Die Objektive Hermeneutik als wissenschaftliches ... - Mannigfaltig
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SUSANNE BRANDES & OLAF JANTZ: <strong>Die</strong> objektive <strong>Hermeneutik</strong> <strong>als</strong> <strong>wissenschaftliches</strong>, pädagogisches und politisches Instrumentarium. In: MEDIUM e.V.<br />
/ Jantz, Olaf (Hrsg.): Seminarunterlagen politische Bildung - Hintergründe für die wissenschaftlich-politische Arbeit in der Erwachsenenbildung. Band 1:<br />
Kritische Theorie gesellschaftlicher Strukturen, Geschlechteransatz, Antirassismus und Pädagogik. Göttingen November 1997<br />
gesamtgesellschaftlichen,<br />
strukturalen Kontext zu sehen sind.<br />
Gewalt gegen Frauen (und Kinder) läßt sich nur dann effektiv bekämpfen, wenn sich auch das<br />
gesellschaftliche Bild dieser Personengruppen -vermittelt durch Gesetze (Vergewaltigung in<br />
der Ehe war z.B. bis 1996 nicht <strong>als</strong> solche strafbar und wird bis heute kaum verfolgt), Medien<br />
(dabei insbesondere Werbung und Pornographie), Tradition etc.- grundlegend verändert.<br />
In diesem Zusammenhang manifestiert sich für uns die herausragende Bedeutung der OH. Mit<br />
dieser Methode besteht die Möglichkeit, objektive Bedeutungsstrukturen aufzudecken, statt<br />
bei den subjektiven Meinungen der Erforschten stehenzubleiben und gegenstandsanalytisch<br />
zu stagnieren. Denn auch vollsozialisierte, ‘normale’ RepräsentantInnen einer<br />
gesellschaftlichen Gruppe sind in der Regel nicht in der Lage, ihre Motivationen und<br />
Kompetenzen komplett aufzudecken, da sie die Strukturen, die ihr Handeln beeinflussen,<br />
insbesondere strukturale Gewalt, <strong>als</strong> solche größtenteils gar nicht erfassen, geschweige denn<br />
benennen können.<br />
Allerdings ist es u.A.n. nicht ausreichend, Strukturen lediglich aufzudecken und sich im<br />
„Elfenbeinturm“ an der intellektuellen Überlegenheit wissenschaftlicher Diskurse zu<br />
ergötzen. Um die erforschten Strukturen effektiv (und möglichst schnell) auch zu verändern,<br />
bedarf es der pädagogischen Intervention. <strong>Die</strong>se sollte jedoch u.A.n. nicht individualisiert,<br />
sondern (muß) gerade auf der strukturalen Ebene angegangen werden.<br />
An dem angeführten Beispiel des Kampfes gegen patriarchale Strukturen und deren<br />
Auswirkungen bedeutet dies, nach exemplarischen Strukturrekonstruktionen nicht<br />
ausschließlich Mann für Mann (bzw. jede Frau einzeln) quasi-therapeutisch mit ihrer<br />
Beziehungsstruktur zu konfrontieren, sondern pädagogische Intervention klar in<br />
gesamtgesellschaftliche Betrachtungen und Veränderungen einzubetten. Wenn an dieser<br />
Stelle Pädagogik <strong>als</strong> manipulativ ablehnt wird, soll u.A.n. die mögliche politische Dimension<br />
pädagogischer Arbeit ausgehöhlt werden.<br />
Und wenn OEVERMANN (vgl. 1983, S.142) bzgl. der pädagogischen Handlungskompetenzen,<br />
die aus der OH erwachsen können, von einem „Einbruch in die Autonomie der Lebenspraxis“<br />
und „subtiler Bevormundung“ spricht, ist das sicherlich auf die von TERHART (1983) immer<br />
wieder eingeforderte Rückbeziehung auf den erforschten Fall zu münzen. (Das wäre für den<br />
Rahmen der Forschung zuviel der psychologischen Intervention, für die -wie oben dargestelltmehr<br />
Raum nötig wäre). <strong>Die</strong> objektiv-hermeneutischen Ergebnisse dienen jedoch stets qua<br />
Offenlegung und genereller Zugänglichkeit einem wissenschaftlichen, pädagogischen und<br />
politischen Diskurs. Schon vom Anbeginn der Entwicklung der OH stand -so wie es sich für<br />
uns darstellt- der Veränderungsgedanke erkenntnisbegleitend im Zentrum der objektivhermeneutischen<br />
Perspektive (vgl. REICHERTZ 1986).<br />
Gerade diese, sich durch Aufklärung und Verständnis<br />
auszeichnende Perspektive macht diesen Ansatz<br />
mit all seinen Schwächen so wertvoll.<br />
Auch wenn einiges der objektiv-hermeneutischen Methodologie<br />
nicht (oder nur stückwerkhaft)<br />
realisiert werden kann,<br />
so bleibt doch ein theoretischer Impuls, der eine<br />
politisch verstandene Pädagogik<br />
unschätzbar bereichert.<br />
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