestört sein Pensum abarbeiten.<br />

»Ja, Genosse Oberst, was kann ich diesmal für Sie tun?«, fragte er<br />

jedoch in freundlichem Tonfall, wie es sich einem höherrangigen<br />

Offizier gegenüber gehörte.<br />

»Eine Sondermeldung an unsere Station in Rom. Zu Händen des<br />

Agenten. Persönlich. Per Einzelverschlüsselung. Und ich möchte,<br />

dass Sie die Sache selbst in die Hand nehmen.« Mit anderen Worten:<br />

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