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Die alten Zinnseifen im Erzgebirge - Geschichte-ana.de

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Dr. Köhler<br />

<strong>Die</strong> ehemaligen <strong>Zinnseifen</strong> <strong>im</strong> <strong>Erzgebirge</strong><br />

Dem Besucher unserer erzgebirgischen Thäler, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r Gegend von Eibenstock, o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>mjenigen, welcher vom Auersberge nach <strong>de</strong>r Johanngeorgenstädter Straße abwärts steigend die<br />

wenigen Häuser von Sauschwemme berührte, o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Försterhäusern nach Gottesgab<br />

wan<strong>de</strong>rte, wer<strong>de</strong>n die zum Teil recht ansehnlichen Haufwerke von Steingeröllen und Geschieben<br />

aufgefallen sein, welche sich Moränen ähnlich o<strong>de</strong>r wie riesige, mit spärlichem Pflanzenwuchs be<strong>de</strong>ckte<br />

Grabhügel daselbst auftürmen. Es sind dies die Überreste eines sehr <strong>alten</strong>, ja vielleicht <strong>de</strong>s<br />

ältesten Bergbaues in unserem oberen Gebirge.<br />

<strong>Die</strong>se Raithal<strong>de</strong>n, wie jene Anhäufungen genannt wer<strong>de</strong>n, sind von <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>s <strong>Zinnseifen</strong>s,<br />

d.h. Auswaschens <strong>de</strong>s Zinnerzes aus taubem Trümmergestein übrig geblieben, und ihre Anzahl war<br />

vor mehreren Jahrzehnten, als man noch nicht viele <strong>de</strong>rselben eingeebnet hatte, eine be<strong>de</strong>utend größere.<br />

Auf diese alte Zinngewinnung weisen auch mehrere Ortsnamen, wie Seiffen, Seifen, Seifenbach,<br />

Trinkseifen und Streitseifen hin, <strong>de</strong>nn letztere lassen vermuten, daß die Gründung <strong>de</strong>r genannten<br />

Orte durch Zinnwäscher veranlaßt wor<strong>de</strong>n ist.<br />

Zinnerze führend sind in unserm Gebirge <strong>de</strong>r Granit und dann vornehmlich die <strong>de</strong>nselben umgeben<strong>de</strong>n<br />

Schiefer, ferner Turmalinschiefer und greisenartige Gangbegleiter, und daher fan<strong>de</strong>n sich<br />

diese Erze auch in <strong>de</strong>njenigen Trümmergesteinen, welche durch die Arbeit <strong>de</strong>s Wassers und <strong>de</strong>r Atmosphäre<br />

aus ihnen hervorgegangen sind.<br />

Befin<strong>de</strong>n sich also die Raithal<strong>de</strong>n <strong>im</strong> Gebiete <strong>de</strong>s Granits, so bestehen sie aus eckigen Brocken<br />

o<strong>de</strong>r Geröllen dieses Gesteins o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ssen kleinkörnigen Bestandteilen Quarz und Feldspat, untermischt<br />

mit thoniger Er<strong>de</strong> und Gl<strong>im</strong>merblättchen. Im Gebiete <strong>de</strong>r Schiefer bestehen sie vorherrschend<br />

aus scharfkantigen o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n Rän<strong>de</strong>rn abgerun<strong>de</strong>ten Geschieben, und endlich sind sie aus<br />

Granitgeröllen und Schiefergeschieben gemengt, wenn ihnen das Material von bei<strong>de</strong>n Gesteinen<br />

zugeführt wur<strong>de</strong>.<br />

Außer<strong>de</strong>m enth<strong>alten</strong> sie noch Gangstücke von Quarz, teilweise mit schwarzem Turmalin o<strong>de</strong>r<br />

Schörl verbun<strong>de</strong>n, Geschiebe von Turmolinschiefer, sowie Stücke von aus <strong>de</strong>r Grenzzone gegen<br />

<strong>de</strong>n Granit stammen<strong>de</strong> Andalusitgl<strong>im</strong>merfels.<br />

Selbstverständlich sind sämtliche Raithal<strong>de</strong>n bereits durchwühlt wor<strong>de</strong>n und nicht mehr in ihrer<br />

ursprünglichen Lagerung erh<strong>alten</strong>. Durch Zuführung von Wasser wur<strong>de</strong> aus ihnen nicht nur das<br />

Zinnerz, son<strong>de</strong>rn auch die Feiner<strong>de</strong> ausgeschie<strong>de</strong>n, so daß die durch Einebnung alter Hal<strong>de</strong>n gewonnenen<br />

Wiesen nur bei ausreichen<strong>de</strong>r Bewässerung einen guten Futterertrag liefern. Nur ein<br />

einziges, noch gänzlich unversehrtes Seifenlager war bei Hengstererben durch die Gewerken Tröger<br />

Vater und Sohn aufgefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n, so daß Professor Gustav Laube (Geol. <strong>de</strong>s böhm. <strong>Erzgebirge</strong>s<br />

I. S. 78) darüber mitteilen konnte, wie <strong>de</strong>r Zinnstein darin ganz fein verteilt vorgekommen und<br />

durch Absumpfen in Form eines ungleichkörnigen Schliches gewonnen wor<strong>de</strong>n sei. <strong>Die</strong> größeren<br />

Körner, welche in <strong>de</strong>m Lager vorkamen und nur selten die Größe einer Erbse erreichten, waren<br />

abgerun<strong>de</strong>te o<strong>de</strong>r scharfkantige Trümmer, welche von <strong>de</strong>m sie begleiten<strong>de</strong>n Schörl sehr schwer zu<br />

unterschei<strong>de</strong>n waren.<br />

Es mögen nach <strong>de</strong>n Angaben älterer Beobachter in <strong>de</strong>n Seifen <strong>de</strong>s Eibenstocker Granitgebietes<br />

auch größere Zinngraupen (bis zu 1 cm) vorgekommen sein. <strong>Die</strong> Verteilung <strong>de</strong>s Zinns in <strong>de</strong>n alluvionischen,<br />

seltener diluvialen Anschwemmungen <strong>de</strong>r Thäler war eine ziemlich ungleichmäßige,<br />

was bereits vor mehr als hun<strong>de</strong>rt Jahren <strong>de</strong>n Freiberger Professor Charpentier (Mineralogische Geographie<br />

<strong>de</strong>r Chursächs. Lan<strong>de</strong>, Leipzig 1778 S. 274) zu folgen<strong>de</strong>r Erklärung veranlaßte:<br />

= 1 =


„Man will beson<strong>de</strong>rs wahrgenommen haben, daß in <strong>de</strong>n Gegen<strong>de</strong>n, wo die Thäler ihre Richtung<br />

än<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r eine sogenannte Krümme machen, die Geschiebe von reinem Zinnstein in größerer<br />

Menge gefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n sind, und daselbst <strong>de</strong>n austräglichsten Seifenbergbau gegeben haben.<br />

<strong>Die</strong>se Beobachtung läßt sich mit <strong>de</strong>r Natur <strong>de</strong>r Seifengebirge ganz wohl vereinigen. Sind sie durch<br />

die Wirkung einer Flut o<strong>de</strong>r Ueberschwemmung entstan<strong>de</strong>n, so mußten sich die schweren Teile<br />

dabei <strong>im</strong>mer am langsamsten bewegen. Wenn nun die Richtung ihres Laufes sich än<strong>de</strong>rte und eine<br />

Krümme machte, wobei die fortgerissenen Geschiebe einen neuen Wi<strong>de</strong>rstand fan<strong>de</strong>n, so hörte die<br />

Bewegung <strong>de</strong>r schwersten leichtlich auf, und also waren die Zinngeschiebe und kleinen Zinngräupchen<br />

gewiß die ersten, die sich, anstatt dieser verän<strong>de</strong>rten Richtung zu folgen, zu Bo<strong>de</strong>n setzten und<br />

bei mehr aufeinan<strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n sich in einer solchen Krümmung anhäuften, wodurch <strong>de</strong>nn gar<br />

leicht <strong>de</strong>rgleichen wahr genommene reiche Punkte in <strong>de</strong>n Seifengebirgen entstan<strong>de</strong>n sein mögen.“<br />

Von <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>s Zinnwäschers schrieb bereits 1562 Mathesius in Joch<strong>im</strong>sthal: „An solche<br />

Seifen führet man die Wasser und sticht Modt (Torf o<strong>de</strong>r torfähnliche Masse) und Werg (vielleicht<br />

Hei<strong>de</strong>kraut?) darein, das gehet in Schlamm weg; was grob ist, wirft man mit <strong>de</strong>r Reutgabel aus, <strong>de</strong>r<br />

gute Stein setzt sich zu Bo<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n hebt man und machet ihn über <strong>de</strong>r Schaufel rein, daraus wird<br />

ein geschmeidig Zinn, das einen sehr schönen Spiegel hat.“ Und <strong>de</strong>r bereits genannte Charpentier<br />

bemerkt, daß diese Arbeit eine <strong>de</strong>r beschwerlichsten sei und <strong>de</strong>n Arbeiter nicht nur nötige, <strong>de</strong>n<br />

ganzen Tag <strong>im</strong> Wasser zu stehen, son<strong>de</strong>rn dabei noch alles Ungemach <strong>de</strong>r Witterung, Regen, Wechsel<br />

von Wärme und Kälte u.s.w. zu ertragen. Aber so wenig Vorteile auch die Seifenarbeit versprach,<br />

so war sie in früherer Zeit doch lohnend genug, ja es wur<strong>de</strong>n sogar einzelne verlassene<br />

Seifen wie<strong>de</strong>r mit Nutzen aufgesucht.<br />

Obschon sich die meisten Seifen in <strong>de</strong>n kleineren Thälern und zwar vorzugsweise an <strong>de</strong>ren unteren<br />

En<strong>de</strong>n, stellenweise selbst weiter oben befan<strong>de</strong>n, wo die Einsenkung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns nur eine<br />

flach mul<strong>de</strong>nförmige ist, so wur<strong>de</strong> doch auch in breiteren Flußthälern, z.B. <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Mul<strong>de</strong>, und<br />

vereinzelt auf <strong>de</strong>r Höhe, wie bei Seifen in B., Zinnerz aus <strong>de</strong>m Gebirgsschutte ausgewaschen. Außer<br />

Zinnstein gand man da und dort in <strong>de</strong>n Seifen Eisensteingeschiebe und Wolfram, ferner verschie<strong>de</strong>ne<br />

E<strong>de</strong>lsteine, z.B. Topas, Opal und Beryll, letztere hauptsächlich <strong>im</strong> Denitzgrun<strong>de</strong> bei<br />

Eibenstock; ja mehrfach wird auch <strong>de</strong>s Gol<strong>de</strong>s als eines Nebenproduktes gedacht. So fand man<br />

1733 auf Hans Christoph Ungers 100 Lachter Seifengebirge am Auersberge ein Goldkorn von<br />

13 Aß Gewicht, das in <strong>de</strong>mselben Jahre <strong>de</strong>m Kurfürsten bei <strong>de</strong>r Huldigung in Freiberg überreicht<br />

wur<strong>de</strong>. Engelschall erzählt in seiner 1723 erschienen Chronik von Johanngeorgenstadt von Goldkörnern<br />

und Goldflitschen <strong>im</strong> Pechhöfer Wasser, Steinbache und Schwarzwasser und daß ein Bergmann<br />

aus letzterem <strong>de</strong>m Kurfürsten Johann Georg II. eine halbe Fe<strong>de</strong>rkiel voll Goldsand<br />

dargereicht habe. Auch Mathesius führt in seiner Sarepta wie<strong>de</strong>rholt das Vorkommen von Goldflittern<br />

und Körnern in <strong>Zinnseifen</strong> an, und ebenso ge<strong>de</strong>nkt Christian Lehmann in seinem Historischen<br />

Schauplatze <strong>de</strong>s „goldkörnichten“ San<strong>de</strong>s am Kühnbache über <strong>de</strong>r Zwittermühle und in <strong>de</strong>n<br />

Seifen bei <strong>de</strong>r Plattner Farbemühle.<br />

Sehr zahlreich waren die Seifenwerke <strong>im</strong> Gebiete von Schneeberg-Eibenstock. Bei einzelnen<br />

<strong>de</strong>rselben reichte <strong>de</strong>r Anfang mehrere Jahrhun<strong>de</strong>rte zurück. So erzählt z.B. Meltzer in <strong>de</strong>r Schneeberger<br />

Chronik, daß <strong>im</strong> Jahre 1483 die Teichstätte über Zschorlau „bei <strong>de</strong>n Seifen“ zur Anlage <strong>de</strong>s<br />

Filzteiches verkauft wur<strong>de</strong> und daß man, als <strong>de</strong>r Teich 1573 durch eine große Flut beschädigt<br />

wor<strong>de</strong>n war und einige Jahre lang wüste lag, wie<strong>de</strong>r darin seifte; erst 1701 wur<strong>de</strong>n viele alte Seifenhal<strong>de</strong>n<br />

daselbst herausgeschafft. In Christian Stechers nur handschriftlich vorhan<strong>de</strong>nem „bergmännischen<br />

Bericht o<strong>de</strong>r brennen<strong>de</strong>n Grubenlicht“ wird gesagt, daß die 1448 durch eine große Flut<br />

vernichteten Berggebäu<strong>de</strong> unterhalb Zschorlau erst durch die in <strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> vorher schon vorhan<strong>de</strong>n<br />

gewesenen <strong>Zinnseifen</strong> veranlaßt wor<strong>de</strong>n seien, man habe auch <strong>de</strong>n ganzen Gößnitz-,<br />

Zschorl- und Riesengrund unter, durch und über Zschorlau nach und nach ausgeseift. <strong>Die</strong> Seifen erstreckten<br />

sich von da am Steinberge bis nach Burkhardtsgrün, wo sich das Thal <strong>im</strong>mer mehr<br />

verflacht. Aus <strong>de</strong>m 600 Lachter Seifengebirge am Steinberge wur<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>n aktenmäßigen<br />

Angaben <strong>de</strong>r Bergrevier-Rechnungsexpedition zu Schneeberg von 1752 bis 1817 334 Zentner Zinn<br />

= 2 =


<strong>im</strong> Werte von 9847 Thalern und außer<strong>de</strong>m noch 20000 Zentner Thon für die Blaufarbenwerke gewonnen.<br />

<strong>Die</strong>ses Seifenwerk war allerdings während <strong>de</strong>r angeführten Zeit nur mit Unterbrechungen<br />

<strong>im</strong> Gange und man seifte daselbst „Flötze“ von 10 bis 40 Lachter Länge, ½ Lachter Breite und teilweise<br />

3 Lachter Höhe aus.<br />

Es dürfte vielleicht von Interesse sein, ein Beispiel aus <strong>de</strong>n Kostenberechnungen für das Ausschmelzen<br />

<strong>de</strong>s Zinnsteins zu erh<strong>alten</strong>. Im Quartal Trinitatis 1736 gewann man in <strong>de</strong>n Burkhardtsgrüner<br />

Seifen aus 8 ¼ Zentner Zinnstein 14 ½ Pfund reines Zinn, <strong>de</strong>n Zentner <strong>im</strong> Werte von<br />

25 Thalern. Später, in <strong>de</strong>n Jahren 1753 und 1755 betrug <strong>de</strong>r Preis für <strong>de</strong>n Zentner daselbst gewonnenen<br />

Zinns 26 und 27 Thaler. <strong>Die</strong> Schmelzarbeit wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Auer Hütte vorgenommen und<br />

es beliefen sich die Kosten wie folgt:<br />

„Vorm Schmelzzettel - ß 1 gr. - ϑ<br />

Den Stein in die Hütten zu fahren - ß 16 gr. - ϑ<br />

Vor 10 ¼ Kübel Kohlen á 5 gr 2 ß 3 gr. 3 ϑ<br />

Hüttenzins - ß 4 gr 2 ϑ<br />

Weggeld - ß 4 gr 2 ϑ<br />

Einschlagerlohn - ß 4 gr 2 ϑ<br />

Schmelzerlohn - ß 17 gr - ϑ<br />

Hüttenzehrung - ß 13 gr - ϑ<br />

Vor Licht in <strong>de</strong>r Hütte - ß - gr 8 ϑ<br />

Vors „Steinvasel“ zu bin<strong>de</strong>n -<br />

ß<br />

1<br />

gr<br />

S. 4 ß 17 gr 1 ϑ.<br />

Aus chronikalischen Nachrichten von Georg Körner (Bockauische Chronik, 1763) und P. Öttel<br />

(Alte und Neue Hist. <strong>de</strong>r Bergstadt Eibenstock, 1748) ist zu ersehen, daß man in <strong>de</strong>n Seifen am Sosaer<br />

Bache von 1721 bis 1739, in welchem Zeitraume freilich nur mit Unterbrechungen gearbeitet<br />

wur<strong>de</strong>, 24 Zentner 88 Pf. (á Zentner 21-24 Thlr.) und in <strong>de</strong>nen am Stinkenbache, welche bereits<br />

1609 <strong>im</strong> Gange waren, von 1719-1765, wobei ebenfalls Unterbrechungen vorkamen, zusammen nur<br />

12 Zt. 9 Pf. Zinn gewann. Am Rothenbache wur<strong>de</strong> von 1592 bis 1760, vielleicht auch noch später<br />

geseift; die Arbeit am Weinbächel begann schon 1682, und von <strong>de</strong>n Seifen an <strong>de</strong>r Bockau besitzen<br />

wir bereits Nachrichten aus <strong>de</strong>m 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>nn von 1523 bis 1531 wur<strong>de</strong>n daselbst allein in<br />

Melchior Matthes Seifen 118 Zt. Zinn geseift, wovon <strong>de</strong>r Zentner damals 9 alte Schock gegolten<br />

hat. Von Christian Kraußens Seifengebirge an <strong>de</strong>r großen Bockau war die Ausbeute von 1668 bis<br />

1670 438 Gul<strong>de</strong>n 13 gr. 11 Pf., Melchior Weyrauchs tiefe Seifen gab von 1666 bis 1670 327 fl. 6 gr.<br />

5 Pf. und Danitz Hey<strong>de</strong>r Seifengebirge 1670 193 fl. 12 gr. Ausbeute. Im Marxbache bei Sosa gewann<br />

man in <strong>de</strong>n Quartalen Luciae 1730 über ½ Zentner, 1732 über 2 Zt., 1734 über 3 Zt. und 1768<br />

<strong>im</strong> Quartal Crucis über 2 ½ Zt. Zinn. Das Ausschmelzen geschah in <strong>de</strong>r Eibenstocker Schmelzhütte.<br />

Der Preis <strong>de</strong>s Zinns schwankte hier zwischen 24 und 25 Thlr. für <strong>de</strong>n Zentner.<br />

Zu <strong>de</strong>n be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>ren Seifen gehörten die in Sauschwemme am Auersberge, welche als 600, 700<br />

und 900 Lachter Seifen noch bis zum Anfange <strong>de</strong>s zweiten Jahrzehnts dieses Jahrhun<strong>de</strong>rts abgebaut<br />

wur<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>m 900 Lachter Seifengebirge daselbst hatte man z.B. von 1643 bis 1671 über<br />

19596 Gul<strong>de</strong>n Ausbeute. Wie fleißig daselbst nach Zinnerz gesucht wor<strong>de</strong>n ist, dafür sprechen noch<br />

heute die gewaltigen Hal<strong>de</strong>n, welche <strong>im</strong> Durchschnitte 6-8 m Mächtigkeit besitzen. Und doch war<br />

dieses Seifenwerk, wie Oettel in seiner Historie von Eibenstock erzählt, <strong>im</strong> Anfange „gar nicht geachtet<br />

und von einem Bergmanne, <strong>de</strong>r Schuhfleck geheißen, vor ¼ Zentner Zinn verkauft wor<strong>de</strong>n.“<br />

Zahlreich waren auch <strong>im</strong> 17. und 18. Jahrhun<strong>de</strong>rte die Seifen in <strong>de</strong>r Umgebung <strong>de</strong>s Dorfes<br />

Bockau. Daselbst hat man fast in je<strong>de</strong>m Thälchen nach Zinnerzen gesucht, und daher erhoben bereits<br />

1681 die dortigen Gerichte darüber Klage, in<strong>de</strong>m sie darauf hinwiesen, „wie durch die Seifenarbeit<br />

ihren Wiesen, Mühlgräben und Röhrwässern großer Scha<strong>de</strong>n erwüchse, so daß sie nicht<br />

einen Tropfen reinen Wassers zum Brauen, Kochen und Waschen in ihrem Bache beh<strong>alten</strong> könnten.“<br />

= 3 =<br />

8<br />

ϑ


Das ganze Gebirge bis nach Johanngeorgenstadt wur<strong>de</strong> nach Zinnerzen durchsucht, <strong>de</strong>nn es gab<br />

z.B. auch Seifen in <strong>de</strong>n Thälern <strong>de</strong>s Fällbaches bei Steinhei<strong>de</strong>l und Erlabrunn. <strong>Die</strong> an <strong>de</strong>r linken<br />

Seite <strong>de</strong>s Steinbaches, am Sosaer und Rothen Bache waren reine Granit-, diejenigen am Ziegen-,<br />

Breiten- und Jugelbache reine Schieferseifen. Ein großer Teil <strong>de</strong>r Seifen oberhalb Johanngeorgenstadts,<br />

in <strong>de</strong>r Gegend um Platten, besteht aber aus Trümmern <strong>de</strong>s Granit- und Schiefergebirges.<br />

Dort oben, nämlich an <strong>de</strong>n Gehängen <strong>de</strong>s Schwarzwasserthales unterhalb Seifen, mögen die<br />

Wäschen auch <strong>de</strong>m Diluvium angehören; tertiär sind diejenigen, welche in Form eines schmalen<br />

Ban<strong>de</strong>s unter <strong>de</strong>r Steinhöher Basalt<strong>de</strong>cke ausstreichen. Im Gebiete <strong>de</strong>s Granits fin<strong>de</strong>n sich weiter die<br />

Reste alter <strong>Zinnseifen</strong> bei Frühbuß, Sauersack, Hirschenstand Trinkseifen und zum Teil bei Bäringen,<br />

<strong>im</strong> Gebiete <strong>de</strong>s Schiefers die bei <strong>de</strong>n Försterhäusern, um Hengstererben und bei Streitseifen.<br />

Bemerkenswert sind in unserem Gebirge noch die Seifen bei Geyer; sie befin<strong>de</strong>n sich z.B. <strong>im</strong><br />

Greifenbachthale und nordwestlich von <strong>de</strong>r von Geyer nach Elterlein führen<strong>de</strong>n Chaussee, sowie<br />

östlich <strong>de</strong>r Mühlleithe und <strong>im</strong> Thale <strong>de</strong>s Geyerbaches. <strong>Die</strong> Gewinnung <strong>de</strong>s Zinnsteins aus diesen<br />

Ablagerungen, sowie diejenigen <strong>im</strong> Zschopauthale zwischen <strong>de</strong>r Lötzsch- und Loosmühle gehört<br />

einer älteren Zeit an. Endlich mögen noch die aus eckigen Gneisfragmenten und steinkörnigem Grus<br />

bestehen<strong>de</strong>n ehemaligen Seifen am nordöstlichen Gehänge <strong>de</strong>r Vierung sowie in einem Seitenthälchen<br />

<strong>de</strong>s Hei<strong>de</strong>lbachthales auf <strong>de</strong>r Sektion Marienberg <strong>de</strong>r geologischen Karte von Sachsen hier genannt<br />

sein.<br />

Daß <strong>de</strong>r Ursprung <strong>de</strong>s durch seine Spielwarenindustrie weitbekannten Ortes Seiffen ebenfalls auf<br />

ehemalige <strong>Zinnseifen</strong> zurückzuführen ist, wur<strong>de</strong> bereits am Anfange dieses Aufsatzes bemerkt. Später<br />

wur<strong>de</strong> daselbst <strong>de</strong>r Zinnstein bergmännisch in Gruben abgebaut, und als Denkmal dieser Gewinnung<br />

ist noch eine ziemlich ansehnliche Pinge zurückgeblieben. Einen gleichen Ursprung hat<br />

auch das nahe gelegene Seifenbach, sowie Seifen bei Dippoldiswal<strong>de</strong>. Es lassen sich gewiß noch<br />

viele Örtlichkeiten in unserm Gebirge anführen, welche entwe<strong>de</strong>r durch ihre Namen o<strong>de</strong>r durch die<br />

Oberflächenbeschaffenheit und durch schriftliche und mündliche Ueberlieferungen auf diese alte<br />

Zinngewinnung hinweisen. So wird z.B. in Schumanns Lexikon von Sachsen bemerkt, daß <strong>de</strong>r<br />

Buchholzer Kommunwald auch die Bezeichnung „<strong>de</strong>r Seifen“ führe.<br />

Trotz<strong>de</strong>m, daß man früher das ausgeseifte Zinn für besser als das in Gängen gefun<strong>de</strong>ne hielt und<br />

beson<strong>de</strong>rs zu <strong>de</strong>m von Agrikola (†1555) zuerst erwähnten Verzinnen <strong>de</strong>s Eisens verwandte, mußte<br />

doch die Seifenarbeit in unserm Gebirge endlich aufhören. Als Grund dafür ist wohl anzuführen,<br />

daß man allmählich alle einigen Gewinn versprechen<strong>de</strong> Thäler und Berglehnen ausgeseift hatte, und<br />

daß <strong>de</strong>r dabei erzielte Verdienst später in keinem Verhältnisse mehr stand zu <strong>de</strong>r verwandten Zeit<br />

und <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>nwerte. Ganz beson<strong>de</strong>rs mußte <strong>de</strong>r Waldbetrieb durch die Seifen erheblich lei<strong>de</strong>n,<br />

und ebenso wur<strong>de</strong> das zum Auswaschen <strong>de</strong>s Erzes nötige Wasser, wie ja schon die früher mitgeteilte<br />

Beschwer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Bockauer Gerichte beweist, <strong>de</strong>n unumgänglichsten Bedürfnissen <strong>de</strong>r Ortsbewohner<br />

ganz o<strong>de</strong>r wenigstens teilweise entzogen.<br />

Quelle: Glückauf! Organ <strong>de</strong>s Erzgebirgsvereins. 9. Jahrgang. No. 2. Februar 1889. S. 9-12 und No. 3. März 1889.<br />

S. 18f. - Abschrift: Streifzüge durch die <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>s oberen <strong>Erzgebirge</strong>s (www.streifzuege.<strong>de</strong>)<br />

= 4 =

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