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Die Objektive Hermeneutik als wissenschaftliches ... - Mannigfaltig

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SUSANNE BRANDES & OLAF JANTZ: <strong>Die</strong> objektive <strong>Hermeneutik</strong> <strong>als</strong> <strong>wissenschaftliches</strong>, pädagogisches und politisches Instrumentarium. In: MEDIUM e.V.<br />

/ Jantz, Olaf (Hrsg.): Seminarunterlagen politische Bildung - Hintergründe für die wissenschaftlich-politische Arbeit in der Erwachsenenbildung. Band 1:<br />

Kritische Theorie gesellschaftlicher Strukturen, Geschlechteransatz, Antirassismus und Pädagogik. Göttingen November 1997<br />

Ebene 4: „Explikation der Funktion eines Interakts in der Verteilung von<br />

Interaktionsrollen.“ (S.399, Herv. d. Verf.)<br />

Es wird betrachtet, inwieweit ein Interakt die Handlungsmöglichkeiten der anderen<br />

InteraktionsteilnehmerInnen beeinflußt, insbesondere begrenzt. Werden beispielsweise<br />

gewisse Reaktionen (Antworten, Kommentare) oder Interaktionsdynamiken (z.B.<br />

Veränderung der Interaktionsthematik) erzwungen? Darüber hinaus wird betrachtet,<br />

inwieweit der Interakt seiner kommunikativen Pflicht bezüglich der vorausgehenden Interakte<br />

nachgegangen ist.<br />

a) V. richtet sich an die gesamte Familie und fordert diese indirekt auf, Gründe für seinen<br />

Mißerfolg zu benennen und ihn zu unterstützen.<br />

b) M. hat ihre „kommunikative Pflicht“(S.410) erfüllt, wodurch nun V. seinerseits reagieren<br />

muß. Er muß sich entscheiden, wie er mit dem oben genannten Dilemma umgeht.<br />

Ebene 5: „Charakterisierung der sprachlichen Merkmale eines Interakts.“ (S.400, Herv.<br />

d. Verf.)<br />

<strong>Die</strong> sprachlichen Merkmale werden hier „auf der syntaktischen, semantischen oder<br />

pragmatischen Ebene“(S.400) festgehalten, was „für eine spätere sprachsoziologische<br />

Analyse“(ebd.) nützlich sein kann.<br />

a) <strong>Die</strong> Formulierung erscheint <strong>als</strong> „typische Form für Projektion <strong>als</strong> Abwehr und<br />

Rechtfertigung“(S. 408). Dabei wird durch das „Irgendwas“ eine große Spannbreite an<br />

Erklärungsmöglichkeiten gelassen, allerdings gleichzeitig impliziert, daß die Familie eine<br />

Erklärung liefern kann.<br />

b) M. nennt die eingeforderten Gründe, stellt die Kausalität zwischen Ruths Spielerei und<br />

V.’s Scheitern jedoch nicht explizit dar. V. kann mit der erhaltenen Information jetzt<br />

umgehen, wie er will. Durch den Satzbau (vorangestelltes Substantiv: „<strong>Die</strong> Ruth“) hat die<br />

Äußerung allerdings einen starken Anklagecharakter.<br />

Ebene 6: „Extrapolation der Interpretation des Interakts auf durchgängige<br />

Kommunikationsfiguren, die Familie kennzeichnende Beziehungsprobleme,<br />

situationsübergreifende Persönlichkeitsmerkmale der interagierenden Subjekte und jeweils<br />

resümierende Beurteilung der bisher mit dem Material konsistenten Interpretationen im<br />

Lichte der Evidenz des interpretierten Interakts; Rekonstruktion der objektiv latenten<br />

Sinnstruktur der Szene.“ (S.400, Herv. d. Verf.)<br />

<strong>Die</strong> Ebene 6 steht am Ende der ‘eigentlichen’ sequentiellen Feinanalyse, wo im Idealfall nur<br />

eine Interpretation nicht abgewiesen werden konnte, welche neben der objektiv latenten<br />

Sinnstruktur der Szene die „Logik der durch die Beteiligten faktisch vorgenommenen<br />

Bedeutungsselektion“ (S.401) rekonstruiert.<br />

Desweiteren wird hier alles festgehalten, was über die analysierte Szene hinaus fallspezifische<br />

Erkenntnisse über die jeweiligen InteraktionsteilnehmerInnen, ihr Verhältnis zueinander,<br />

sowie ihre Einstellungen, Wertorientierungen u.ä. liefert.<br />

a) <strong>Die</strong> Konkurrenz um die Gunst der Kinder weist auf eine (latent) konfliktgeladene<br />

Beziehung der Eltern hin, in der Vertrauen in die gegenseitige Akzeptanz und in solidarisches<br />

Verhalten nicht gegeben ist. Dementsprechend fühlt sich V. offensichtlich leicht in die<br />

Defensive gedrängt, zumal er die Niederlage selbst <strong>als</strong> solche erst definierte. <strong>Die</strong><br />

Verschleierung, mit der V. auf seine Außenseiterposition reagiert, verschlimmert diese noch.<br />

Dennoch scheint M. nicht in der Lage zu sein, die Defensive abzubauen. Sie interpretiert sie<br />

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