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Walter Süß<br />

<strong>Institutionengeschichte</strong> <strong>des</strong> MfS<br />

In seinem grundlegenden Aufsatz über »Die Institutionenordnung als Rahmenbedingung der<br />

Sozialgeschichte der DDR« hat Rainer Lepsius konstatiert, dass bei der Analyse der DDR<br />

wegen ihrer spezifischen Entstehungsgeschichte als Ausdruck sowjetischer Interessen »der<br />

Analyse der Institutionenordnung eine vorrangige Bedeutung im Rahmen der Sozialgeschichte<br />

der DDR« gebührt. 1 Ich möchte ergänzend hinzufügen: auch bei der Sozialgeschichte. Für<br />

die Herrschaftsgeschichte gilt das selbstverständlich in noch höherem Maße. Damit sollen<br />

beide Ansätze <strong>nicht</strong> zueinander in Gegensatz gebracht werden, denn Herrschaftsgeschichte<br />

wird erst in der Verknüpfung mit Sozialgeschichte wirklich interessant, aber sie geht darin<br />

<strong>nicht</strong> auf. Bei Lepsius steht die Frage im Vordergrund, inwiefern die Institutionenordnung<br />

prägend auf das soziale Handeln gewirkt hat. Für die zeitgeschichtliche Forschung in der Stasi-Unterlagen-Behörde<br />

ging es erst einmal in einem relativ elementaren Sinn um die Institution<br />

selbst.<br />

Die Institutionenordnung der DDR – Lepsius würde sagen »Institutionenbeschreibung« – war<br />

schon vor 1990 in ihren Grundzügen kein Geheimnis mehr. 2 Allerdings war selbst in Bezug<br />

auf den Kern der Diktatur, die SED, zwar das Wesentliche über Strukturen, normative Ordnungen,<br />

Akteure und Ideologie bekannt, wie aber die Entscheidungsprozesse in der Politbürokratie<br />

tatsächlich verliefen, welche Auseinandersetzungen es gab, welche Interessen und Positionen<br />

im Apparat aufeinander prallten, welchen Einfluss die sowjetische Führung nahm, all<br />

das war aus Gründen der Quellenlage nur zu vermuten. Das hat sich seither ansatzweise geändert.<br />

3 Hinsichtlich <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums für Staatssicherheit war die Erkenntnislage vor dem Umbruch<br />

noch schlechter als hinsichtlich der SED. Zumin<strong>des</strong>t in den 70er und 80er Jahren waren<br />

fast die einzigen Ausnahmen die verdienstvollen Arbeiten von Karl Wilhelm Fricke. 4 Wahrscheinlich<br />

war es kein Zufall, dass er in der Zeitgeschichtsforschung ein Außenseiter war. Es<br />

<strong>ist</strong> vermutet worden, der Grund für das geringe Interesse in der Zunft sei gewesen, dass die<br />

Staatssicherheit <strong>nicht</strong> recht in das Weltbild von Freunden der Entspannungspolitik passte. 5<br />

1 M. Rainer Lepsius: Die Institutionenordnung als Rahmenbedingung der Sozialgeschichte der DDR, in:<br />

Hartmut Kaelble, Jürgen Kocka, Hartmut Zwahr (Hg.): Sozialgeschichte der DDR. Stuttgart 1994, S. 17–<br />

30, hier 17.<br />

2 Zur Frühgeschichte als Zusammenfassung <strong>des</strong> Forschungsstan<strong>des</strong>: SBZ-Handbuch. Staatliche Verwaltungen,<br />

Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone<br />

Deutschlands 1945–1949. Im Auftrag <strong>des</strong> Arbeitsbereiches Geschichte und Politik der DDR an der<br />

Universität Mannheim und <strong>des</strong> Instituts für Zeitgeschichte München hg. von Martin Broszat u. Hermann<br />

Weber, München 1990; zur DDR-Geschichte selbst (mit einer Fülle weiterer Literaturangaben) DDR-<br />

Handbuch. Hg. vom Bun<strong>des</strong>min<strong>ist</strong>erium für innerdeutsche Beziehungen (Wissenschaftliche Leitung:<br />

Hartmut Zimmermann). Bonn 1985, 3. Aufl.<br />

3 Als regionalgeschichtliche Studie (zu Thüringen) vgl. Heinrich Best u. Heinz Mestrup: Die Ersten und<br />

Zweiten Sekretäre der SED. Weimar 2003. Zum Machtzentrum vgl. Monika Kaiser: Machtwechsel von<br />

Ulbricht zu Honecker. In: Rainer Eppelmann, Bernd Faulenbach, Ulrich Mählert (Hg.): Bilanz und Perspektiven<br />

der DDR-Forschung. Paderborn 2003, S. 69–74; dies.: Machtwechsel von Ulbricht zu Honecker.<br />

Funktionsmechanismen der SED-Diktatur in Konfliktsituationen 1962 bis 1972 (Zeith<strong>ist</strong>orische<br />

Studien, 10), Berlin 1997. Der mit beiden Arbeiten erreichte Kenntnisstand <strong>ist</strong> jedoch keineswegs repräsentativ<br />

für unser Wissen über die SED in vierzig Jahren DDR; vgl. Andreas Malycha: »Die Partei hat<br />

immer recht!« – Die Geschichte der SED. In: Bilanz und Perspektiven der DDR-Forschung, S. 85–92.<br />

Nützliche Basisinformationen enthalten: Andreas Herbst, Gerd-Rüdiger Stephan, Jürgen Winkler (Hg.):<br />

Die SED. Geschichte – Organisation – Politik. Ein Handbuch. Berlin 1997; Klaus Schroeder, u.M.v. Stefan<br />

Alisch: Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR, hg. von der Bayerischen Lan<strong>des</strong>zentrale<br />

für politische Bildungsarbeit. München 1998.<br />

4 Karl Wilhelm Fricke: Die DDR-Staatssicherheit. Entwicklung Strukturen Aktionsfelder. Köln 1982.<br />

5 Zu der solchen Kategorisierungen zugrunde liegenden Betrachtungsweise im internationalen Vergleich s.<br />

den Aufsatz von Mary Fulbrook: Approaches to German contemporary h<strong>ist</strong>ory since 1945: Politics and


2<br />

Das mag eine Rolle gespielt haben, aber wichtiger scheint, dass Geheimdienstforschung ohnehin<br />

<strong>nicht</strong> zu den bevorzugten Arbeitsfeldern deutscher Zeitgeschichtsforschung und Politikwissenschaft<br />

gehört. Die Quellen, auf die man bei diesem Thema üblicherweise angewiesen<br />

<strong>ist</strong>, gelten als <strong>nicht</strong> zureichend seriös: Berichte von Überläufern, einzelne Dokumente, die<br />

die gegnerischen Geheimdienste frei geben, magere Selbstdarstellungen, Zeitungsberichte mit<br />

Informationen nebulöser Herkunft. Wissenschaftliche Aussagen auf dieser Basis zu treffen, <strong>ist</strong><br />

ein Risiko.<br />

Mit der Revolution von 1989 und der Einrichtung der Stasi-Unterlagen-Behörde hat sich einerseits<br />

die Quellenlage fundamental verändert. Andererseits <strong>ist</strong> das öffentliche Interesse gerade<br />

an dieser Institution enorm gewachsen. Eine Verbindung beider Aspekte findet sich im<br />

Ersten Tätigkeitsbericht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>beauftragten an den Deutschen Bun<strong>des</strong>tag von 1993. Dort<br />

wurde als ein zentrales Vorhaben der neugegründeten Abteilung Bildung und Forschung genannt,<br />

»alle greifbaren Informationen zu Personal, Struktur, Methoden, aber auch zur Entwicklungsgeschichte<br />

<strong>des</strong> MfS« zu erarbeiten, um sie als »Standardhilfsmittel« jedem zugänglich<br />

zu machen, »der sich mit dem MfS und seiner Hinterlassenschaft befasst«. 6<br />

Die notwendigen Informationen erwiesen sich bald als weniger »greifbar«, denn seinerzeit<br />

erhofft. Der Forschungsstand war, sobald es um konkrete Details ging, defizitär. 7 Für eine<br />

quellengesättigte Darstellung mussten als Basis die Sachakten der Staatssicherheit ausgewertet<br />

werden. Sie waren jedoch zum erheblichen Teil erst zu erschließen, eine Aufgabe, der wegen<br />

der anderen Verpflichtungen der Behörde (persönliche Akteneinsicht; Überprüfungen)<br />

keine Priorität eingeräumt werden konnte. Mit Unterstützung der Archivabteilung hatten die<br />

Wissenschaftler 8 von BF zwar die Möglichkeit, in unerschlossenem Material zu recherchieren,<br />

aber das war ein sehr aufwendiges, entsprechend zeitrauben<strong>des</strong> und mit Unwägbarkeiten<br />

behaftetes Unternehmen.<br />

paradigms. In: Zeith<strong>ist</strong>orische Forschungen / Studies in Contemporary H<strong>ist</strong>ory, 1 (2004) 1, S. 31–50<br />

(http://www.zeith<strong>ist</strong>orische-forschungen.de/portal/alias__zeith<strong>ist</strong>orischeforschungen/lang__de/tabID__40208147/DesktopDefault.aspx).<br />

6 Erster Tätigkeitsbericht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>beauftragten für die Unterlagen <strong>des</strong> Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen<br />

Deutschen Demokratischen Republik 1993. Berlin 1993, S. 70.<br />

7 Erste nützliche Überblicke boten jedoch David Gill und Ulrich Schröter: Das Min<strong>ist</strong>erium für Staatssicherheit.<br />

Anatomie <strong>des</strong> Mielke-Imperiums, Berlin 1991; Karl Wilhelm Fricke: MfS intern. Macht, Strukturen,<br />

Auflösung der DDR-Staatssicherheit, Köln 1991. Den aktuellen Forschungsstand in einem Aufsatz<br />

zu referieren, <strong>ist</strong> quantitativ unmöglich: Die laufend aktualisierte »Bibliographie zum Staatssicherheitsdienst<br />

der DDR« der Abteilung BF umfasst (Stand vom 1.5.2004) 438 Seiten (auf der Website der <strong>BStU</strong><br />

unter: http://www.bstu.de/bibliothek/bibliografie.pdf). So kann nur auf einige Überblicksdarstellungen<br />

verwiesen werden: Roger Engelmann: Forschungen zum Staatssicherheitsdienst der DDR – Tendenzen<br />

und Ergebnisse. In: Wolfgang Krieger, Jürgen Weber (Hg.): Spionage für den Frieden? Nachrichtendienste<br />

in Deutschland während <strong>des</strong> kalten Krieges. München 1997, S. 181–212; Catherine Epstein: The Stasi.<br />

New Research on the East German Min<strong>ist</strong>ry of State Security. In: Kritika: Explorations in Russian and<br />

Eurasian H<strong>ist</strong>ory, 5 (2004) 2, S. 321–348; Jens Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit.<br />

Personalstruktur und Lebenswelt 1950–1989/90 (Wissenschaftliche Reihe <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>beauftragten,<br />

20). Berlin 2000, S. 38–48; ders,: Mielke-Konzern. Die Geschichte der Stasi 1945–1990. Stuttgart, München<br />

2001, S. 265–283; Ders.: Die Einheit von Wirtschafts-, Sozial- und Sicherheitspolitik, Militarisierung<br />

und Überwachung als Probleme einer DDR-Sozialgeschichte der Ära Honecker (Chr<strong>ist</strong>oph Kleßmann<br />

zum 65. Geburtstag). In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 51 (2003) 11, S. 996–1021; Ders.:<br />

Die Geschichte der Staatssicherheit, in: Bilanz und Perspektiven der DDR-Forschung (Anm. 3), S. 117–<br />

125; Klaus-Dietmar Henke: DDR-Forschung seit 1990, in: ebd., S. 371–376; Thomas Lindenberger:<br />

Volkspolizei. Herrschaftspraxis und öffentliche Ordnung im SED-Staat 1952–1968. Köln et al. 2003, S.<br />

24–32; Helmut Müller-Enbergs: Die Erforschung der Westarbeit <strong>des</strong> MfS – Stand und Perspektiven, in:<br />

Siegfried Suckut und Jürgen Weber (Hg.): Stasi-Akten zwischen Politik und Zeitgeschichte. Eine Zwischenbilanz,<br />

München 2003, S. 240–269.<br />

8 Aus Gründen der Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet; die weibliche Form <strong>ist</strong> – trotz <strong>des</strong><br />

unbestreitbaren Männerüberhangs bei BF – immer mitgedacht.


Wegen <strong>des</strong> bescheidenen Kenntnisstan<strong>des</strong> über die Institution Staatssicherheit waren die Fragen,<br />

die als erste zu bearbeiten waren, elementarer Art: eine genetische Betrachtung von<br />

Funktion und Struktur der Staatssicherheit. Einige konkretere Themen und Fragestellungen<br />

seien genannt:<br />

• Welche Funktionen hatte das Min<strong>ist</strong>erium für Staatssicherheit im Laufe der Entwicklung<br />

der DDR? Waren sie gleichbleibend oder gab es einschneidende Veränderungen? Wer determinierte<br />

seine Entwicklung: nur die SED oder doch wohl auch die sowjetische Besatzungsmacht,<br />

und in welchem Verhältnis standen beide Einflussfaktoren?<br />

• Schon über die Frage, wie viele hauptamtliche Mitarbeiter dieses Min<strong>ist</strong>erium hatte, konnte<br />

bis dahin nur (wie sich später herausstellen sollte unzutreffend) spekuliert werden; ganz<br />

zu schweigen davon, wie sie sich über die Jahre auf die einzelnen Aufgabenbereiche der<br />

Staatssicherheit verteilten. Allenfalls Vermutungen ex<strong>ist</strong>ierten hinsichtlich der Rekrutierungsmuster<br />

und -techniken. Welchen Sozialisations- und Anpassungsprozessen wurden<br />

die Mitarbeiter unterworfen?<br />

• Es waren die Binnenstruktur der Staatssicherheit und ihre Wandlungen zu rekonstruieren,<br />

die qualitative Entwicklung <strong>des</strong> Stammes an hauptamtlichen und an »Geheimen«, später<br />

»inoffiziellen« Mitarbeitern, einschließlich aller Mischformen wie der hauptamtlichen inoffiziellen<br />

Mitarbeiter (HIM) und der unter Legende arbeitenden Offiziere im besonderen<br />

Einsatz (OibE).<br />

• Wer waren die entscheidenden Akteure in dieser Institution und wie sind sie zu charakterisieren?<br />

• Dass die Stasi sich als »Schild und Schwert« der SED verstand, war bekannt, aber was<br />

bedeutete das konkret? Wie und über welche Hebel und Einflussschienen, wurde die Steuerung<br />

durch die SED vorgenommen? Welche Rolle spielte dabei die SED in der Staatssicherheit?<br />

Waren die SED-Kreisleitung im MfS und der Sektor Staatssicherheit in der Abteilung<br />

Sicherheitsfragen <strong>des</strong> SED-Zentralkomitees vielleicht die heimliche Steuerungsinstanz<br />

dieser Geheimpolizei?<br />

• Wie war das MfS in das Gefüge der Diktatur eingeordnet? Wie war sein Verhältnis zu anderen<br />

Teilen <strong>des</strong> Staatsapparates? Gab es in diesen Beziehungen einschneidende Veränderungen<br />

oder gar Brüche? War die Staatssicherheit, wie hypothetisch formuliert worden <strong>ist</strong>, 9<br />

in den letzten beiden Jahrzehnten der DDR als heimlich mitsteuernde Kraft an die Seite <strong>des</strong><br />

SED-Apparates getreten oder war sie nur ausführen<strong>des</strong> Organ? Oder war sie eine Institution<br />

mit einem zwar beschränkten, aber dennoch wirksamen eigenen Handlungsspielraum?<br />

• Wie war die Staatssicherheit in die herrschende Ideologie eingeordnet? Welchen eigenen<br />

Beitrag le<strong>ist</strong>ete sie zu dieser Ideologie? Wie legitimierte sie ihre Aktivitäten?<br />

Antworten auf diese Fragen wurden in mehreren Projekten, an denen die me<strong>ist</strong>en Wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiter von BF beteiligt waren, gesucht. 10 Doch vorab war noch eine grundsätzliche<br />

Frage zu klären, die nach dem Informationsgehalt der Akten, die die Staatssicherheit<br />

hinterlassen hatte:<br />

• H<strong>ist</strong>orische Quellenkunde<br />

Waren diese Akten (wie zu Beginn der 90er Jahre öfter, aber auch heute gelegentlich noch<br />

behauptet wird) wertlos, weil sie aus finsteren Motiven angelegt worden waren und die Stasi<br />

ganz gewiss die Wahrheit <strong>nicht</strong> als das höchste Gut betrachtet hat? Für einen H<strong>ist</strong>oriker klingt<br />

diese Argumentation naiv, aber sie war teilweise durchaus öffentlichkeitswirksam. Zudem<br />

steckt darin selbstverständlich ein sehr ernst zu nehmen<strong>des</strong> Problem: Was <strong>ist</strong> bei der Interpre-<br />

9 Vgl. Klaus-Dietmar Henke: Zu Nutzung und Auswertung der Unterlagen <strong>des</strong> Staatssicherheitsdienstes der<br />

ehemaligen DDR. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 41 (1993) 3, S. 575–587.<br />

10 Grundsätzliche Vorbemerkung: Auf Quellenangaben zu Eigenveröffentlichungen in Aufsatzform wird<br />

aus Platzgründen me<strong>ist</strong> verzichtet. Es sei in diesem Zusammenhang auf die Broschüre »Abteilung Bildung<br />

und Forschung. Die ersten zehn Jahre – eine Bilanz«, hg. von der <strong>BStU</strong>, Berlin 2003, verwiesen.<br />

3


4<br />

tation dieser Akten zu beachten? Wie haben sich die ideologischen Scheuklappen und die<br />

bürokratischen Interessen der MfS-Mitarbeiter in ihrer Aktenführung niedergeschlagen? Solche<br />

und ähnliche Fragen wurden auf der ersten wissenschaftlichen Tagung, die die Abteilung<br />

im Jahr 1994 abgehalten hat, diskutiert. 11 Von BF-Mitarbeitern 12 und von Wissenschaftlern<br />

aus anderen Institutionen 13 wurde referiert über Aktenwert und Aktenauswertung, aber auch<br />

über die Bedeutung der MfS-Akten im Kontext anderer Überlieferungen.<br />

In einer Expertise für die Enquetekommission <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages hat Roger Engelmann<br />

als Quellenkunde der Stasi-Akten den Kenntnisstand in dieser Frage zusammengefasst,<br />

über das Interesse der geheimpolizeilichen Bürokratie an zuverlässigen Informationen, aber<br />

auch über die interessen- und ideologiebedingten Verzerrungen solcher Schriftstücke berichtet.<br />

14<br />

Gerade weil es zu Beginn der 90er Jahre eine gewisse Fixierung öffentlicher Aufmerksamkeit<br />

auf die Staatssicherheit gab, aber auch wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung für das Verständnis<br />

dieser Institution war ein Schwerpunkt der beginnenden Forschung<br />

• Das Verhältnis von MfS und SED<br />

Dieses Verhältnis betrifft den Charakter der Diktatur, zugleich handelt sich dabei selbstverständlich<br />

um ein Thema, das in den me<strong>ist</strong>en Forschungsprojekten eine Rolle gespielt hat und<br />

spielen wird, eine Querschnittthema also, das <strong>nicht</strong> in einem Forschungsvorhaben abgehandelt<br />

werden kann. Dennoch war es sinnvoll, bereits Mitte der 90er Jahre eine wissenschaftliche<br />

Tagung abzuhalten, um den aktuellen Kenntnisstand zu diskutieren. Die Ergebnisse haben in<br />

einem Sammelband Niederschlag gefunden hat. 15 Nur vier Beiträge von BF-Mitarbeitern seien<br />

kurz skizziert: Roger Engelmann berichtete über den Aufbau <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums für Staatssicherheit<br />

unter der strengen Kuratel sowjetischer Dienste und die Konflikte, die sich daraus<br />

mit der SED-Spitze ergaben. Ein Aspekt, der in diesem Aufsatz angesprochen wurde, <strong>ist</strong> in<br />

einer weiteren Arbeit vertieft worden: dass es Ulbricht nach dem XX. Parteitag der KPdSU<br />

gelang, sich <strong>des</strong> ungeliebten Stasi-Chefs Wollweber, der das Vertrauen der Sowjets hatte, zu<br />

entledigen und mit Erich Mielke seinen Vertrauensmann an die Spitze der Staatssicherheit zu<br />

befördern. 16 Der Frage personeller Verbindungen zwischen der frühen Staatssicherheit und<br />

den Repressionsorganen der NS-Zeit <strong>ist</strong> Jens Gieseke in einer akribischen Recherche sowohl<br />

11<br />

Klaus-Dietmar Henke, Roger Engelmann (Hg.): Aktenlage. Die Bedeutung der Unterlagen <strong>des</strong> Staatssicherheitsdienstes<br />

für die Zeitgeschichtsforschung (Wissenschaftliche Reihe, 1). Berlin 1995.<br />

12<br />

Bernd Eisenfeld, Roger Engelmann, Helmut Müller-Enbergs, Siegfried Suckut und Walter Süß.<br />

13<br />

Fritz Ahrendt, Gerhard Besier, Rainer Eckert, Franz-Otto Gilles, Hans-Hermann Hertle, Wolfgang Krötke,<br />

Klaus Michael, Bernd Schäfer, Hermann Schreyer, Ulrich Schröter, Peter Steinbach, Jan Wielgohs<br />

und Stefan Wolle.<br />

14<br />

Roger Engelmann: Zum Wert der MfS-Akten. In: Materialien der Enquete-Kommission »Aufarbeitung<br />

von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland« (12. Wahlperiode <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages),<br />

hrsg. vom Deutschen Bun<strong>des</strong>tag, Bd. VIII, Baden-Baden 1995, S. 243–296.<br />

15<br />

Siegfried Suckut, Walter Süß (Hg.): Staatspartei und Staatssicherheit. Zum Verhältnis von SED und MfS<br />

(Wissenschaftliche Reihe, 8). Berlin 1997.<br />

16<br />

Roger Engelmann und Silke Schumann: Der Ausbau <strong>des</strong> Überwachungsstaates. Der Konflikt Ulbricht-<br />

Wollweber und die Neuausrichtung <strong>des</strong> Staatssicherheitsdienstes der DDR 1957. In: Vierteljahrshefte für<br />

Zeitgeschichte, 43 (1995), S. 341–378; Nachdruck unter dem Titel: Kurs auf die entwickelte Diktatur. Die<br />

Neuausrichtung <strong>des</strong> Staatssicherheitsdienstes 1956/57 (<strong>BStU</strong>, BF informiert 1/1995). Berlin 1995. Zu<br />

Wollweber vgl. Roger Engelmann: Ernst Wollweber (1898–1967) : Chefsaboteur der Sowjets und Zuchtme<strong>ist</strong>er<br />

der Stasi. In: Dieter Krüger und Armin Wagner (Hg.): Konspiration als Beruf : deutsche Geheimdienstchefs<br />

im Kalten Krieg. Berlin 2003. S. 179–206; Ernst Wollweber: Aus Erinnerungen. Ein Porträt<br />

Walter Ulbrichts, dokumentiert von Wilfriede Otto. In: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung 32<br />

(1990) 3, S. 350–378; zur Biografie Mielkes vgl. Wilfriede Otto: Erich Mielke – Biographie: Aufstieg<br />

und Fall eines Tschek<strong>ist</strong>en. Berlin 2000; und auf Basis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten<br />

Klaus Bästlein: Der Fall Mielke. Die Ermittlungen gegen den Min<strong>ist</strong>er für Staatssicherheit der DDR. Baden-Baden<br />

2002.


der Quellen solcher Behauptungen wie der einschlägigen MfS-Akten nachgegangen. Sein<br />

Ergebnis war, dass es keine solche Kontinuität gegeben hat und die frühen Stasi-Mitarbeiter<br />

ihre Verhörmethoden und ihre Fertigkeiten in manipulativer Beweisführung, außer ihrer Brutalisierung<br />

durch die Kriegserfahrung, sowjetischen Instrukteuren verdankten.<br />

In der ersten Hälfte der 50er Jahre konkurrierte die SED-Spitze mit den sowjetischen Diensten<br />

hinsichtlich der Verfügungsgewalt über die Staatssicherheit. Mit der partiellen Verringerung<br />

der sowjetischer Präsenz in den Satellitenstaaten nach dem ungarischen Aufstand und der<br />

Einsetzung von Mielke als Min<strong>ist</strong>er für Staatssicherheit glaubte sie, die Frage, wer Herr im<br />

Hause <strong>ist</strong>, in ihrem Sinne gelöst zu haben. Doch in den 60er Jahren stellte sich das Problem<br />

neu: Mielke war zwar fast immer bereit dem SED-Generalsekretär zu gehorchen, aber mit der<br />

Unterordnung seines Min<strong>ist</strong>eriums unter nachrangige SED-Funktionäre hatte er Schwierigkeiten.<br />

Den Konflikt, den es darum in den frühen 60er Jahren gab, hat Siegfried Suckut nachgezeichnet.<br />

Der Übereifer der Staatssicherheit drohte aus Sicht <strong>des</strong> Parteiapparats die Legitimationsbasis<br />

der SED zu untergraben und forderte zudem ihren allumfassenden Führungsanspruch<br />

heraus, der keine Konkurrenzinstitution duldete. Selbstverständlich hat die Partei den<br />

Konflikt formell in ihrem Sinne entschieden, aber faktisch bedeutete das mittelfr<strong>ist</strong>ig <strong>nicht</strong><br />

viel, denn allzu sehr war sie auf ihr Repressionsinstrument angewiesen und der kritisierte Übereifer<br />

wurde in ihrem Interesse praktiziert.<br />

Das Zusammenspiel von Staatssicherheit und Justiz, die beide im Sinne <strong>des</strong> Machterhalts der<br />

SED agierten, in der Ära Honecker war das Thema <strong>des</strong> Beitrags von Clemens Vollnhals. Die<br />

Schlussfolgerung aus seiner empirisch untermauerten Analyse war, dass in politisch motivierten<br />

Verfahren »hinter der ausgehöhlten, notdürftig getünchten Fassade scheinbar rechtsstaatlicher<br />

Normen und Verfahren ... auch weiterhin der totalitäre Maßnahmestaat« hauste. 17<br />

Das Thema SED und Staatssicherheit war mit dieser Tagung <strong>nicht</strong> »abgehakt«. Auch in Spezialuntersuchungen<br />

war es weiterhin Gegenstand. So liegen zwei Veröffentlichungen von<br />

Silke Schumann zur SED-Kreisleitung im MfS vor, die die wichtige Rolle der Parteiorganisation<br />

als Sozialisations- und Disziplinierungsinstanz nachzeichnen, aber auch ihre relative Bedeutungslosigkeit<br />

für die »operative Arbeit« der Staatssicherheit – wegen <strong>des</strong> Grundprinzips<br />

der strikten Trennung »politischer« und »operativer« Aspekte. 18 In einer Längsschnittanalyse<br />

<strong>des</strong> Verhältnisses beider Institutionen wurde vor allem die Funktion der Staatssicherheit für<br />

den Machtanspruch der SED herausarbeitete. 19 Und schließlich war das (in Auflösung befindliche)<br />

Verhältnis von MfS und SED in der letalen Krise <strong>des</strong> Systems eine Achse in den Untersuchungen<br />

zur Entmachtung der Staatssicherheit in Ost-Berlin und in den Regionen (dazu<br />

s.u.).<br />

Die populäre These, das MfS sei »ein Staat im Staate« gewesen, kann durch diese Arbeiten<br />

als falsifiziert gelten. Das ändert allerdings <strong>nicht</strong>s daran, dass es weiterhin notwendig <strong>ist</strong>, bei<br />

der h<strong>ist</strong>orischen Analyse weiterreichender Entscheidungen der SED zu fragen, welchen Ein-<br />

17<br />

Wie bei allen späteren Tagungen auch referierten auf der Tagung im Jahr 1996 <strong>nicht</strong> nur Wissenschaftler<br />

aus BF, sondern ebenso Spezial<strong>ist</strong>en von außerhalb. In diesem Fall u.a. Norman Naimark (zur Politik der<br />

sowjetischen Besatzungsmacht 1945–1949), Peter Erler (zur Sicherheitspolitik der KPD/SED), Thomas<br />

Klein (zur zentralen Parteikontrollkommission), Karl Wilhelm Fricke (zum Einfluss <strong>des</strong> MfS auf die politische<br />

Justiz), Hans-Hermann Hertle (zu SED und MfS beim Mauerfall), Armin Wagner (zum Nationalen<br />

Verteidigungsrat) und Lutz Niethammer (zur Mentalitätsgeschichte <strong>des</strong> Verhältnisses von SED und Bevölkerung).<br />

18<br />

Silke Schumann: Parteierziehung in der Geheimpolizei. Zur Rolle der SED im MfS der fünfziger Jahre<br />

(Wissenschaftliche Reihe, 9). Berlin 1997; dies.: Die Parteiorganisation der SED im MfS (MfS-<br />

Handbuch, Teil III/20). Berlin 1998.<br />

19<br />

Walter Süß: Das Verhältnis von SED und Staatssicherheit. Eine Skizze seiner Entwicklung, (BF informiert<br />

Nr. 17). Berlin 1997.<br />

5


6<br />

fluss Stasi-Funktionäre zu nehmen bemüht waren, ohne die Vorherrschaft der Partei offen<br />

herauszufordern. 20<br />

Ein ganz erheblicher Teil <strong>des</strong> Kräftepotentials der Abteilung wurde auf die organisationsgeschichtliche<br />

Grundlagenforschung verwendet, die Erarbeitung der anfangs erwähnten Basisinformationen.<br />

Sie stellen in gewisser Hinsicht eine Dienstle<strong>ist</strong>ung für externe Wissenschaftler<br />

wie für die an der DDR-Zeitgeschichte interessierte Öffentlichkeit dar. Dem eher trockenen<br />

Brot (für Autoren wie für Leser) der Binnenstruktur <strong>des</strong> MfS, seiner Institutionsgeschichte im<br />

engen Sinne gewidmet <strong>ist</strong><br />

• Das MfS-Handbuch<br />

Die Idee, ein solches Handbuch zu erarbeiten, <strong>ist</strong> älter als die Abteilung BF. Bereits auf dem<br />

H<strong>ist</strong>orikertag 1992 wurde das Vorhaben skizziert. 21 Es sollten die Entwicklungsgeschichte,<br />

die Struktur und der Wandel <strong>des</strong> Apparates, einschließlich der wichtigsten Diensteinheiten,<br />

<strong>des</strong>sen Arbeitsmethoden und Personal dargestellt werden. Damit wird ein vor allem für die<br />

Fachöffentlichkeit interessantes Hilfsmittel bereitgestellt, <strong>des</strong>sen Erarbeitung von keiner externen<br />

wissenschaftlichen Einrichtung zu erwarten <strong>ist</strong>. Es gab und gibt zwei wesentliche Unterschiede<br />

zu anderen Handbuch-Vorhaben (etwa dem SBZ-Handbuch 22 , das ursprünglich<br />

eine Vorbildrolle gespielt hat), die zur Folge haben, dass sich die Fertigstellung der Beiträge<br />

verzögert hat: Erstens können sich Handbuchautoren in der Regel auf einen breiten Fundus<br />

gesicherten Wissens stützen, während beim MfS-Handbuch durchweg Primärforschung direkt<br />

aus den Quellen zu le<strong>ist</strong>en <strong>ist</strong>. Soweit, zweitens, zusätzliche Forschung in Primärunterlagen<br />

notwendig <strong>ist</strong>, können sich die betreffenden Wissenschaftler me<strong>ist</strong> gut organisierter Archive<br />

bedienen, während gerade die für die MfS-Thematik relevanten Sachakten der Staatssicherheit<br />

ursprünglich zum größten Teil überhaupt noch <strong>nicht</strong> erschlossen und – was mit zu bedenken<br />

<strong>ist</strong> – von kundigen Archivaren noch <strong>nicht</strong> auf einen tatsächlich relevanten Bestand reduziert<br />

worden waren. (In anderen Archiven beträgt die entsprechende Bereinigungsquote bekanntlich<br />

über 90 Prozent.)<br />

Trotz solcher Schwierigkeiten <strong>ist</strong> in Form von Einzellieferungen eine Reihe von Beiträgen<br />

veröffentlicht worden:<br />

o Als Basisinformationen eine Darstellung der Organisationsstruktur <strong>des</strong> MfS im Jahre 1989<br />

bis auf Referatsebene; 23 und eine zusammenfassende Veröffentlichung der wichtigsten innerdienstlichen<br />

Bestimmungen der Staatssicherheit 24 .<br />

o Kurzbiographien <strong>des</strong> Leitungspersonals von 1950 bis 1989, vor allem auf Basis seiner<br />

Kaderakten. 25 Sie wurden ergänzt durch die Schilderung <strong>des</strong> Werdegangs der drei Leiter<br />

20 Um das mit einem Beispiel zu verdeutlichen: In der erwähnten regionalgeschichtlichen Arbeit von Best<br />

und Mestrup (Anm. 3) findet sich zwar auch ein kurzes Kapitel über die Staatssicherheit (S. 285–289),<br />

das aber bezogen auf die Gesamtanalyse additiven Charakter hat, während etwa die Frage, welchen Einfluss<br />

Stasi-Funktionäre auf die – ausführlich geschilderte – »Kaderpolitik« der SED-Funktionäre genommen<br />

haben, gar <strong>nicht</strong> gestellt wird. Da die Ursache für Kaderveränderungen oft Fehlverhalten der Funktionäre<br />

war, <strong>ist</strong> es jedoch mehr als nahe liegend zu fragen, durch welche Institution bzw. welche Kanäle die<br />

übergeordnete Parteiinstanz davon jeweils erfahren hat.<br />

21 In dem Beitrag von Klaus-Dietmar Henke, in: Ders. (Hg.): »Wann bricht schon mal ein Staat zusammen!«<br />

Die Debatte über die Stasi-Akten und die DDR-Geschichte auf dem 39.H<strong>ist</strong>orikertag 1992. München<br />

1993, S. 94.<br />

22 S.o. Anm. 2.<br />

23 Die Organisationsstruktur <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums für Staatssicherheit 1989, bearbeitet von Roland Wiedmann<br />

(MfS-Handbuch, V/1). Berlin 1995.<br />

24 Roger Engelmann, Frank Joestel: Grundsatzdokumente <strong>des</strong> MfS 1989 (MfS-Handbuch, V/5). Berlin<br />

2004.<br />

25 Jens Gieseke (Hg.): Wer war wer im Min<strong>ist</strong>erium für Staatssicherheit. Kurzbiographien <strong>des</strong> MfS-<br />

Leitungspersonals 1950 bis 1989 (MfS-Handbuch, V/4). Berlin 1995; auch auf der Website der <strong>BStU</strong>:<br />

http://www.bstu.de/mfs/werwar/index.htm.


der Staatssicherheit – Zaisser, Wollweber und Mielke – in längeren Beiträgen zu einer<br />

einschlägigen Veröffentlichung, die von BF-Mitarbeitern erarbeitet worden sind. 26<br />

o Institutionengeschichtliche Darstellungen wichtiger Diensteinheiten <strong>des</strong> MfS, 27 die vor<br />

allem für die Interpretation der jeweils von ihnen produzierten Akten nützlich sind, aber<br />

auch wesentliche Aspekte der DDR-Geschichte erhellen; genannt seien beispielhaft die<br />

Bekämpfung der Flucht- und Ausreisebewegung (zuständig: Zentrale Koordinierungsgruppe)<br />

und die Überwachung der Wirtschaft durch das MfS (zuständig: Hauptabteilung<br />

XVIII).<br />

o Eine kurze Darstellung der Entwicklung <strong>des</strong> hauptamtlichen Mitarbeiterstammes, in der<br />

erstmals exakte Zahlen für den gesamten Zeitraum der Ex<strong>ist</strong>enz dieses Min<strong>ist</strong>eriums und<br />

seine einzelnen Organisationseinheiten vorgelegt wurden. 28 Später folgte eine umfangreiche<br />

sozialgeschichtliche Monographie zu den »Hauptamtlichen« (dazu s.u.).<br />

Die Bereitstellung von institutionengeschichtlichen Grundinformationen erschöpft sich keineswegs<br />

in den Einzellieferungen <strong>des</strong> »Handbuchs«, sondern erfolgte vielfach – gerade bei<br />

umfangreicheren Arbeiten – in Form von Einzelveröffentlichungen.<br />

• Die Mitarbeiter <strong>des</strong> MfS<br />

Neben den Strukturen sind selbstverständlich die hauptamtlichen und die inoffiziellen Mitarbeiter<br />

<strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums für Staatssicherheit von vorrangiger Bedeutung. Die MfS-Kader gehörten<br />

zu den »Eliten« <strong>des</strong> SED-Staates, in den letzten Jahren bevorzugte Objekte der Zeitgeschichtsforschung.<br />

29 Die Frage, welche spezifischen Prägungen sie durch den geheimpolizeilichen<br />

Apparat erfahren hatten und welche »tschek<strong>ist</strong>ische« Generationenfolge es gegeben<br />

hatte, musste von besonderem Interesse sein:<br />

o Die hauptamtlichen Mitarbeiter<br />

In einer umfangreichen Monographie hat Jens Gieseke »Personalstruktur und Lebenswelt«<br />

der hauptamtlichen Mitarbeiter analysiert. 30 Die Untersuchung reicht vom Aufbau der DDR-<br />

Staatssicherheit als stalin<strong>ist</strong>ische Geheimpolizei, der Entwicklung zur sicherheitspolitischen<br />

Universalinstanz mit einem geradezu exponentiellen Wachstum ihres Mitarbeiterbestan<strong>des</strong><br />

seit Mitte der 60er Jahre bis hin zur schleichenden Legitimationskrise der achtziger Jahre, die<br />

26<br />

Von Helmut Müller-Enbergs (zu Wilhelm Zaisser), Roger Engelmann (zu Ernst Wollweber) und Jens<br />

Gieseke (zu Erich Mielke), in Krüger und Wagner (Hg.): Konspiration als Beruf (Anm. 16).<br />

27<br />

Johannes Beleites: Abteilung XIV: Haftvollzug (MfS-Handbuch, III/9). Berlin 2004; Reinhard<br />

Buthmann: Die Objektdienststellen <strong>des</strong> MfS (MfS-Handbuch, II/3). Berlin 1999; Reinhard Buthmann:<br />

Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung (AG BKK) (MfS-Handbuch, III/11). Berlin 2004;<br />

Bernd Eisenfeld: Die Zentrale Koordinierungsgruppe: Bekämpfung von Flucht und Übersiedlung (MfS-<br />

Handbuch, III/17). Berlin 1995; Günter Förster: Die Jur<strong>ist</strong>ische Hochschule <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums für Staatssicherheit<br />

(MfS-Handbuch, III/6). Berlin 1996; Maria Haendcke-Hoppe-Arndt: Die Hauptabteilung<br />

XVIII: Volkswirtschaft (MfS-Handbuch, III/10). Berlin 1997; Hubertus Knabe: Die Rechtsstelle <strong>des</strong> MfS<br />

(MfS-Handbuch, III/4). Berlin 1999; Hanna Labrenz-Weiß: Die Hauptabteilung II: Spionageabwehr<br />

(MfS-Handbuch, III/7). Berlin 1998; Silke Schumann: Die Parteiorganisation der SED im MfS (MfS-<br />

Handbuch, III/20). Berlin 1998; Tobias Wunschik: Hauptabteilung XXII: »Terrorabwehr« (MfS-<br />

Handbuch, III/16). Berlin 1995.<br />

28<br />

Jens Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums für Staatssicherheit (MfS-Handbuch,<br />

IV/1). Berlin 1995.<br />

29<br />

Vgl. als Überblick Frank Ettrich, Richard Utz: Zwischen »Prominenz« und »Nomenklatura«. Überlegungen<br />

zu neuerer Eliten-Literatur. In: Berliner Journal für Soziologie, 12 (2002) 3, S. 389–403; Peter Hübner<br />

(Hg.): Eliten im Sozialismus. Beiträge zur Sozialgeschichte der DDR (Zeith<strong>ist</strong>orische Studien, 15),<br />

Köln et al. 1999; dazu kritisch Gieseke: Die Einheit von Wirtschafts-, Sozial- und Sicherheitspolitik<br />

(Anm. 7), S, 1004–1010.<br />

30<br />

Jens Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit. Personalstruktur und Lebenswelt 1950<br />

– 1989/90 (Analysen und Dokumente, 20). Berlin 2000. Die Arbeit wurde an der Universität Potsdam als<br />

Dissertation angenommen.<br />

7


8<br />

schließlich zu Entmachtung und Zusammenbruch führte. Die Mitarbeiter <strong>des</strong> MfS waren zu<br />

einer der wichtigsten Interessengruppen in der sozial<strong>ist</strong>ischen Dienstklasse geworden. Ihre<br />

Lebenswelt war geprägt durch eine Mischung aus militarisierter Disziplinarkontrolle und elitärer<br />

Geheimpoliz<strong>ist</strong>enmentalität. In der Studie werden zunächst die biografischen Prägungen<br />

der altkommun<strong>ist</strong>ischen Gründerväter und der in den fünfziger Jahren einströmenden jungen<br />

Kader analysiert. Es folgt eine systematische Auswertung von Daten der Sozialstat<strong>ist</strong>ik, zu<br />

politischen und konfessionellen Bindungen, disziplinarischen Verstößen und Personalfluktuation.<br />

Im stat<strong>ist</strong>ischen Anhang wird die Personalentwicklung <strong>des</strong> MfS detailliert dokumentiert.<br />

Verglichen mit anderen Teilen der sozial<strong>ist</strong>ischen Dienstklasse war eine wesentliche Besonderheit<br />

<strong>des</strong> Mitarbeiterbestan<strong>des</strong> der Staatssicherheit, dass (<strong>nicht</strong> zuletzt durch den Druck der<br />

sowjetischen »Berater«) als Auswahlkriterium absolute Priorität (vermeintliche) politische<br />

Verlässlichkeit hatte. Bei der Personalauswahl spielte in den Gründungsjahren fachliche Qualifikation<br />

fast keine Rolle. Auch wenn in späteren Jahren versucht wurde, dieses Defizit durch<br />

ein breites internes Qualifikationswesen und die Vergabe stasiinterner akademischer Titel zu<br />

kompensieren, wurde es doch eher durch quantitatives Wachstum ausgeglichen. Das hinderte<br />

die Mitarbeiter allerdings <strong>nicht</strong> daran, sich innerhalb <strong>des</strong> Sicherheitsapparates als Elite in der<br />

Elite zu fühlen – Resultat der Funktion <strong>des</strong> MfS als Überwachungsorgan gerade auch gegenüber<br />

den anderen Teilen <strong>des</strong> Staatsapparates.<br />

o Die inoffiziellen Mitarbeiter<br />

Mehr noch als den hauptamtlichen Mitarbeitern wurde, vor allem in der ersten Hälfte der 90er<br />

Jahre, den inoffiziellen Stasi-Mitarbeitern öffentliche Aufmerksamkeit zuteil. Spektakuläre<br />

»IM-Enthüllungen« spielten dabei ebenso eine Rolle wie die Entdeckung, in welch hohem<br />

Maße die Staatssicherheit die Gesellschaft der DDR durchdrungen hatte. Die Abteilung BF<br />

hat <strong>des</strong>halb von Beginn an diese Thematik als einen Schwerpunkt ihrer Arbeit betrachtet. Eine<br />

Stat<strong>ist</strong>ik <strong>des</strong> Bestan<strong>des</strong> an inoffiziellen Mitarbeitern in der zweiten Hälfte der 80er Jahre wurde<br />

relativ früh veröffentlicht. 31 In zwei umfangreichen Bänden wurden die Dienstanweisungen,<br />

Richtlinien usw. zur Anleitung der inoffiziellen Mitarbeiter <strong>des</strong> MfS in der DDR 32 und<br />

im westlichen Ausland 33 dokumentiert. Die Einleitungen zu beiden Bänden von Helmut Müller-Enbergs<br />

haben den Umfang einer mittleren Monographie, fassen den Kenntnisstand zu<br />

den »IM« zusammen und haben ihn zugleich erheblich erweitert. Obwohl die Dokumente<br />

ausgesprochen schwer lesbar sind, war das Interesse an diesen Veröffentlichungen groß, denn<br />

damit wurden jene Informationen bereit gestellt, die für die Überprüfungstätigkeit einschlägiger<br />

Kommissionen und die mit solchen Fällen befassten Gerichte unentbehrlich sind.<br />

Der Frage, welche Motive Menschen dazu gebracht hat, sich als inoffizielle Mitarbeiter von<br />

der Staatssicherheit verwenden zu lassen, <strong>ist</strong> der gleiche Autor, Helmut Müller-Enbergs, in<br />

einem Aufsatz 34 nachgegangen und als fachkundiger Berater eines einschlägigen Forschungsprojektes<br />

<strong>des</strong> Sigmund-Freud-Instituts. 35 Tiefeninterviews mit ehemaligen IM, deren Ergebnisse<br />

mit den Schilderungen in den Stasi-Akten verglichen wurde, machten deutlich, dass<br />

neben den bekannten Motiven wie politischer Überzeugung von der Richtigkeit dieser Art<br />

31 Helmut Müller-Enbergs: IM-Stat<strong>ist</strong>ik 1985–1989 (<strong>BStU</strong>, BF informiert 3/1993). Berlin 1993.<br />

32 Helmut Müller-Enbergs (Hg.): Inoffizielle Mitarbeiter <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums für Staatssicherheit. Richtlinien<br />

und Durchführungsbestimmungen (Wissenschaftliche Reihe, 3), 2., durchges. Auflage, Berlin 1996.<br />

33 Helmut Müller-Enbergs (Hg.): Inoffizielle Mitarbeiter <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums für Staatssicherheit. Teil 2: Anleitungen<br />

für die Arbeit mit Agenten, Kundschaftern und Spionen in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland<br />

(Wissenschaftliche Reihe, 10), 2. Auflage, Berlin 1998.<br />

34 Helmut Müller-Enbergs: Warum wird einer IM? Zur Motivation bei der inoffiziellen Zusammenarbeit mit<br />

dem Staatssicherheitsdienst. In: Klaus Behnke, Jürgen Fuchs (Hg.): Zersetzung der Seele. Psychologie<br />

und Psychiatrie im Dienste der Stasi. Hamburg 1995, S. 102–129.<br />

35 Ingrid Kerz-Rühling, Tomas Plänkers: Verräter oder Verführte. Eine psychoanalytische Untersuchung<br />

Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi. Berlin 2004. Die Untersuchung fand, bei dieser Methode fast unvermeidlich,<br />

auf relativ schmaler quantitativer Basis statt.


Tätigkeit, der Hoffnung auf persönliche Vorteile und Abenteuerlust bei manchen die Unfähigkeit<br />

ein wesentlicher Grund war, an einem Wendepunkt ihres Lebens »Nein« zu sagen. 36<br />

Wie viele sich einer solchen Zumutung tatsächlich verweigert haben, <strong>ist</strong> aus den Quellen<br />

kaum zu entnehmen. Auf Gründe und Methoden solcher Äußerungen von Zivilcourage lassen<br />

sie dagegen durchaus Schlüsse zu. 37<br />

• Weitere organisationsgeschichtliche Einzelveröffentlichungen<br />

Der Kategorie »Veröffentlichung von Grundsatzdokumenten« zuzurechnen <strong>ist</strong> eine Art Enzyklopädie<br />

der Stasi-Sprache:<br />

o »Das Wörterbuch der Staatssicherheit« 38 wurde ursprünglich von der »Jur<strong>ist</strong>ischen Hochschule«<br />

<strong>des</strong> MfS in Kooperation mit den »operativen Diensteinheiten« von Ende der 60er<br />

bis Mitte der 80er Jahre (als Loseblatt-Sammlung) erarbeitet, um die Semantik der internen<br />

Stasi-Sprache festzulegen. Heute gewährt es Einblick in die verordneten Denkmuster<br />

der Stasi-Angehörigen und es hat auch schon als Basis für sprachkritische Untersuchungen<br />

gedient. 39<br />

Die erwähnte Stasi-Hochschule (JHS) diente sowohl der Weiterbildung wie auch der – irreführend<br />

als »Wissenschaft« bezeichneten – Verallgemeinerung und Systematisierung geheimpolizeilicher<br />

Erfahrungen und Fertigkeiten. Grund genug, um sich mit ihr intensiver auseinander<br />

zu setzen, konnte doch so der Einstieg in den »Erfahrungsschatz« der Stasi erleichtert<br />

und das Niveau geheimpolizeilicher Reflexion besser bestimmt werden. Mehrere Veröffentlichungen<br />

sind in diesem Zusammenhang zu nennen:<br />

o Eine <strong>Institutionengeschichte</strong> der Hochschule von Günter Förster, verbunden mit einer Bibliographie<br />

der dort gefertigten Dissertationen, später ergänzt um eine Bibliographie der an<br />

der JHS verfassten Diplomarbeiten und Forschungsarbeiten. 40<br />

o Den »Promovenden« an dieser »Hochschule« war eine kleine Studie gewidmet, die vor<br />

allem zeigte, dass auch in diesem Milieu der Drang, sich mit akademischen Titeln zu<br />

schmücken, weit verbreitet war. 41<br />

o Als (wie noch in jüngerer Zeit vermutet worden <strong>ist</strong> 42 ) diabolisches Machtinstrument besonders<br />

geheimnisumwittert war die an der JHS gelehrte »operative Psychologie«. Im Zu-<br />

36 Noch immer sehr erhellend bei der Frage nach der Motivation sind zwei Veröffentlichungen vom Anfang<br />

der 90er Jahre. Irena Kukutz, Katja Havemann: Geschützte Quelle. Gespräche mit Monika H. alias Karin<br />

Lenz. Berlin 1990; Lienhard Wawrzyn: Der Blaue. Das Spitzelsystem der DDR, Berlin 1991.<br />

37 Vgl. Helmut Müller-Enbergs: Zur Kunst der Verweigerung – Warum Bürger <strong>nicht</strong> mit dem Min<strong>ist</strong>erium<br />

für Staatssicherheit kooperieren wollten. In: Ingrid Kerz-Rühling, Tomas Plänkers (Hg.): Sozial<strong>ist</strong>ische<br />

Diktatur und psychische Folgen. Psychoanalytisch-psychologische Untersuchungen (Psychoanalytische<br />

Beiträge aus dem Sigmund-Freud-Institut, 4). Tübingen 2000, S. 165–195.<br />

38 Siegfried Suckut (Hg.): Wörterbuch der Staatssicherheit. Definitionen zur »politisch-operativen Arbeit«<br />

(Wissenschaftliche Reihe, 5), 2., durchges. Auflage, Berlin 1996.<br />

39 Vgl. etwa Chr<strong>ist</strong>ian Bergmann: Die Sprache der Stasi. Ein Beitrag zur Sprachkritik. Göttingen 1999.<br />

40 Günter Förster: Die Dissertationen an der »Jur<strong>ist</strong>ischen Hochschule« <strong>des</strong> MfS. Eine annotierte Bibliographie<br />

(<strong>BStU</strong>, Dokumente Reihe A). Berlin 1994; Ders.: Bibliographie der Diplomarbeiten und Abschlußarbeiten<br />

an der Hochschule <strong>des</strong> MfS (Dokumente Reihe A). Berlin 1998.<br />

41 Jens Gieseke: Doktoren der Tschek<strong>ist</strong>ik. Promovenden der »Jur<strong>ist</strong>ischen Hochschule” <strong>des</strong> MfS (<strong>BStU</strong>, BF<br />

informiert 1994/6). Berlin 1994. Dieser Aspekt wurde in der Dissertation eines ehemaligen BF-<br />

Mitarbeiters vertieft; Günter Förster: Die Jur<strong>ist</strong>ische Hochschule <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums für Staatssicherheit.<br />

Die Sozialstruktur ihrer Promovenden (Studien zur DDR-Gesellschaft, 6). Münster 2001.<br />

42 Sandra Pingel-Schliemann: Zersetzen – Strategie einer Diktatur. Eine Studie (Schriftenreihe <strong>des</strong> Robert-<br />

Havemann-Archivs, 8). Berlin 2002, S. 201–213. Vgl. zu dieser vor allem in der späten DDR verwendeten<br />

geheimpolizeilichen Technik und die Auseinandersetzungen um ihre Bedeutung den Überblicksartikel<br />

von Jens Gieseke: »Zersetzung« – Interpretationen und Kontroversen der Stasi-H<strong>ist</strong>oriographie am Beispiel<br />

einer geheimpolizeilichen Methode. In: Agnes Bensussan, Dorota Dakowska, Nicolas Beaupré<br />

(Hg.): Die Überlieferung der Diktaturen. Beiträge zum Umgang mit Archiven der Geheimpolizeien in Polen<br />

und Deutschland nach 1989. Essen 2004, S. 149–172.<br />

9


10<br />

ge eines BF-Forschungsprojektes, das diesen Aspekt am Rande streifte, war bereits Ende<br />

der 90er Jahre einleuchtend dargelegt worden, dass es sich dabei um aufgeblasenen Dilletantismus<br />

auf dem Niveau geheimpolizeilicher Ratgeber-Literatur handelte. Dafür sprach<br />

schon die Geschichte der Institutionalisierung dieses Faches an der Hochschule mit einem<br />

(im Stasi-Kontext etwas skurrilen) Autodidakten als »Gründervater«. 43<br />

Eher der Wirkungsgeschichte zuzurechnen, und damit ein eigenes Thema, <strong>ist</strong> die »Westarbeit«<br />

<strong>des</strong> MfS. Aus institutionengeschichtlicher Sicht <strong>ist</strong>, neben dem voluminösen Band über<br />

die inoffiziellen Mitarbeiter im »Operationsgebiet«, 44 auf eine Veröffentlichung hinzuweisen,<br />

in der Mitarbeiter der Abteilung BF und <strong>des</strong> Archivs gemeinsam herausgearbeitet haben, welche<br />

Diensteinheiten <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums, neben der in diesen Fragen federführenden Hauptverwaltung<br />

A, an Spionageaktivitäten in der Bun<strong>des</strong>republik beteiligt waren. 45 Ebenfalls in diesem<br />

Zusammenhang zu erwähnen, <strong>ist</strong> der Sammelband zu der BF-Tagung im Jahr 2001 über<br />

»Die Stasi im Westen«, in der in einzelnen Beiträgen die institutionelle Basis solcher Aktivitäten<br />

untersucht wird. 46<br />

• Das MfS als Teil <strong>des</strong> Sicherheitsgefüges<br />

Das Min<strong>ist</strong>erium für Staatssicherheit war Teil <strong>des</strong> Sicherheitsapparates der DDR. Einen Überblick<br />

dazu verschafft das vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt herausgegebene »Handbuch<br />

der bewaffneten Organe«, zu dem der Beitrag über die Staatssicherheit von einem BF-<br />

Mitarbeiter geschrieben worden <strong>ist</strong>. 47 Ob, inwieweit und wann das MfS in diesem Sicherheitsgefüge<br />

privilegiert war, <strong>ist</strong> umstritten. 48 Schon der Umstand, dass eigene Hauptabteilungen<br />

im Min<strong>ist</strong>erium für die Überwachung der Nationalen Volksarmee (HA I) und <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums<br />

<strong>des</strong> Innern (HA VII) zuständig waren, spricht für eine asymmetrische Kooperationsstruktur.<br />

Die wichtigsten »Partner <strong>des</strong> operativen Zusammenwirkens« der Staatssicherheit<br />

waren Volkspolizei und Justiz. Zur Geschichte der Volkspolizei in den ersten zwei Jahrzehnten<br />

der DDR liegt inzwischen eine umfangreiche Monographie eines Mitarbeiters <strong>des</strong> Zentrums<br />

für Zeith<strong>ist</strong>orische Forschung Potsdam vor, in der auch die Beziehungen zur Staatssicherheit<br />

thematisiert werden. 49 Von BF-Mitarbeitern sind dazu einige kleinere Arbeiten veröf-<br />

43 Sonja Süß: Politisch mißbraucht? Psychiatrie und Staatssicherheit in der DDR (Wissenschaftliche Reihe,<br />

14). Berlin 1998, S. 673–688. Eine dem Thema gewidmete Dissertation an der TU Dresden im Fach Psychologie<br />

hat diese Einschätzung bestätigt; vgl. Holger Richter: Die Operative Psychologie <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums<br />

für Staatssicherheit der DDR. Frankfurt a. M. 2001.<br />

44 Müller-Enbergs: Inoffizielle Mitarbeiter <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums für Staatssicherheit. Teil 2 (Anm. 33).Die Arbeit<br />

enthält einen ausführlichen Organisationsüberblick zur HV A (S. 192–278).<br />

45 Hubertus Knabe u.M.v. Bernd Eisenfeld, Jochen Hecht, Hanna Labrenz-Weiß, Andreas Schmidt, Birgit<br />

Sündram, Monika Tantzscher, Tobias Wunschik und Herbert Ziehm: West-Arbeit <strong>des</strong> MfS. Das Zusammenspiel<br />

von »Aufklärung« und »Abwehr« (Wissenschaftliche Reihe, 18), 2. Auflage, Berlin 1999.<br />

46 Georg Herbstritt, Helmut Müller-Enbergs (Hg.): Das Gesicht dem Westen zu ... DDR-Spionage gegen die<br />

Bun<strong>des</strong>republik Deutschland (Wissenschaftliche Reihe, 23), Berlin 2003. Zu erwähnen sind in diesem<br />

Zusammenhang die Beiträge von Helmut Müller-Enbergs (Geschichte der HV A), Stephan Konopatzky<br />

(SIRA-Datenbanken) und Reinhard Buthmann (Technologietransfer).<br />

47 Jens Gieseke: Das Min<strong>ist</strong>erium für Staatssicherheit (1950–1990). In: Im Dienste der Partei. Handbuch der<br />

bewaffneten Organe der DDR, im Auftrag <strong>des</strong> Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hg. von Torsten<br />

Diedrich, Hans Ehlert und Rüdiger Wenzke, Berlin 1998, S. 371–422.<br />

48 Vgl. die Kontroverse zwischen Jens Gieseke und Armin Wagner (ehem. MGFA); Gieseke: Die Einheit<br />

von Wirtschafts-, Sozial- und Sicherheitspolitik (Anm. 7); Armin Wagner: Auf der Suche nach der »sichersten<br />

DDR der Welt«. Take Off der Staatssicherheit oder Lift Off der Militarisierung im SED-Staat?<br />

In: Deutschland-Archiv, 37 (2004) 2, S. 290–297; Jens Gieseke: Innere und äußere Sicherheit in der Institutionenkonkurrenz<br />

<strong>des</strong> Poststalinismus der sechziger Jahre. Replik auf Armin Wagner. In: ebd., S.297–<br />

303.<br />

49 Thomas Lindenberger: Volkspolizei. Herrschaftspraxis und öffentliche Ordnung im SED-Staat 1952–<br />

1968. Köln et al. 2003; zum Verhältnis von Polizeiforschung und »Stasi-Forschung«. Ders.: Öffentliche<br />

und geheime Polizei: Anmerkungen zu den Quellen der Herrschaftsgeschichte <strong>des</strong> SED-Staates. Ge-


fentlicht worden, 50 ebenso zu dem – dem Min<strong>ist</strong>erium <strong>des</strong> Innern unterstehenden – Strafvollzug.<br />

51 Ein einschlägiger Handbuch-Beitrag zur Hauptabteilung VII <strong>ist</strong> in Vorbereitung.<br />

Zur Erfüllung seiner Funktion repressiver Herrschaftssicherung war das MfS – fast mehr noch<br />

als auf die Volkspolizei – auf enge Zusammenarbeit mit dem Justizapparat angewiesen. Die<br />

politische Justiz bildete <strong>des</strong>halb schon in den ersten Jahren einen Schwerpunkt der Abteilung<br />

BF. Im Jahr 1997 war die »Justiz im Dienste der Parteiherrschaft« das Thema einer BF-Tagung.<br />

Die Veröffentlichung der Referate bot breitgefächerte und empirisch gesicherte Forschungsergebnisse,<br />

die sich vom Wirken der sowjetischen Militärtribunale in der Frühzeit der<br />

SBZ (Klaus-Dieter Müller) und dem Aufbau eines eigenen Justizwesens in der SBZ/DDR<br />

(Hermann Wentker; Jutta Braun) bis hin zur Spätphase der Ära Honecker (Johannes Raschka;<br />

Annette Weinke) erstrecken. 52 Neben Überblicksdarstellungen zum Verhältnis von MfS und<br />

politischer Strafjustiz (Roger Engelmann; Siegfried Suckut; Clemens Vollnhals) enthielt der<br />

Band Beiträge zu dahin kaum erforschten Spezialthemen. Dazu gehören Aufsätze zum Phänomen<br />

von Widerstand und Opposition in der Justiz der fünfziger Jahre (Karl Wilhelm Fricke),<br />

zur Rolle <strong>des</strong> MfS hinsichtlich Strafverfolgung und Strafvereitelung bei NS-Verbrechen<br />

(Henry Leide), zur Praxis von Untersuchungshaft (Johannes Beleites) und Strafvollzug (Tobias<br />

Wunschik) und zur Stellung der Strafverteidiger unter den von SED und Staatssicherheit<br />

gesetzten Bedingungen (Bernd Eisenfeld).<br />

Die DDR-Justiz war und <strong>ist</strong> auch Gegenstand verschiedener Forschungsprojekte von anderen<br />

Trägern, wobei – soweit die politische Justiz im Mittelpunkt steht – das Zusammenwirken mit<br />

dem MfS fast zwangsläufig thematisiert wird. Zu erwähnen sind etwa die vom Bun<strong>des</strong>min<strong>ist</strong>erium<br />

der Justiz organisierte Ausstellung über die DDR-Justiz, 53 die Enquetekommission <strong>des</strong><br />

Deutschen Bun<strong>des</strong>tages, die mit Zeitzeugenanhörungen und Fachgutachten einen entsprechenden<br />

Schwerpunkt gesetzt hat, 54 die Untersuchung »Opfer von SED-Unrecht« <strong>des</strong> Max-<br />

Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht 55 und die noch laufenden<br />

Arbeiten zur strafrechtlichen Aufarbeitung von DDR-Unrecht an der Humboldt-Universität zu<br />

schichte der Politik – Politiken der H<strong>ist</strong>oriographie: Die umstrittene DDR-Vergangenheit. In: Bensussan,<br />

Dakowska, Beaupre (Hg.): Die Überlieferung der Diktaturen (Anm. 42), S. 173–193.<br />

50 Jens Gieseke: Volkspolizei und Staatssicherheit – zum inneren Sicherheitsapparat der DDR. In: Hans-<br />

Jürgen Lange (Hg.): Die Polizei der Gesellschaft. Zur Soziologie der Inneren Sicherheit, Opladen 2003,<br />

S. 93–120; vgl. als Fallstudien Georg Herbstritt: Das Verhältnis von Volkspolizei und Min<strong>ist</strong>erium für<br />

Staatssicherheit, dargestellt am Beispiel <strong>des</strong> Kampfes gegen die evangelische Lan<strong>des</strong>kirche Mecklenburgs.<br />

In: Die Lageberichte der Deutschen Volkspolizei im Herbst 1989. Eine Chronik der Wende im Bezirk<br />

Neubrandenburg, hg. vom LStU Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 1998, S. 235–287; Ders.:<br />

Volkspolizei und Staatssicherheit. »Operatives Zusammenwirken« gegen die evangelische Kirche in<br />

Mecklenburg. In: Deutschland Archiv 31 (1998) 6, S. 961–975; Ders.: Die Deutsche Volkspolizei als Geheimpolizei?<br />

In: Damian van Melis (Hg.): Sozialismus auf dem platten Land. Tradition und Transformation<br />

in Mecklenburg-Vorpommern von 1945 bis 1952. Schwerin 1999, S. 389–414.<br />

51 Von zahlreichen einschlägigen Veröffentlichungen von Tobias Wunschik sei hier nur genannt: Die Strafvollzugspolitik<br />

<strong>des</strong> SED-Regimes und die Behandlung der Häftlinge in den Gefängnissen der DDR. In:<br />

Heiner Timmermann (Hg.): Deutsche Fragen. Von der Teilung zur Einheit. Berlin 2001, S. 257–284.<br />

52 Roger Engelmann, Clemens Vollnhals (Hg.): Justiz im Dienste der Parteiherrschaft. Rechtspraxis und<br />

Staatssicherheit in der DDR (Wissenschaftliche Reihe, 16), Berlin 1999.<br />

53 Im Namen <strong>des</strong> Volkes? Über die Justiz im Staat der DDR. Wissenschaftlicher Begleitband zur Ausstellung,<br />

hg. vom Bun<strong>des</strong>min<strong>ist</strong>erium der Justiz, Leipzig 1994. Den Beitrag über »Die Staatssicherheit und<br />

die Justiz« verfasste der damalige BF-Mitarbeiter Herbert Reinke.<br />

54 Band IV der Materialien der Enquete-Kommission <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages (12. Wahlperiode) »Aufarbeitung<br />

von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland«, Baden-Baden 1995, <strong>ist</strong> dem<br />

Komplex »Recht, Justiz und Polizei im SED-Staat« gewidmet.<br />

55 Ulrich Baumann, Helmut Kury (Hg.): Politisch motivierte Verfolgung. Opfer von SED-Unrecht (Kriminologische<br />

Forschungsberichte aus dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht,<br />

84), Freiburg 1998. Aus der Abteilung BF wirkten an diesem Band Bernd Eisenfeld, Hubertus<br />

Knabe und Ehrhart Neubert mit.<br />

11


12<br />

Berlin. 56 Die Geschichte der politischen Justiz <strong>ist</strong> inzwischen, vor allem durch die Gesamtdarstellungen<br />

von Wentker, Werkentin und Raschka 57 und die regionalgeschichtlichen Arbeiten<br />

von Pohl und Weber 58 recht gut erforscht. In den Publikationsreihen <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>beauftragten<br />

für die Stasi-Unterlagen gibt es zudem eine Vielzahl von Schilderungen der Schicksale von<br />

Opfern politischer Justiz. Angesichts dieser Situation <strong>ist</strong> die politische Justiz kein Arbeitsschwerpunkt<br />

der Abteilung BF mehr. Einige Arbeiten, bei denen ein unmittelbarer Bezug<br />

zwischen Staatssicherheit und Justiz thematisiert wird, sind erfolgreich abgeschlossen worden.<br />

59<br />

• Die Staatssicherheit in der finalen Krise <strong>des</strong> Systems<br />

Das Ende <strong>des</strong> kommun<strong>ist</strong>ischen Systems kam für die me<strong>ist</strong>en Beobachter einigermaßen überraschend.<br />

60 Dabei <strong>ist</strong> der kampflose Abgang der Angehörigen jener Institution besonders erklärungsbedürftig,<br />

die sich »tschek<strong>ist</strong>ischer« Traditionen rühmten und deren Aufgabe es gewesen<br />

wäre, »die Feinde <strong>des</strong> Sozialismus auch unter Einsatz [<strong>des</strong> eigenen] Lebens zu bekämpfen<br />

und alle [...] gestellten Aufgaben zur Gewährle<strong>ist</strong>ung der staatlichen Sicherheit zu<br />

erfüllen« 61 . Zudem hatte sich die Staatssicherheit auch für Eventualfälle wie »konterrevolutionäre«<br />

Krisen durch eingehende »Mobilmachungsplanung« gewappnet geglaubt. 62 In den<br />

ersten Jahren nach dem Umbruch kursierten <strong>des</strong>halb Verschwörungstheorien, es habe sich bei<br />

der »Wende« um ein besonders geschicktes Stasi-Manöver gehandelt. Die Popularität solcher<br />

Vermutungen wäre zumin<strong>des</strong>t ein vorwissenschaftliches Motiv gewesen, dem nachzugehen.<br />

Vor allem aber <strong>ist</strong> für das Verständnis einer Institution ihr Ende, wenn es in einer solchen<br />

Form erfolgt, von hohem Interesse: weil es Aufschluss gibt über die Wechselwirkung von<br />

Gesellschaft und Sicherheitsapparat, über (anscheinend <strong>nicht</strong> mehr wirksame) Integrationsmechanismen,<br />

und weil unter dem quasi-militärischen Reglement sonst verborgene Spannun-<br />

56 Vgl. Klaus Marxen, Gerhard Werle (Hg.): Strafjustiz und DDR-Unrecht. Dokumentation. Berlin 2000 ff.<br />

57 Zur Entstehungsphase Hermann Wentker: Justiz in der SBZ/DDR 1945 – 1953. Transformation und Rolle<br />

ihrer zentralen Institutionen (Institut für Zeitgeschichte, Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte,<br />

51), München 2001; zur Ära Ulbricht Falco Werkentin: Politische Strafjustiz in der Ära Ulbricht. Vom<br />

bekennenden Terror zur verdeckten Repression, 2. Aufl., Berlin 1997; zu den 70er und 80er Jahren Johannes<br />

Raschka: Justizpolitik im SED-Staat. Anpassung und Wandel <strong>des</strong> Strafrechts während der Amtszeit<br />

Honeckers (Schriften <strong>des</strong> Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung, 13). Köln et al. 2000.<br />

58 Dieter Pohl: Justiz in Brandenburg 1945–1955. Gleichschaltung und Anpassung (Quellen und Darstellungen<br />

zur Zeitgeschichte, 50). München 2001; Petra Weber: Justiz und Diktatur. Justizverwaltung und politische<br />

Strafjustiz in Thüringen 1945–1961 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, 46). München<br />

2000.<br />

59 Frank Joestel: Die »Rechtspfleger« von der Sicherheit. Zur Rolle der MfS-Untersuchungsorgane bei der<br />

strafrechtlichen Verfolgung von widerständigem Verhalten in den späten achtziger Jahren. In: Recht und<br />

Rechtsprechung in der DDR?, hg. von der Gedenkstätte »Roter Ochse«, Halle 2002, S. 44–62; Ders.: Verdächtigt<br />

und beschuldigt. Stat<strong>ist</strong>ische Erhebungen zur MfS-Untersuchungstätigkeit 1971–1988. In: Engelmann<br />

und Vollnhals (Hg.): Justiz im Dienste der Parteiherrschaft (Anm. 52), S. 303–328; Frank<br />

Joestel (Hg.): Strafrechtliche Verfolgung politischer Gegner durch die Staatssicherheit im Jahre 1988. Der<br />

letzte Jahresbericht der MfS-Hauptabteilung Untersuchung (<strong>BStU</strong>, Reihe A), Berlin 2003; Clemens<br />

Vollnhals: Der Fall Havemann. Ein Lehrstück politischer Justiz (<strong>BStU</strong>, Analysen und Dokumente, 13).<br />

Berlin 1998.<br />

60 Den Zeitpunkt hat wohl keiner zutreffend vorausgesagt, aber dass sich das System in <strong>nicht</strong> mehr lösbare<br />

strukturelle und in ihrer Bedeutung zunehmende Widersprüche verstrickt hatte, die sein längerfr<strong>ist</strong>iges<br />

Fortbestehen unwahrscheinlich machten, hatten einzelne Analytiker durchaus erkannt. Vgl. etwa Dieter<br />

Senghaas: Sozialismus – eine Interpretation aus entwicklungsgeschichtlicher und entwicklungstheoretischer<br />

Perspektive, in: Ders.: Von Europa lernen. Entwicklungsgeschichtliche Betrachtungen. Frankfurt/M.<br />

1982, S. 277–320.<br />

61 Von MfS-Angehörigen bei ihrer Einstellung zu le<strong>ist</strong>ender Fahneneid; »Dienstlaufbahnordnung« <strong>des</strong> MfS<br />

vom 13.7.1972, Anlage 1; <strong>BStU</strong>, MfS, MfS-BdL/Dok 003211.<br />

62 Vgl. Thomas Auerbach u.M.v. Wolf-Dieter Sailer: Vorbereitung auf den Tag X. Die geplanten Isolierungslager<br />

<strong>des</strong> MfS (<strong>BStU</strong>, Reihe B 1/95). Berlin 1995.


gen und informelle Regelungsmechanismen nun im innerbürokratischen Konflikt sichtbar<br />

werden.<br />

Im Jahr 1994 wurde <strong>des</strong>halb beschlossen, das Ende der Staatssicherheit zum Thema zuerst<br />

eines kleineren Forschungsprojektes zu machen. Das Ergebnis 63 erwies sich als so vielversprechend,<br />

dass im folgenden Jahr ein größeres Vorhaben in Angriff genommen wurde: Eine<br />

Paralleluntersuchung <strong>des</strong> En<strong>des</strong> <strong>des</strong> Min<strong>ist</strong>eriums in Ost-Berlin und der bezirklichen Machtzentralen<br />

der Staatssicherheit in einigen Regionen. Zugleich wurde damit erstmals versucht,<br />

Forschungspotentiale in der Abteilung BF und in den Außenstellen der Behörde zu kombinieren.<br />

In den Regionalstudien standen das Verhältnis zwischen Staatssicherheit und SED und<br />

die Frage im Vordergrund, ob es Versuche gegeben hatte, die demokratische Revolution noch<br />

mit Mitteln der Gewalt zu unterdrücken. 64 Bei der Untersuchung <strong>des</strong> Stasi-Machtzentrums in<br />

Berlin bildete das Verhältnis zur SED selbstverständlich auch eine Untersuchungsachse. Darüber<br />

hinaus ging es zu einem wesentlichen Teil um den Prozess der De-Institutionalisierung<br />

<strong>des</strong> MfS unter dem wachsenden Einfluss der demokratischen Bürgerbewegung, der Mobilisierung<br />

der bisher »schweigenden Mehrheit«, und der Spaltung der politischen Führungselite. 65<br />

Das Projekt <strong>ist</strong> inzwischen abgeschlossen, fast: Derzeit wird eine ausführliche Dokumentation<br />

zur Wahrnehmung der Untergangskrise durch die Staatssicherheit als Website ins Netz gestellt,<br />

die dem Nutzer die Chance bietet, unterstützt durch erläuternde Hinweise, sich selbst<br />

eine Interpretation zu erarbeiten. 66 Außerdem wurde in einem längeren Aufsatz die Revolution<br />

von 1989 mit dem unterdrückten Aufstand im Jahr 1953 verglichen, wobei ideologische<br />

und institutionelle Gesichtspunkte wichtige Vergleichskriterien waren. 67<br />

• Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> MfS<br />

Das relativ frühe Vorhaben, eine Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> MfS vorzulegen, war vor allem<br />

dazu gedacht, die großen Linien abzustecken, die für die jeweiligen Entwicklungen und einzelnen<br />

Aktivitäten der Staatssicherheit den Rahmen bildeten. Erste Skizzen in dieser Richtung<br />

wurden, aus den Reihen der Abteilung BF, 68 in den 90er Jahren publiziert. 69 Inzwischen lie-<br />

63<br />

Walter Süß: Entmachtung und Verfall der Staatssicherheit. Ein Kapitel aus dem Spätherbst 1989 (<strong>BStU</strong>,<br />

BF informiert 5/94), Berlin 1994.<br />

64<br />

Vgl. Andreas Niemann, Walter Süß: »Gegen das Volk kann <strong>nicht</strong>s mehr entschieden werden«. MfS und<br />

SED im Bezirk Neubrandenburg 1989 (Die Entmachtung der Staatssicherheit in den Regionen, 1),<br />

(<strong>BStU</strong>, BF informiert 12/1996), 2. Auflage, Berlin 1997; Hans-Peter Löhn: »Unsere Nerven lagen allmählich<br />

blank«. MfS und SED im Bezirk Halle.(Die Entmachtung der Staatssicherheit in den Regionen, 2),<br />

(<strong>BStU</strong>, BF informiert 13/1996), 2. Auflage, Berlin 1997; Holger Horsch: »Hat <strong>nicht</strong> wenigstens die Stasi<br />

die Stimmung im Lande gekannt?« MfS und SED im Bezirk Karl-Marx-Stadt. (Die Entmachtung in den<br />

Regionen, 3), (<strong>BStU</strong>, BF informiert 19/1997), 2. Auflage, Berlin 1998; Volker Höffer: »Der Gegner hat<br />

Kraft«. MfS und SED im Bezirk Rostock. (Die Entmachtung der 'Staatssicherheit in den Regionen, 4),<br />

(<strong>BStU</strong>, BF informiert 20/1997), Berlin 1997; Eberhard Stein: »Sorgt dafür, daß sie die Mehrheit <strong>nicht</strong><br />

hinter sich kriegen!« MfS und SED im Bezirk Erfurt. (Die Entmachtung der Staatssicherheit in den Regionen,<br />

5), (<strong>BStU</strong>, BF informiert 22/1999), Berlin 1999; Tobias Hollitzer: »Wir leben jedenfalls von Montag<br />

zu Montag«. Zur Auflösung der Staatssicherheit in Leipzig. Erste Erkenntnisse und Schlußfolgerungen<br />

(<strong>BStU</strong>, Reihe B), 2., durchges. Auflage, Berlin 2000.<br />

65<br />

Walter Süß: Staatssicherheit am Ende. Warum es den Mächtigen <strong>nicht</strong> gelang, 1989 eine Revolution zu<br />

verhindern (Wissenschaftliche Reihe, 15), Berlin 1999.<br />

66<br />

»Die Stasi im Jahr 1989« (Wissenschaftliche Leitung: Walter Süß): http://www.bstu.de/mfs/kalender/<br />

1989/index.htm. Bisher sind die Monate Januar bis November 1989 freigeschaltet; die restlichen Monate<br />

folgen in den kommenden Wochen.<br />

67<br />

Walter Süß: Von der Ohnmacht <strong>des</strong> Volkes zur Resignation der Mächtigen. Der Aufstand von 1953 und<br />

die Revolution von 1989. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 52 (2004) 3, S. 441–477.<br />

68<br />

Es <strong>ist</strong> an dieser Stelle noch einmal daran zu erinnern, dass dazu von Karl Wilhelm Fricke eine ganze<br />

Reihe wertvoller und in den Grundzügen weiterhin tragfähiger Veröffentlichungen vorliegt.<br />

69<br />

Clemens Vollnhals: Das Min<strong>ist</strong>erium für Staatssicherheit. Ein Instrument totalitärer Herrschaftsausübung.<br />

In: Hartmut Kaelble, Jürgen Kocka, Hartmut Zwahr (Hg.): Sozialgeschichte der DDR. Stuttgart 1994, S.<br />

498–518; Walter Süß: Das Verhältnis von SED und Staatssicherheit. Eine Skizze seiner Entwicklung<br />

13


14<br />

gen zwei Arbeiten vor, beide von Jens Gieseke, die diese Funktion zu einem erheblichen Grad<br />

erfüllen: eine an Forschungskontroversen orientierte Geschichte <strong>des</strong> MfS (die in dem größten<br />

deutschen Sachbuchverlag erschienen <strong>ist</strong>) und – als gemeinsame Veröffentlichung mit der<br />

Bun<strong>des</strong>zentrale für politische Bildung – eine populärwissenschaftliche Darstellung seiner<br />

Entwicklung. 70 In ersterer Veröffentlichung wird etwa den Triebkräften der Expansion <strong>des</strong><br />

Staatssicherheitsapparates nachgegangen und es wird die Überwachungsdichte der Gesellschaft<br />

durch das MfS diskutiert.<br />

Stärker ins Detail gehende Beiträge zur Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> MfS sind zwei Veröffentlichung,<br />

an denen Roger Engelmann mitgewirkt hat: Gemeinsam mit Karl Wilhelm Fricke<br />

hat er die Politik der Staatssicherheit in der Ägide Wollweber nachgezeichnet, die (unter Anleitung<br />

sowjetischer Sicherheitsdienste) als Spätfolge <strong>des</strong> 17. Juni 1953 von einer besonders<br />

harten Repressionswelle gekennzeichnet war. 71 Das Ende der Amtszeit Wollwebers und der<br />

Übergang zu Mielke, der verbunden war mit einer Machtverlagerung von den sowjetischen<br />

»Beratern« zur SED-Spitze als bestimmender Faktor, war Thema der bereits erwähnten, gemeinsam<br />

mit Silke Schumann erarbeiteten Studie. 72<br />

• Offene Fragen<br />

In der Debatte, die unlängst über Stand und Defizite der Zeitgeschichtsforschung zur DDR<br />

entbrannt <strong>ist</strong>, kr<strong>ist</strong>allisierten sich einige <strong>nicht</strong> unbedingt neue, aber auf jeden Fall interessante<br />

Forschungsperspektiven heraus: die Entwicklung einer transnationalen Perspektive, die Frage<br />

nach den Grenzen der »Durchherrschung« der Gesellschaft, jene nach dem Verhältnis von<br />

Stabilität und Umbruch bzw. Revolution, und der Ansatz, die Geschichte der beiden deutschen<br />

Staaten als problemorientierte, asymmetrische Beziehungsgeschichte darzustellen. 73<br />

Zeitgeschichtliche Institutionenforschung zur Staatssicherheit, die <strong>nicht</strong> in einem engen Sinne<br />

organisationsgeschichtlich ansetzt, könnte zu allen diesen Aspekten etwas beitragen.<br />

Die osteuropäischen Geheimdienste waren (ebenso wie – mehr oder weniger – die herrschenden<br />

kommun<strong>ist</strong>ischen Parteien) in ihrem Selbstverständnis transnationale Gebilde. Gewiss<br />

kann man das auch als Rationalisierung der Unterwerfung unter die sowjetrussische Vormacht<br />

interpretieren, aber die Front verlief für sie in der Tat <strong>nicht</strong> entlang der Grenzen von Nationalstaaten,<br />

sondern von »Klassen« und von »Systemen«. Seinen Ausdruck fand das in der Frühphase<br />

in einem Lehrer-Schüler-Verhältnis, in späteren Jahren in enger Kooperation bei sowjetischer<br />

Dominanz. Gerade letzterer Aspekt <strong>ist</strong> bisher kaum erforscht – ein echtes Defizit, denn<br />

(<strong>BStU</strong>, BF informiert, 17), Berlin 1997; Gieseke: Das Min<strong>ist</strong>erium für Staatssicherheit (1950–1990)<br />

(Anm. 47), auch veröffentlicht als: Das Min<strong>ist</strong>erium für Staatssicherheit 1950 bis 1989/90. Ein kurzer h<strong>ist</strong>orischer<br />

Abriß (<strong>BStU</strong>, BF informiert, 21), Berlin 1998.<br />

70 Jens Gieseke: Mielke-Konzern. Die Geschichte der Stasi 1945–1990. Stuttgart, München 2001; Ders.<br />

u.M.v. Doris Hubert: Die DDR-Staatssicherheit. Schild und Schwert der Partei, hg. von der Bun<strong>des</strong>zentrale<br />

für politische Bildung, Bonn 2000; engl. The GDR State Security : Shield and Sword of the Party,<br />

Berlin 2002. Giesekes »Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit« (Anm. 7) kann ebenfalls als<br />

Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> MfS gelesen werden.<br />

71 Karl Wilhelm Fricke, Roger Engelmann: »Konzentrierte Schläge«. Staatssicherheitsaktionen und politische<br />

Prozesse in der DDR 1953–1956 (Wissenschaftliche Reihe, 11), Berlin 1998.<br />

72 Engelmann, Schumann: Der Ausbau <strong>des</strong> Überwachungsstaates (Anm. 16).<br />

73 Vgl. Jürgen Kocka: Bilanz und Perspektiven der DDR-Forschung (Hermann Weber zum 75. Geburtstag).<br />

In: Deutschland Archiv, 36 (2003) 5, S. 764–769; Henrik Bispink et al.: DDR-Forschung in der Krise?<br />

Defizite und Zukunftschancen – Eine Entgegnung auf Jürgen Kocka. In: Deutschland Archiv, 36 (2003)<br />

6, S. 1021–1026; Thomas Lindenberger und Martin Sabrow: Das Findelkind der Zeitgeschichte. Zwischen<br />

Verinselung und Europäisierung: Die Zukunft der DDR-Geschichte. In: Frankfurter Rundschau<br />

12.11.2003; Konrad H. Jarausch: »Die Teile als Ganzes erkennen«. Zur Integration der beiden deutschen<br />

Nachkriegsgeschichten. In: Zeith<strong>ist</strong>orische Forschungen / Studies in Contemporary H<strong>ist</strong>ory, 1 (2004) 1,<br />

S. 10–30.


es <strong>ist</strong> begründet zu vermuten, dass sich die Parteien der Geheimdienste zu politischen Zwecken<br />

bedienten und umgekehrt die Dienste ihre Politik beeinflusst haben. 74<br />

Hinsichtlich der Herrschaftsgeschichte der DDR <strong>ist</strong> in der Debatte zu Recht darauf hingewiesen<br />

worden, dass über die Entscheidungsprozesse in der Spitze von SED und Staatsapparat<br />

bisher nur Bruchstücke als bekannt gelten können. Das gilt auch für die Staatssicherheit, wobei<br />

hier für die 70er und 80er Jahre ein enormes Quellenproblem besteht: In den wichtigsten<br />

Fragen erfolgte die Kommunikation zwischen beiden Apparaten über mündliche Absprachen<br />

unter den Spitzengenossen, Honecker und Mielke. Beide Zeitzeugen sind tot, schriftliche<br />

Aufzeichnungen dieser Besprechungen <strong>nicht</strong> auffindbar. Unterhalb dieser Ebene jedoch <strong>ist</strong>,<br />

dank der Überwachungsmaßnahmen <strong>des</strong> MfS, dazu in den Stasi-Unterlagen reichhaltiges Material<br />

zu finden, so etwa zu den Auseinandersetzungen in der Staatlichen Plankommission, das<br />

bisher kaum ausgewertet worden <strong>ist</strong>. Selbstverständlich wäre dabei auch Aufschluss zu gewinnen<br />

über die Stellung <strong>des</strong> MfS im Machtgefüge.<br />

Hinsichtlich der Grenzen der »Durchherrschung« der Gesellschaft 75 sind die Stasi-Unterlagen<br />

in einem doppelten Sinne von hoher Relevanz. 76 Sie enthalten eine Fülle von Indizien für die<br />

Ex<strong>ist</strong>enz dieser Grenzen und sie legen Zeugnis ab von den Bemühungen der Staatssicherheit,<br />

diese Grenzen zu überschreiten. Milieus, die sich den Zumutungen <strong>des</strong> Parte<strong>ist</strong>aates gegenüber<br />

als res<strong>ist</strong>ent erwiesen, informelle Beziehungsgeflechte und soziales Handeln, das dem<br />

Verfolg der eigenen Interessen unter Umgehung der offiziellen Verhaltensvorgaben diente,<br />

und Subsysteme wie die Kirchen oder die Naturwissenschaften, die ihre Eigenlogik weitgehend<br />

bewahrten, waren für die Staatssicherheit von Interesse, weil sie dem alles durchdringenden,<br />

aber gar <strong>nicht</strong> einlösbaren Steuerungsanspruch <strong>des</strong> Parte<strong>ist</strong>aates widersprachen. Freilich<br />

wird damit eine thematische Grenze überschritten: jene von der <strong>Institutionengeschichte</strong><br />

zur Wirkungsgeschichte <strong>des</strong> MfS. Doch gibt es Indizien dafür, dass solche inneren Grenzen<br />

sogar in der Staatssicherheit selbst ex<strong>ist</strong>ierten. 77<br />

Die Entwicklung der deutsch-deutschen Beziehungen gehört, soweit dabei die Staatssicherheit<br />

involviert war, zu der – an dieser Stelle <strong>nicht</strong> zu erörternden – Wirkungsgeschichte <strong>des</strong> MfS.<br />

Dennoch gibt es auch hier einen ganz unmittelbaren institutionengeschichtlichen Bezug, da<br />

die Entwicklung <strong>des</strong> MfS zu einem wesentlichen Teil durch das Bemühen determiniert war,<br />

die Stabilitätsdefizite der DDR, die aus diesem Verhältnis resultierten, unter Kontrolle zu halten<br />

und so weit möglich zu kompensieren. Dafür mussten innerinstitutionell entsprechende<br />

organisatorische und konzeptionelle Voraussetzungen geschaffen werden.<br />

Der Zusammenhang von langjähriger Stabilität und plötzlichem Umbruch <strong>ist</strong> durch die Erschöpfung<br />

der Legitimationsressourcen <strong>des</strong> Regimes erklärt worden. 78 Dieser Prozess <strong>ist</strong> auch<br />

im Wechsel der Stasi-Generationen nachzuweisen. Darüber hinaus finden sich in ihren Unterlagen<br />

vielfältige Zeichen <strong>des</strong> Verfalls, denen mit den Methoden <strong>des</strong> MfS <strong>nicht</strong> beizukommen<br />

war. Soweit der Umbruch ein Zusammenbruch war, kam er <strong>nicht</strong> ganz so plötzlich, wie es expost<br />

erscheint. Um seine Vorzeichen zu lesen, <strong>ist</strong> die Beschäftigung mit der Institution Staatssicherheit<br />

unerlässlich.<br />

74 Die Skizze eines künftigen Forschungsprojektes zur Zusammenarbeit <strong>des</strong> MfS anderen (vor allem dem<br />

sowjetischen) Geheimdiensten wird in einem eigenen Papier vorgestellt.<br />

75 Vgl. Jürgen Kocka: Eine durchherrschte Gesellschaft. In: Kaelble, Kocka, Zwahr (Hg.): Sozialgeschichte<br />

der DDR (Anm. 1), S. 247–253.<br />

76 Zur gesellschaftsgeschichtlichen Fragestellung vgl. Richard Bessel, Ralph Jessen (Hg.): Die Grenzen der<br />

Diktatur. Staat und Gesellschaft in der DDR. Göttingen 1996.<br />

77 Dabei <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> nur an die Endphase zu denken, sondern auch an Korruption und Machtanmaßung in frü-<br />

heren Jahren.<br />

78 Vgl. Sigrid Meuschel: Legitimation und Parteiherrschaft. Zum Paradox von Stabilität und Revolution in<br />

der DDR 1945–1989. Frankfurt a. M. 1992.<br />

15


16<br />

Dieser Beitrag wurde auf dem wissenschaftlichen Workshop »Zur Bedeutung von MfS-<br />

Forschung und Stasi-Akten für die Zeitgeschichtsforschung« am 26. November 2004 in Berlin<br />

vorgestellt.

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