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Schütte, A., Schweizer-Ries, P., Lackemann, B. - Forschungsgruppe ...

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Akzeptanz von Biokraftstoffen – Kurzdarstellung<br />

zum Arbeitspaket 1<br />

Akteursperspektiven zur Akzeptanz von Biokraftstoffen.<br />

Recherche zu nachhaltig produzierten Biokraftstoffen und<br />

Wissensstand zur regionalen Wertschöpfung.<br />

Jörg Kretzschmar<br />

Ruth Offermann<br />

Thilo Seidenberger<br />

Dr. Daniela Thrän<br />

Anna Katharina <strong>Schütte</strong><br />

Bruno <strong>Lackemann</strong><br />

Prof. Dr. Petra <strong>Schweizer</strong>-<strong>Ries</strong> als Juniorprofessorin<br />

September 2010


Zuwendungsgeber Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit<br />

Referat KI III 2 - Solarenergie, Biomasse, Geothermie, Markteinführungsprogramme<br />

für Erneuerbare Energien<br />

Ansprechpartner DBFZ:<br />

Projektträger Jülich – Forschungszentrum Jülich GmbH<br />

Heike Neumann<br />

Zimmerstraße 26-27<br />

10969 Berlin<br />

Deutsches BiomasseForschungsZentrum<br />

gemeinnützige GmbH<br />

Torgauer Straße 116<br />

04347 Leipzig<br />

Tel.: +49-341-2434-112<br />

Fax: +49-341-2434-133<br />

E-Mail: info@dbfz.de<br />

Internet: www.dbfz.de<br />

Dr.-Ing. Daniela Thrän<br />

Tel.: +49-341-2434-435<br />

E-Mail: Daniela.thraen@dbfz.de<br />

Dipl.-Ing. Jörg Kretzschmar<br />

Tel.: +49-341-2434-419<br />

E-Mail: joerg.kretzschmar@dbfz.de


Ansprechpartner FG -<br />

UPSY:<br />

<strong>Forschungsgruppe</strong> Umweltpsychologie<br />

an der Universität des Saarlandes<br />

Stiftungsprofessur für Nachhaltigkeitswissenschaft<br />

Campus A5 4<br />

66123 Saarbrücken<br />

Tel.: +49-681-302-3180<br />

Fax: +49-681-302-58341<br />

E-Mail: upsy@fg-upsy.com<br />

Internet: www.fg-umwelt.de<br />

Prof. Dr. Petra <strong>Schweizer</strong>-<strong>Ries</strong><br />

als Juniorprofessorin für Umweltpsychologie und Vertreterin der Stiftungsprofessur<br />

für Nachhaltige Entwicklung<br />

Tel.: +49-681-302-3180<br />

E-Mail: petra.schweizer-ries@fg-upsy.com<br />

Dipl.-Psych. Anna Katharina <strong>Schütte</strong><br />

Tel.: +49-681-302-3180<br />

E-Mail: anna.schuette@fg-upsy.com<br />

3


DBFZ<br />

Inhalt<br />

Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................................................. 3<br />

1 Akzeptanz von Biokraftstoffen .................................................................................................... 4<br />

1.1 Literaturrecherche ........................................................................................................................... 4<br />

1.2 Medienanalyse ................................................................................................................................. 5<br />

1.3 Experteninterviews .......................................................................................................................... 5<br />

1.4 Schlussfolgerungen für die Gestaltung von AkteurInnen-Workshops ............................................ 7<br />

2 Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen und regionale Wertschöpfung .......................................... 9<br />

2.1 Recherche zu nachhaltig produzierten Biokraftstoffen ................................................................... 9<br />

2.2 Grundlagen der regionalen Wertschöpfung .................................................................................. 12<br />

A.1 Weiterführende methodologische Überlegungen zum Workshopkonzept ............................ 15<br />

A.2 Exemplarischer Projektsteckbrief ............................................................................................. 17<br />

Literaturverzeichnis ................................................................................................................................. 19<br />

II


DBFZ<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

Abkürzung Erklärung<br />

ILO International Labour Organization<br />

FAO Food and Agriculture Organization<br />

LUC Land use change<br />

THG Treibhausgas<br />

3


DBFZ<br />

1 Akzeptanz von Biokraftstoffen<br />

1.1 Literaturrecherche<br />

Bei weitgehenden Recherchearbeiten hinsichtlich wissenschaftlich fundierter Literatur zum Themenbereich<br />

der Akzeptanz von Biokraftstoffen fiel zunächst die spärliche wissenschaftliche Bearbeitung des<br />

Themas auf. Es wurden insgesamt 39 Quellen ausfindig gemacht, in denen Akzeptanz von Biokraftstoffen<br />

eine Rolle spielt – inbegriffen sind hier Stellungnahmen einiger AkteurInnen des Biokraftstoffbereichs.<br />

In 21 Studien wird ganz explizit auf das Konstrukt der Akzeptanz eingegangen, in den weiteren<br />

Quellen werden zumindest Rahmenbedingungen beschrieben, die laut dem umweltpsychologischen<br />

Modell menschlichen Handelns für die Akzeptanz als relevant erachtet werden können. Viele Studien<br />

stammen aus dem technischen, energiewirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Bereich, einige der<br />

Studien konzentrieren sich auf den Spezialfall des Einsatzes genentisch veränderter Rohstoffe zur Produktion<br />

von Biokraftstoffen. Die Bezugnahme auf die Akzeptanz für Biokraftstoffe in der Bevölkerung<br />

kommt zu ambivalenten Ergebnissen. Während einige Stellungnahmen auf Skepsis und Widerstand bei<br />

potenziellen Nutzenden hinweisen, stellen einige fest, die Zeit der Skepsis sei durch eine Befürwortung<br />

besonders der Kraftstoffe der zweiten Generation abgelöst worden. Nur drei der Studien nehmen explizit<br />

Bezug auf Messungen der Akzeptanz anhand der Befragung von (potenziellen) Nutzenden. Sie<br />

kommen dabei zu dem Ergebnis, dass die Akzeptanzlage für Biokraftstoffe recht hoch einzuordnen ist:<br />

Ein Ergebnis verweist auf 50% der Befragten die angeben, Biokraftstoffe seien mit ausreichender Nahrungsmittelversorgung<br />

zu vereinbaren, eine weitere Studie zeigte eine Zustimmung von 68% der Befragten<br />

für Steuervergünstigungen für Biokraftstoffe und eine Kaufbereitschaft von 68% bei gleichem Preis<br />

wie fossile Kraftstoffe. Eine weitere Befragung ermittelte als einziges Entscheidungskriterium zwischen<br />

fossilen und alternativen Kraftstoffen den Kaufpreis und die Umrüstkriterien.<br />

Alle weiteren Studien thematisieren die gegebenen gesetzlichen und administrativen sowie logistischen<br />

Rahmenbedingungen und die Akteurskonstellationen, die Akzeptanz ist jedoch selten Schwerpunkt.<br />

Die politischen Rahmenbedingungen werden häufig kritisch betrachtet, vor allem die Subventionierungsweisen<br />

seien unstetig und bewirkten eine Strukturveränderung am Markt mit nicht zwingend positiven<br />

Auswirkungen. Energie als „neuer Konkurrent auf dem Flächenmarkt“ steht ebenso unter Beschuss<br />

wie – formuliert durch die Biokraftstofflobby – die Unflexibilität des Steuergesetzes ohne Anpassungsmöglichkeit<br />

an die Mineralölpreise. Auch in wissenschaftlichen Studien wird auf die Gefahr durch<br />

Strukturveränderungen am Lebensmittelmarkt (Beispiel der „Tortillakrise“) hingewiesen, ebenso wie<br />

Veränderungen am Arbeitsmarkt und Gefährdungen der Biodiversität thematisiert werden. Die CO2-<br />

Bilanz von Biokraftstoffen (ohne den Einbezug von Zellulosebestandteilen) wird in vielen Fällen als<br />

zweifelhaft bezeichnet, glaubhafte life-cycle-Bilanzen stünden noch aus.<br />

Die mangelnde konkrete Thematisierung von Akzeptanz steht im Widerspruch zur Wichtigkeit dieser als<br />

möglicher Barriere bei der Einführung von Biokraftstoffen, wie sie in fünf der Studien betont wird.<br />

Diese Wichtigkeit ist besonders bemerkenswert vor dem Hintergund eingeschränkter Wahlmöglichkeiten<br />

deutscher Kraftstoffnutzer aufgrund der gesetzlichen Quotenregelung.<br />

4


DBFZ<br />

1.2 Medienanalyse<br />

Die Medienanalyse führte zu einem Rechercheergebnis von 277 Artikeln aus großen Tages- ,Wochen-<br />

und Monatszeitungen wie etwa der Süddeutschen Zeitung, dem Spiegel oder der Welt. Es erfolgte eine<br />

weitere Begrenzung der Artikelzahl für die weitere Analyse auf 135, in welchen Biokraftstoffe das<br />

zentrale Thema darstellten.<br />

75,5% dieser recherchierten Artikel sind einer skeptischen Berichterstattung gegenüber Biokraftstoffen<br />

allgemein oder aufgrund spezifischer Probleme dieses Kraftstoffes zuzordnen. Die mit Abstand am<br />

häufigsten verwendeten Argumentationsgrundlagen bei allgemein skeptischer Meinung waren hierbei die<br />

Preissteigerung von Grundnahrungsmitteln durch Biokraftstoffe (und damit verbunden die Hungerproblematik<br />

in Ländern mit geringem Grundeinkommen) ebenso wie die Inanspruchnahme ökologisch wertvoller<br />

Flächen für die Rohstoffproduktion und die Gefährung der Artenvielfalt. Weitere Argumente<br />

betreffen die angezweifelte Klimaverträglichkeit der alternativen Kraftstoffe oder aber die soziale Verträglichkeit<br />

(wie etwa Arbeitsbedingungen in Zuliefererländern). Konzentrierte sich der Artikel detailliert<br />

auf ein spezifisches Problem, handelte es sich dabei mehrheitlich um Probleme wie die als schlecht<br />

beurteilten Öko- und Klimabilanzen des Kraftstoffes, die Preissteigerung von Grundnahrungsmitteln<br />

oder aber die zu hohen Kosten für die Herstellung von Biokraftstoffen. Weniger häufig wird auch hier<br />

mit dem ethischen Dilemma argumentiert, Lebensmittel zu verbrennen. In 11% der Artikel wird deutliche<br />

Skepsis gegenüber Kraftstoffen der ersten Generation geäußert, die zweite Generation jedoch mit<br />

Hoffung erwartet. Kraftstoffe der ersten Generation seien oftmals unergiebig, so das Hauptargument.<br />

Zudem würden, so auch hier die Argumentation, häufig ökologisch wertvolle Flächen angegriffen und<br />

eine Steigerung von Lebensmittelpreisen erzeugt. Die zweite Kraftstoffgeneration sei in vielerlei Hinsicht<br />

vielversprechender, vor allem, da die direkte Konkurrenz zu Lebensmitteln entfalle. Höhere Flächenerträge<br />

und höhere Motorenverträglichkeit sind weitere Argumente, die von Befürwortern der<br />

zweiten Generation von Kraftstoffen angeführt werden. Lediglich 13,5% der Artikel sind eindeutig der<br />

positiven Berichterstattung zuzuordnen. Die meist aufzufindenden Berichtstränge, die eine positive<br />

Konnotation beinhalten, deuten in Richtung der Chancen von Biokraftstoffen der zweiten Generation<br />

(ohne Biokraftstoffe der ersten Generation grundsätzlich abzulehnen). Ebenso wird auf Potenziale von<br />

Biokraftstoffen für die Förderung und Eigenständigkeit von Entwicklungsländern gebaut.<br />

1.3 Experteninterviews<br />

Es wurden bisher 14 Interviews mit folgenden ExpertInnen aus dem Feld der Biokraftstoffe geführt:<br />

Corinna Hölzel (Sprecherin des Bereiches „energy“, Greenpeace) – Nicole Piepenbrink (Fachreferentin<br />

für Biokraftstoffe, misereor) – Dieter Bockey (Referent, ufop) – Dietrich Klein (Geschäftsführer, BDBe)<br />

– Udo Hemmerling (Referent, DBV) – Hans-Josef Fell (Sprecher für Energie der Fraktion Bündnis<br />

90/Die Grünen, Autor des Entwurfs des EEG 2000) – Dr. Karin Retzlaff (Pressesprecherin, MWV) – Dr.<br />

Axel Kraft (Geschäftsfeldleiter biofuels, Fraunhofer UMSICHT) – Frank Brühning (Pressesprecher,<br />

VDB) – Martin Naundorf (Standortmarketing, InfraLeuna) – Dr. Andreas <strong>Schütte</strong> (Geschäftsführer,<br />

FNR) – Dr. Daniel Dettling (Politikberater und Zukunftsreferent, Zukunftsinstitut) – Sven Gärtner (Referent<br />

für Ökobilanzen und Stoffstromanalysen, erneuerbare Energien, nachwachsende Rohstoffe, ifeu) –<br />

Robert Krups (Beauftragter für Bioenergiefragen des WWF). Bei der Auswahl der Interviewpartner<br />

wurde vor allem die Vielfalt möglicher Meinungen und Branchen des Feldes „Biokraftstoffe“ beachtet,<br />

so dass Vertreter aus Wissenschaft, Politik, NGOs und Wirtschaft zu Wort kamen. Eine Überblicksbil-<br />

5


DBFZ<br />

dung und Reflexion der beteiligten Akteure geschah in enger Zusammenarbeit mit dem Projektpartner<br />

DBFZ.<br />

Die Interviews wurden transkribiert, anhand der qualitativen Inhaltsanalyse paraphrasiert (Mayring,<br />

2008) und entlang des umweltpsychologischen Rahmenmodells (<strong>Schweizer</strong>-<strong>Ries</strong>, 2008) ausgewertet.<br />

Neben dem Schwerpunkt der allgemeinen Akzeptanz von Biokraftstoffen und deren Modifikationsmöglichkeiten,<br />

stand die Wahrnehmung des Handlungsfeldes „Biokraftstoffe“ durch die befragten Akteure<br />

im Zentrum der Auswertung. Welche Akteure werden als zentral wahrgenommen? Welche Konfliktfelder<br />

aber auch Synergien werden aktuell und für die Zukunft festgestellt? Diese für die Gestaltung der<br />

Workshops in Arbeitspaket 2 relevanten Fragen sollen im Folgenden kurz umrissen werden. Auf eine<br />

umfassende Darstellung der Ergebnisse muss aufgrund des Umfanges an dieser Stelle verzichtet werden.<br />

Eine Fachpublikation zu den Ergebnissen wird jedoch aktuell vorbereitet.<br />

Die Rahmenbedingungen und involvierten Akteure (politisch, adminstrativ, logistisch, medial) werden<br />

von den AkteurInnen recht ähnlich benannt, ihre Einstufung hinsichtlich ihrer Gestaltungsmöglichkeiten<br />

variiert allerdings: Während Wirtschaftsverbände und wissenschaftliche Akteure die NGOs zwar nennen<br />

(teils nur auf Nachfrage) wird ihre Wichtigkeit als „kommentierend“ und „Sprachrohr der Gesellschaft“<br />

beschrieben. Die NGOs selbst schreiben sich eine größere Wirksamkeit zu und berichten von erzielten<br />

Erfolgen. Wichtigster Akteur ist in Übereinstimmung aller Beschreibungen die Wirtschaft (wobei hier<br />

neben der Biokraftstoffindustrie auch Chemie- und Nahrungsmittelindustrie erwähnt werden und die<br />

Verbandsstrukturen mitzudenken sind), ebenso wie die politischen Akteure (Bundes- ebenso wie Landesebene),<br />

dicht gefolgt von der Landwirtschaft (landwirtschaftliche Verbände). Die politischen Rahmenbedingungen<br />

werden recht einheitlich als „suboptimal“ beschrieben, besonders negativ werden unter<br />

anderem die „Sprunghaftigkeit“ und Planungsunsicherheit erwähnt, die der zunächst politisch stark<br />

unterstützten Biokraftstoffindustrie und dem damit verbundenen wirtschaftlichen und arbeitsmarktgebundenen<br />

Wachstum schaden.<br />

Die Nachhaltigkeitsverordnung und ihre Umsetzung waren in besonderem Maße Thema vieler Interviews.<br />

Während einige wenige Akteure die Verordnung als Lösung von Konflikten zwischen Kritikern<br />

und Befürwortern der Biokraftstoffentwicklung sehen, sind vor allem NGOs in ihrem Enthusiasmus<br />

zurückhaltender, da ihnen zu viele Nachhaltigkeitsaspekte (indirekte Landnutzungskonkurrenzen und<br />

soziale Nachhaltigkeit, wie etwa die Sicherung der Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern mit<br />

Rohstoffabbau, adäquate Ausgleichszahlungen im Falle des Verlustes von Land) fehlen. Es besteht zwar<br />

recht große Einigkeit dahingehend, dass viele Probleme in vor allem sog. Entwicklungsländern nicht<br />

ursächlich auf Biokraftstoffproduktion zurückzuführen sind sondern auf eine Verteilungsproblematik.<br />

Eine Verschärfung dieser Konflikte wird aber vor allem durch NGOs klar mit Biokraftstoffen in Verbindung<br />

gebracht. Selbst Nicht-NGO-Vertreter sehen die Nachhaltigkeitsverordnung in vielen Fällen als<br />

„einen Schritt in die richtige Richtung, jedoch nicht das Ende“. Die Verordnung solle vor allem – dort<br />

besteht Einigkeit – sowohl im Lebensmittelbereich wie auch im Nicht-Lebensmittelbereich Anwendung<br />

finden und ihre sektorale Gültigkeit verlieren. Die Nachhaltigkeitsverordnung sei in diesem Sinne ein<br />

wichtiger Schritt zur Beilegung von Konflikten, wie sie an vielen Stellen beschrieben werden. Der<br />

Hauptkonflikt läge in dem Interessensdifferenz zwischen sozialen oder umweltschutzmotivierten Zielen<br />

(den Motivlagen von NGOs) und jenen wirtschaftlicher Akteure. Darüber hinaus werden u. a. Unstimmigkeiten<br />

zwischen der Landwirtschaft und Biokraftstoffskeptikern sowie zwischen der Mineralöl- und<br />

der Biokraftstoffindustrie beschrieben. Auch die Politik mit kurzfristig ausgerichteten Entscheidungs-<br />

6


DBFZ<br />

grundlagen wird als in Konflikt stehend zu langfristigen wirtschaftlichen Zielen wahrgenommen. Als<br />

Lösungsstrategie für die beschriebenen Konflikte sehen einige Befragte den Ausbau der dezentralen<br />

Versorgung. Ein wichtiger Schritt sei außerdem zukünftig, über die Erweiterung der Nachhaltigkeitsverordnung<br />

hinaus, ein Austausch, an dem alle Akteure partizipieren können.<br />

Was die Akzeptanz von Biokraftstoffen betrifft, so ist die Meinung unter den ExpertInnen, ihre eigene<br />

Position betreffend, sehr heterogen. Während sowohl umwelt- als auch entwicklungspolitische NGOs<br />

Biokraftstoffen nach wie vor sehr kritisch gegenüber stehen und die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

als Überförderung wahrnehmen (Alternativen seien eher eine grundsätzliche Veränderung des<br />

Mobilitätsverhaltens), so werden Biokraftstoffe von Vertretern der Biokraftstoffverbände weiterhin als<br />

zukunftweisend beschrieben. An vielen Stellen kristallisiert sich dennoch die Aussage „Es ist keine<br />

Frage des ‚ob’ sondern des ‚wie’“ heraus. Die Akzeptanz beim Konsumenten bzw. der Konsumentin<br />

wird ebenfalls sehr verschieden – sowohl hinsichtlich der Entwicklung über die Zeit als auch dem momentanen<br />

Ist-Zustand – beschrieben. Während die Verbände davon ausgehen, dass die Akzeptanz<br />

gleichbleibend hoch, wieder angestiegen oder ansteigend ist und es vor allem weiterführende Informationen<br />

bräuchte, um noch mehr VerbraucherInnen zu überzeugen, sind die NGOs davon überzeugt, dass<br />

gerade diese Mehrinformation dem Verbraucher bzw. der Verbraucherin hinsichtlich der Zweifelhaftigkeit<br />

von Biokraftstoffen die Augen öffnen wird. Der momentane Stand der Akzeptanz wird von den<br />

NGOs als „hoch, wenn die Verbrauchenden oberflächlich entscheiden“ bis „niedrig, wenn sie darüber<br />

nachdenken“ bezeichnet. Leider, so die Aussage der NGOs, seien die Verbrauchenden in ihren Konsumentscheidungen<br />

bei Kraftstoffen nicht so reflektiert wie beispielsweise beim Kauf von Lebensmitteln.<br />

Dies widerspricht der Meinung der Wirtschaftsverbandsvertreter, nach denen der Verbraucher durchaus<br />

an weiterführenden Informationen interessiert sei hinsichtlich der Vorteile von Biokraftstoffen und ihres<br />

Einsatzes. Verschiedene Interviewpartner sehen vor allem einen wichtigen Auftrag darin bei den Verbrauchenden<br />

ein höheres Bewusstsein für die Wichtigkeit nachhaltiger Biokraftstoffe zu erzeugen – sei<br />

es, um eine differenzierte Wahrnehmung zu erwirken oder aber den Konsum von Biokraftstoffen zu<br />

verringern.<br />

1.4 Schlussfolgerungen für die Gestaltung von AkteurInnen-Workshops<br />

Aus den Interviews geht hervor, dass nach wie vor große Konfliktpotenziale durch die involvierten<br />

Akteure wahrgenommen werden. Emotionalität prägt eine Debatte, die viele der Interviewten als stagnierend<br />

beschreiben. Äußerungen, die in den Interviews hinsichtlich anderer Akteure getätigt werden, sind<br />

meist von wenig Wertschätzung, sondern vielmehr von Desillusionierung und Zweifel an von Gegenparteien<br />

aufgebrachten Fakten begleitet. Bisher stattfindende Kommunikation wird zwar als relativ gelungen<br />

innerhalb bestimmter Sektoren (wie etwa Wirtschaftsverbände oder NGOs untereinander) beschrieben,<br />

zwischen den Akteursgruppen aber als wenig optimal. Häufig sei der Austausch von subjektiv vertretenen<br />

Fakten, die eine Suche nach „der objektiven Wahrheit“ erforderlich machten. Das Auffinden dieser<br />

Wahrheit kann nicht Ziel der geplanten Workshops sein, da dies die Existenz eines Experten voraussetzen<br />

würde, der die Glaubwürdigkeit aller Parteien genießt. Diese Existenz erscheint auf Basis der Interviewerfahrungen<br />

als unwahrscheinlich. Aufgrund der konstruktivistischen Arbeitsweise ist die generelle<br />

Existenz dieser einen Wahrheit im Forschungsverständnis der <strong>Forschungsgruppe</strong> Umweltpsychologie<br />

nicht präsent. Als wünschenswertes Ziel der Workshops kristallisiert sich stattdessen auf Basis dieser<br />

Resultate das Herstellen eines Kommunikationsmodells für die Zukunft heraus. Eine Annäherung an<br />

ein gegenseitiges Verständnis und Austausch über differierende Positionen wäre aus unserer Sicht<br />

bereits ein großer Gewinn für diese besondere Akteurskonstellation.<br />

7


DBFZ<br />

Des Weiteren werden die Workshops ein geeignetes Austauschforum für die Spezifizierung und Diskussion<br />

zukünftiger Indikatoren sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit bieten, die aus Sicht aller beteiligten<br />

Parteien reflektiert werden können.<br />

Methodologisch bieten sich verschiedene sozialwissenschaftlich abgesicherte Modelle an, die in Passung<br />

zum Themenfeld ausgewählt wurden. Ein vom sozialwissenschaftlichen Projektteam entwickeltes Konzept<br />

beinhaltet zum Einen Bausteine der Mediation, die als Verfahren ideal geeignet ist in konfliktären<br />

Konstellationen Win-Win-Situationen herzustellen und Kommunikationsprozesse zielgerichtet zu planen<br />

und zu steuern. Des Weiteren sind Interventionen des Systemischen Coachings und der Teamentwicklung<br />

sinnvolle Methoden, die eine Lösungsfokussierung und das Erschließen neuer Handlungsräume<br />

vereinfachen können. Im Anhang 1 findet sich eine detailliertere Darstellung der Passung dieser methodologischen<br />

Bausteine zum Workshopziel.<br />

Vor Beginn und nach Abschluss des Workshops sind Erhebungen geplant, anhand welcher die Zielerreichung<br />

durch den Workshop operationalisiert und gemessen werden können.<br />

8


DBFZ<br />

2 Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen und regionale Wertschöpfung<br />

Vor dem Hintergrund weltweit stattfindender Debatten bezüglich der ökologischen und sozialen Verträglichkeit<br />

der derzeitigen Biokraftstoffproduktion bzw. der anvisierten Ziele von Politik und Wirtschaft ist<br />

es das Ziel des Arbeitspaktes 1.2, ökologisch und sozial nachhaltig produzierte Biokraftstoffe durch eine<br />

repräsentative Auswahl an Beispielprojekten bzw. Beispieloptionen im internationalen Kontext darzustellen.<br />

Des Weiteren soll in enger Kooperation mit dem Projekt „Monitoring zur Wirkung nationaler<br />

und internationaler gesetzlicher Rahmenbedingungen auf die Marktentwicklung im Biokraftstoffsektor“<br />

versucht werden, das Wertschöpfungspotential, welches von verschiedenen etablierten und zukünftigen<br />

Biokraftstoffoptionen (Auswahl) ausgeht, im nationalen Kontext aufzuzeigen.<br />

2.1 Recherche zu nachhaltig produzierten Biokraftstoffen<br />

Grundlagen<br />

Im Rahmen der Projektbearbeitung wird zunächst auf die Flächenintensität von Biokraftstoffen der 1.und<br />

2. Generation, deren Auswirkung auf Landnutzung, Biodiversität sowie Nahrungsmittel- und Futterproduktion<br />

eingegangen. Des Weiteren werden Aspekte der sozialen Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen<br />

(Rechte und Sicherheiten von Arbeitnehmern und deren internationale Grundlagen) diskutiert.<br />

Vor Beginn der Recherche galt es festzulegen, nach welchen Nachhaltigkeitskriterien die Auswahl an<br />

Beispielprojekten erfolgen soll. Abweichend vom „Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit“, das aus den<br />

Elementen ökologische, soziale- und ökonomische Nachhaltigkeit besteht, wurde eine Reduktion der<br />

Elemente auf die ökologische und soziale Nachhaltigkeit vorgenommen. Gründe dafür lassen sich wie<br />

folgt darstellen:<br />

Die ökonomische Nachhaltigkeit unterliegt verschiedenen regionalen Aspekten die nicht ohne<br />

weiteres vergleichbar sind, wie z.B. Einkommenssituation und prozentuale Aufteilung der verfügbaren<br />

finanziellen Mittel zur persönlichen Grundversorgung, Einsatz von Mitteln aus Entwicklungshilfevorhaben,<br />

generelle Subventionierung bzw. Förderung von Biokraftstoffen.<br />

Es ist davon auszugehen, dass bereits umgesetzte Projekte einer ökonomischen Vorbetrachtung<br />

unterzogen wurden bzw. gefördert werden.<br />

Ökonomische Bewertungen zukünftiger Strategien unter heutigen Gesichtspunkten unterliegen<br />

großen Unsicherheiten.<br />

Entsprechend dieser Sachlage wurden für die Recherche soziale oder ökologische Kriterien berücksichtigt.<br />

Diese Kriterien werden in Zusammenarbeit mit dem Projektpartner der <strong>Forschungsgruppe</strong> Umweltpsychologie<br />

auf ihre Relevanz aufbauend auf den Ergebnissen des AP1 geprüft und verglichen. Die<br />

vergleichende Darstellung der verschiedenen Biokraftstoffoptionen bedarf aussagekräftiger und deskriptiver<br />

Indikatoren. Aus dieser Anforderung heraus wurden folgende Indikatoren der ökologischen Nachhaltigkeit<br />

ausgewählt:<br />

Rohstoff- / Reststoffeinsatz<br />

(direkte) Landnutzungsänderung (LUC)<br />

Acker- / Pflanzenbau<br />

Nutzungskonkurrenzen<br />

THG Einsparungspotenzial<br />

9


DBFZ<br />

Der Indikator Rohstoff-/ Reststoffeinsatz ermöglicht eine erste Aussage bezüglich der Landinanspruchnahme<br />

durch die entsprechende Biokraftstoffoption. Er lässt sich als übergeordneter Parameter darstellen,<br />

da mit ihm erste Einordnungen bezüglich Nutzungskonkurrenzen, Landnutzungsänderung, Acker-<br />

und Pflanzenbau (eher geringfügig) und Treibhausgaseinsparungspotenzial vorgenommen werden können.<br />

Der Parameter Landnutzungsänderung ist besonders bei den marktdominanten Biokraftstoffen der 1.<br />

Generation von großer Bedeutung, vor allem wenn der entsprechende Rohstoff (z.B. Palmöl, Soja, Ethanol<br />

aus Zuckerrohr) aus Regionen stammen in welchen der Biomasseanbau unzureichend geregelt ist<br />

oder bestehende Regelungen nicht ausreichend kontrolliert werden, aber aufgrund von politischen und<br />

wirtschaftlichen Entscheidungen sowie günstigen klimatischen Gegebenheiten ein großes Interesse an<br />

der Biomassebereitstellung, u.a. für die Biokraftstoffherstellung, existiert. In solchen Regionen ist bereits<br />

in der Vergangenheit besonders schützenswertes Land bzw. Land mit einem hohen Kohlenstoffgehalt<br />

(z.B. Torfwälder in Indonesien /1/) in kohlenstoffarme Acker- bzw. Plantagenfläche /2/ umgewandelt<br />

worden. Auch Kraftstoffe der 2. Generation, vor allem cellulosebasierte Kraftstoffe, können direkte und<br />

indirekte Landnutzungseffekte verursachen, da auch hier – wenn gleich mit größerer Effizienz und nicht<br />

ausschließlich – auf Agrar- bzw. Forstprodukte, wie Miscanthus, Stroh und Wald(rest)holz, zurückgegriffen<br />

werden muss. Je nach mengenspezifischer Aufteilung zwischen erster und zweiter Biokraftstoffgeneration,<br />

dem eingesetzten Reststoffanteil bei Kraftstoffen der 2. Generation, dem Rohstoffmix bei<br />

Kraftstoffen der 1. Generation und den angenommenen Erträgen ermittelten Bindraban et al. /3/ für eine<br />

theoretische Beimischungsquote von 10% weltweit einen Flächenbedarf von ca. 85 bis 176 Millionen<br />

Hektar an fruchtbarem Land. Im Vergleich dazu werden laut FAO derzeit 49,7 Mio. km² fruchtbares<br />

Land zur permanenten Produktion von Lebens- und Futtermitteln verwendet. /4/<br />

Der Indikator Acker und Pflanzenbau bezieht sich auf die Art und Weise der Flächenbewirtschaftung<br />

und lässt so, je nach Kultur (anuelle oder perennierende Kulturen) und landwirtschaftlicher Praxis (z.B.<br />

pfluglose Bodenbearbeitung) eine weitere, differenzierende Aussage zum THG Einsparungspotential des<br />

produzierten bzw. potentiell zu produzierenden Agrartreibstoffs zu.<br />

Der Indikator Nutzungskonkurrenzen dient dazu, die potentiellen stofflichen, energetischen und flächenbezogenen<br />

Nutzungskonkurrenzen darzustellen.<br />

Mit dem letzten ökologischen Indikator, dem Treibhausgaseinsparungspotential, werden übergeordnete<br />

Aussagen bezüglich des potentiellen klimarelevanten Effekts des jeweiligen Biokraftstoffs und des<br />

Beitrags zur Erreichung des Ziels der Richtlinien 2009/28/EG (10 % des Endenergieverbrauchs im<br />

Verkehrssektor sollen 2020 aus erneuerbaren Quellen stammen) und 2009/30/EG (Minderung der Lebenszyklustreibhausgasemission<br />

um bis zu 10 % im Jahr 2020) getroffen. Im bisherigen Verlauf des<br />

Projektes konnten allerdings nur zu sehr wenigen identifizierten Projekten bzw. Kraftstoffoptionen<br />

verlässliche THG-Zahlen ermittelt werden.<br />

Wie bereits beschrieben, treten je nach Kraftstoffgeneration verschiedene Indikatoren in den Vordergrund.<br />

So sind die Indikatoren LUC sowie Acker und Pflanzenbau besonders für die, den Markt dominierende,<br />

1. Generation von Biokraftstoffen relevant. Der Indikator Rohstoff-/ Reststoffeinsatz tritt bei<br />

Kraftstoffen der 2. Generation in den Vordergrund. Für Kraftstoffe der 2. und 3. Generation werden nur<br />

10


DBFZ<br />

Ausblicke auf technisch mögliche Entwicklungen anhand des derzeitigen Forschungs- und Entwicklungsstands<br />

gegeben, wodurch die Problematik der ökonomischen Einordnung noch einmal deutlich<br />

wird.<br />

Neben der ökologischen Nachhaltigkeit sind die sozialen Aspekte der Rohstoffproduktion zu berücksichtigen<br />

(Rechte der Arbeiter, Entlohnung, siehe Kern Konventionen der ILO /5/). Die Differenzierung der<br />

sozialen Nachhaltigkeit mittels Indikatoren stellt sich aufgrund der vielfältigen Ansatz- und Umsetzungsmöglichkeiten<br />

als sehr umfangreich und im Falle detaillierter Darstellung als nicht zweckdienlich<br />

heraus. Daher wurden alle im jeweiligen Projekt zutreffenden sozialen Aspekte unter dem Begriff soziale<br />

Nachhaltigkeit subsumiert. Im überwiegenden Teil galt es hier Projekte zu identifizieren, die vorrangig<br />

auf die Stärkung der ländlichen Bevölkerung in Entwicklungs- und Schwellenländern abzielen.<br />

Grundlegende Ergebnisse der Recherche<br />

Im Rahmen der Recherche wurden zahlreiche Projekte im internationalen und nationalen Kontext identifiziert,<br />

die anhand der ausgewählten Indikatoren bewertet werden können. Zielsetzung für das Arbeitspaket<br />

war es 20 bis 30 ausgewählte Projekte in Form von Projektsteckbriefen, geordnet nach Land bzw.<br />

Kontinent, darzustellen. Zum aktuellen Stand sind 33 Projekte identifiziert von denen 22 in Form von<br />

Steckbriefen beschrieben sind. Die geografische Verteilung dieser Projekte zeigt Abbildung 1. Die<br />

restlichen 11 vergleichbaren Projekte werden in Form von Stichpunkten aufgeführt. Die Präsentation<br />

ausgewählter Beispiele, soll Gegenstand des geplanten Treffens mit dem ZG sein. Zur Veranschaulichung<br />

befindet sich ein repräsentativer Projektsteckbrief im Anhang A.1.<br />

· Cleantech Biofuels Inc.,<br />

Waste to Ethanol;<br />

· MagneGas Corp., Plasma<br />

Waste to Energy Tech.;<br />

· INEOS Bio, INEOS Waste<br />

to Ethanol Tech.;<br />

· Joule Biotechnologie Inc.,<br />

Joule TM Liquid Energy<br />

· Gota Verde;<br />

Biodiesel<br />

aus Fischöl<br />

· SEKAB BioFuels<br />

& Chemicals AB<br />

· Verbio, Multifeedstock<br />

Ethanol und Biodiesel<br />

· E85 Regionol<br />

· Fraunhofer IGB, Projekt<br />

„ETAMAX“<br />

· KIT, Projekt „Bioliq“<br />

· Seambiotioc<br />

· SEKAB BioFuels<br />

& Chemicals AB<br />

· The Biharamulo<br />

Project<br />

· Hende Mozambique<br />

Project<br />

· Neste Oil (NextBtL)<br />

· St1 Biofuels Oy<br />

· D1 BP Fuel Crop<br />

Limited<br />

· Capacity Building<br />

in der WSK<br />

Biodiesel<br />

· Energy Africa Ltd.,<br />

Promoting Sustainable<br />

Jatropha Farming in<br />

Kwale District<br />

Abbildung 1: Übersicht zur geographischen Verteilung der vorliegenden Projektsteckbriefe<br />

· National Institute of Water and<br />

Atmospheric Research, NIWA<br />

· Development of Renewable<br />

Energy for Self-Reliance<br />

11


DBFZ<br />

2.2 Grundlagen der regionalen Wertschöpfung<br />

Ausgehend vom Treffen der AG 4 „Systemintegration und standortangepasste Konzepte“ auf dem 1.<br />

Statusseminar des BMU-Förderprogramms „Optimierung der energetischen Biomassenutzung“ wurden<br />

die Grundlagen der regionalen Wertschöpfung der Bioenergienutzung erarbeitet.<br />

Die Entstehung zusätzlicher regionaler Wertschöpfung ist ein häufig genannter Vorteil der Nutzung von<br />

Bioenergie. Die durch die Umsetzung von Bioenergiekonzepten ausgelösten regionalwirtschaftlichen<br />

Effekte stellen eine wichtige ökonomische Größe für die Bewertung von Technologien, Anlagen und<br />

Strategien dar. Insgesamt sind zurzeit nur wenige Forschungsvorhaben verfügbar, die sich mit der Ermittlung<br />

von bioenergiebasierter, regionaler Wertschöpfung auseinandersetzen. Meist handelt es sich<br />

dabei um exemplarische Ansätze, die nur mit Einschränkungen auf andere Fragestellungen angewandt<br />

werden können. Dabei ist nicht der Mangel an Erhebungskonzepten kritisch zu sehen, sondern deren<br />

Eignung für eine hinreichende Erfassung der durch die energetische Biomassenutzung ausgelösten Effekte<br />

auf die regionale Wertschöpfung. Grundlegend wurde das Thema „Wertschöpfung durch Bioenergie“<br />

im Rahmen des Workshops der AG 4, Unterarbeitsgruppe „Wertschöpfung“ erörtert. Im Wesentlichen<br />

wurden Fragen der Terminologie bzw. der Verwendung des Begriffs Wertschöpfung und der damit<br />

verbundenen Anforderungen an die Datenerhebung bzw. Datenverwertung und deren Aussagefähigkeit<br />

diskutiert. Als wesentliches Problem bei der Verwendung des Begriffs Wertschöpfung wurde die vielfältige<br />

Auslegung des Begriffs regionale Wertschöpfung in der Praxis identifiziert. Abweichend von seiner<br />

volkswirtschaftlichen Definition werden oft sozioökonomische Effekte innerhalb einer Region genannt<br />

die auf empirischem Weg nicht eindeutig bzw. nur mit erheblichem Aufwand belegbar sind, wodurch<br />

eine einheitliche Bestimmung der regionalen Wertschöpfung, ausgelöst durch „Bioenergie“, entsprechend<br />

erschwert wird.<br />

Abbildung 2 zeigt Modell-Wertschöpfungsketten von Pflanzenölreinkraftstoff und verschiedenen Biodieselvertriebsoptionen.<br />

Mögliche regionale Anteile an der Biokraftstoffwertschöpfungskette sind ebenfalls<br />

gekennzeichnet. So ist es bei Reinkraftstoffnutzung denkbar, dass die gesamte Wertschöpfungskette<br />

auf einen relativ kleinen Raum begrenzt sein kann, beispielsweise bei Nutzung des Pflanzenöls zum<br />

Antrieb landwirtschaftlicher Fahrzeuge. Die Biodieselbeimischung kann theoretisch bis zur Umesterung<br />

des Pflanzenöls in der Region stattfinden, spätestens mit der Einspeisung wird die regionale Ebene<br />

allerdings verlassen.<br />

12


DBFZ<br />

Pflanzenöl als Reinkraftstoff<br />

Region<br />

Rapsanbau<br />

Biodiesel-Beimischung<br />

Region<br />

Rapsanbau<br />

Pflanzenölproduktion<br />

Pflanzenölproduktion<br />

Biodiesel-Reinkraftstoffnutzung<br />

Region<br />

Rapsanbau<br />

Pflanzenölproduktion<br />

Reinkraftstoffeigennutzung<br />

Biodieselproduktion<br />

Biodieselproduktion<br />

Verkauf<br />

Biodiesel<br />

Reinkraftstoffvertrieb<br />

Beimischung<br />

Verkauf<br />

Biodiesel<br />

Abbildung 2: Verschiedene Modell-Wertschöpfungsketten von Biokraftstoffen mit unterschiedlichen regionalen<br />

Anteilen<br />

In Tabelle 1 sind die bisher genutzten Ansätze zur Ermittlung der bioenergiebezogenen Wertschöpfung<br />

gegenübergestellt. Die Eignung der Methoden ist dabei vor allem abhängig von der jeweils vorliegenden<br />

Fragestellung. Jedes der genannten Verfahren zeichnet sich durch verschiedene Stärken und Schwächen<br />

aus. Auch aufgrund der relativ geringen Anzahl an verfügbaren Forschungsergebnissen zur Berechnung<br />

regionaler bioenergiebasierter Wertschöpfung konnte sich bisher kein favorisierter Ansatz heraus kristallisieren.<br />

Unabhängig vom Ansatz kann davon ausgegangen werden, dass die Datenverfügbarkeit das<br />

kritischste Element bei der Berechnung von (regionaler) bioenergiebasierter Wertschöpfung darstellt.<br />

Verkauf<br />

Diesel<br />

Tabelle 1: Vorläufige Einschätzung verschiedener Ansätze zur Wertschöpfungsermittlung<br />

Input-Output-<br />

Analyse<br />

Angewandte allgemeineGleichgewichtsanalyse<br />

Stoffstrom-basierte<br />

Analyse<br />

Indikator-basierter<br />

Ansatz<br />

Art des<br />

Ansatzes<br />

Ergebnisqualität <br />

Datenbeschaffung<br />

Aufwand Regionaler<br />

Bezug<br />

top down +++ −−− −−− −−− ++<br />

top down +++ −− −−− ++ ++<br />

bottom-up ++ −− + +++ +<br />

bottom-up −−− −− ++ +++ −−<br />

Vergleichbarkeit<br />

Für das Projekt war angedacht den Ansatz der stoffstrom-basierten Analyse anzuwenden. Allerdings sind<br />

dafür Daten notwendig, die im Rahmen des Projektes „Monitoring zur Wirkung nationaler und internationaler<br />

gesetzlicher Rahmenbedingungen auf die Marktentwicklung im Biokraftstoffsektor“ bisher nur in<br />

13


DBFZ<br />

geringfügigem Maße generiert werden konnten bzw. aufgrund von Vertraulichkeitserklärungen gegenüber<br />

den Anlagenbetreibern für das Projekt nicht zur Verfügung stehen. Erforderlich wären insbesondere<br />

Angaben zu üblicherweise anzunehmenden Stoffströmen, die im Bereich der Biokraftstoffproduktion<br />

auftreten sowie ökonomische Daten, die die Ermittlung der Finanzflüsse im Biokraftstoffsektor aufzeigen.<br />

Dies umfasst sämtliche Rohstoffmengen entlang der Wertschöpfungskette, ausgehend von der<br />

Rohstoffbereitstellung über die Pflanzenölproduktion bis hin zum abschließenden Verkauf des Kraftstoffes.<br />

Da eine entsprechende Datengrundlage nicht verfügbar ist und eine Datenerhebung im Rahmen des<br />

Projekts nicht durchführbar ist, wird die Bewertung regionaler Wertschöpfungseffekte von Biokraftstoffen,<br />

im Rahmen einer Betrachtung ausgewählter Beispielprojekte der Rechercheergebnisse angestrebt.<br />

Diese soll je nach Datenlage bzw. Ausrichtung des Projektes technologische, ökonomische und/ oder<br />

soziale Faktoren berücksichtigen.<br />

14


DBFZ<br />

A.1 Weiterführende methodologische Überlegungen zum Workshopkonzept<br />

Eignung der Mediation als Gestaltungsmethode<br />

Aussagen aus den Interviews lassen den Schluss zu, dass Verhandlungssituationen, wie sie beispielsweise<br />

beim RSPO (Round Table on Sustainable Palm Oil) erfolgten, von mehreren der beteiligten Parteien<br />

als gewinnbringend beschrieben wurden. Das Verfahren der Mediation entstand aus dem Kontext<br />

gewisser Optimierungspotenziale solcher herkömmlicher Verhandlungssituationen als neue und innovative<br />

Herangehensweise (vgl. Montada und Kals, 2007), die auch im Feld der Biokraftstoffe einen zusätzlichen<br />

Erfolg zu bringen verspricht.<br />

Es gibt vier Argumente, die mediative Konzepte besonders passig für diesen Anwendungsbereich machen:<br />

Mediation erweitert das Verfahren der Verhandlung um wichtige Komponenten (so wird nicht<br />

auf herkömmliche „Kompromisse“ hingearbeitet, sondern vielmehr auf Win-Win-Situationen, die<br />

für alle beteiligten Parteien mehr Gewinne als Zugeständnisse mit sich bringen.<br />

Mediation ist ein Verfahren, welches mit der Zielsetzung verfolgt wird, aus dem Gleichgewicht<br />

geratene Kommunikationsprozesse zu begleiten und Annäherungen zu erzielen.<br />

Mediation wird explizit für den Anwendungsbereich der umweltpolitischen Konflikte empfohlen.<br />

Mediation ist kein Verfahren, das in „wertfreien“ Verhandlungsräumen (ohne ethische Grundsätze)<br />

Anwendung finden kann. Dies stellt eine weitere Passung zum Vorgehen sozialwissenschaftlicher<br />

Nachhaltigkeitsforschung dar. Nachhaltigkeitsforschung beschäftigt sich im<br />

sozialwissenschaftlichen Verständnis mit der Lösung dringender gesellschaftlicher Probleme bezogen<br />

auf die nachhaltige Nutzung der Erde als Grundlage allen Lebens – ein ethisch geleitetes<br />

Vorgehen, wie es von der <strong>Forschungsgruppe</strong> Umweltpsychologie schon seit Jahren erfolgreich<br />

praktiziert wird.<br />

Eignung der Systemischen Teamentwicklung und Lösungsfokussierung<br />

Systemische Teamentwicklung und lösungsfokussierte Interventionen werden seit geraumer Zeit erfolgreich<br />

und mit wachsendem Zuspruch im Bereich des Coachings, der Teamentwicklung und der Beilegung<br />

innerorganisationaler oder interorganisationaler Konflikte angewandt. Sie sind besonders für die<br />

vorliegende Akteurskonstellation so geeignet, da ein kleinschrittiges Vorgehen möglich ist – eine Annäherung<br />

im Interessenskonflikt und das Finden einer Kommunikationsform für die Zukunft sind somit gut<br />

angehbare Ziele. Vielfältige Interventionen stehen zur Verfügung um vor allem in stagnierten Akteurskonstellationen<br />

neue Denkmodelle zu eröffnen und innovative Lösungen zu produzieren. Es wird<br />

explizit ein Blick auf bereits erzielte Erfolge in der Vergangenheit gerichtet um Gelungenes in neue<br />

Lösungskonzepte übertragen und beibehalten zu können.<br />

Workshopdurchführung und Teilnehmerkonstellationen<br />

Bezüglich der konkreten Durchführung der Workshops, insbesondere der Auswahl und Akquise der<br />

Teilnehmenden, stehen verschiedene Optionen und Ebenen zur Auswahl, die mit unterschiedlichen<br />

Potenzialen und Herausforderungen verbunden sind. Beschränkt man sich auf regional tätige Repräsen-<br />

15


DBFZ<br />

tanten involvierter Institutionen und Verbände, bestehen gute Chancen eine hohe Beteiligung zu erzielen.<br />

Der Handlungsspielraum und Einfluss der Workshopteilnehmenden ist jedoch zweifelhaft. Auch die<br />

Übertragbarkeit der in den Workshops erzielten Ergebnisse auf höhere Ebenen kann nicht als gesichert<br />

gelten. Fokussiert man wiederum auf VerteterInnen involvierter Institutionen und Verbände auf Bundesebene,<br />

dürfte die Akquise und der Koordinationsaufwand um einiges höher sein – mit dem Vorteil<br />

generalisierbarerer Ergebnisse, die ohne Zweifel Handlungsrelevanz für eine zukünftige Biokraftstoffstrategie<br />

erlangen können.<br />

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DBFZ<br />

A.2 Exemplarischer Projektsteckbrief<br />

Biokraftstoff Bioethanol<br />

Land/ Firma Schweden SEKAB BioFuels & Chemicals AB<br />

Rohstoff Zuckerrohr, cellulosehaltige Biomasse (Pilotmaßstab)<br />

Kurzbeschreibung<br />

LUC +<br />

SEKAB BioFuels & Chemicals AB erhielt 2009 den „Sustainabe Bioethanol<br />

Award“ für die Entwicklung und Implementierung einer Strategie zur<br />

Produktion von geprüftem, nachhaltigem Ethanol in Kooperation mit<br />

brasilianischen Ethanolherstellern, sowie die Entwicklung einer Cellulose<br />

zu Ethanol Technik im Pilotmaßstab. Zur Herstellung nachhaltigen Ethanols<br />

bedient sich SEKAB eines, durch unabhängige Gutachter geprüften,<br />

Zertifizierungsansatzes. Dieser enthält folgende Kriterien:<br />

Einsparung von mindestens 85 % fossilem CO2 im Vergleich zur<br />

Verwendung von herkömmlichen Benzin für die gesamte Bereitstellungskette<br />

Automatisierung von mindestens 30% des Erntevorganges mit<br />

steigender Tendenz<br />

Waldabholzungsverbot<br />

Verbot von Kinderarbeit<br />

Rechte und Sicherheiten für Arbeitnehmer nach ILO – Richtlinien<br />

Einhaltung verschiedener, von der brasilianischen „Sugarcane Industry<br />

Association (UNICA)“ erarbeiteter, ökologischer Kriterien<br />

bezüglich Wasser- und Bodenschutz beim Anbau von Zuckerrohr<br />

für die Ethanolherstellung<br />

Fortlaufendes, unabhängiges Monitoring zum Qualitätsmanagement<br />

Nach diesen Kriterien hergestelltes Ethanol aus Brasilien ist seit 2008 an<br />

schwedischen Tankstellen erhältlich. Des Weiteren stellt SEKAB Celluloseethanol<br />

in einer Pilotanlage im Säurehydrolisationsverfahren her (300 –<br />

400 l/Tag)<br />

Einordnung Erklärung<br />

Durch das im Rahmen der Strategie festgelegte Abholzungsverbot<br />

sollte der Waldverlust kein LUC<br />

Kriterium darstellen. Über die Nutzung anderer Flächen<br />

(z.B. hohe oder besondere Biodiversität) wird<br />

keine Aussage getroffen. Die Ausweitung der Anbauflächen<br />

auf solche Flächen (z.B. Cerrado in Brasilien)<br />

wäre im Rahmen dieser Strategie denkbar.<br />

Acker-/ Pflanzenbau +/- Der Zuckerrohranbau erfolgt unter festgelegten Bo-<br />

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DBFZ<br />

Nutzungskonkurrenzen /<br />

THG - Emissionsminderung<br />

Soziale Nachhaltigkeit +/-<br />

/<br />

den- und Wasserschutzkriterien. Großflächig angebaute<br />

Monokulturen bedürfen i.A. eines hohen Pestizideinsatzes.<br />

Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion ist<br />

prinzipiell möglich.<br />

Da im Rahmen der Ethanolstrategie nur von der<br />

Einsparung fossilem CO2 die Rede ist, können keine<br />

Aussagen zur gesamten THG Bilanz getroffen werden<br />

Der in der Strategie festgelegte Ausbau des Mechanisierungsgrades<br />

des Anbaus führt zum Verlust von<br />

Arbeitsplätzen. Das Verbot von Kinderarbeit sowie<br />

die Einhaltung von ILO – Kriterien für Arbeitnehmer<br />

wirken sich positiv auf die soziale Nachhaltigkeit aus.<br />

18


DBFZ<br />

Literaturverzeichnis<br />

/1/ Greenpeace: Indonesia’s Rainforests and the Climate Crisis.<br />

(http://www.greenpeace.de/themen/waelder/publikationen/ansicht/publikationsarchiv/2009/10/),<br />

/2/ IPCC, (Hrsg.): IPCC Special Report - Land Use - Land Use Change ans Forestry. Herausgegeben<br />

von IPCC, (ISBN: 92-9169-114-3), Intergovernmental Panel on Climate Change, 2000<br />

/3/ Bindraban, P.S., Bulte, E.H. und Conijn, S.G.: Can large-scale biofuels production be sustainable by<br />

2020? Agricultural Systems, Bd. 101, (3) S. 197-199, (doi:doi: DOI: 10.1016/j.agsy.2009.06.005),<br />

2009<br />

/4/ Bruinsma, J., (Hrsg.): World Agriculture: Towards 2015/ 2030., (ISBN: 92 5 104835 5), Earthscan<br />

Publications Ltd.: London, Sterling (VA), 2003<br />

/5/ ILO: The International Labour Organizations`s fundamental conventions. 2. Aufl. InFocus Programme<br />

on Promoting the Declaration, (ISBN: 92-2-112761-3), International Labour Office, 2003<br />

/6/ <strong>Schweizer</strong>-<strong>Ries</strong>, P.: Energy Sustainable Communities: Environmental-psychological investigations.<br />

Journal of Energy Policy, 36 (11), 4126-4135, 2008<br />

/7/ Mayring, P.: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Beltz Pädagogik, 2008<br />

/8/ Montada, L., Kals, E.: Mediation: Ein Lehrbuch auf psychologischer Grundlage. Beltz PVU, 2007<br />

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