Gesundes Südtirol 2010
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Parkinson<br />
Die Parkinson-Krankheit ist eine<br />
chronische Erkrankung des zentralen<br />
Nervensystems. Ausgelöst<br />
wird sie durch das Absterben von<br />
Zellen in der Substantia nigra,<br />
einer Struktur im Mittelhirn,<br />
die den Botenstoff Dopamin<br />
herstellt, der wichtig für die<br />
Ausführung von Bewegungen ist.<br />
Die Krankheitssymptome treten erst<br />
dann auf, wenn bereits 80 % der<br />
Nervenzellen nicht mehr funktionsfähig<br />
sind. Die wichtigsten Symptome<br />
der Parkinson-Krankheit sind motorischer<br />
Natur:<br />
1. Versteifung bestimmter Muskeln<br />
(Rigor)<br />
2. Verlangsamung der Bewegungen<br />
(Bradykinese)<br />
3. Ruhezittern (Tremor)<br />
4. Haltungsinstabilität.<br />
Mit der Zeit können andere Symptome<br />
auftreten, die nicht mehr ausschließlich<br />
motorischen Charakter haben, wie<br />
Darmträgheit, Störungen beim Wasserlassen,<br />
nächtliche Schweißausbrüche,<br />
Kreislaufstörungen, Schlafstörungen<br />
usw. In Mitteleuropa tritt die Krankheit<br />
relativ häufig auf: Von 100.000 Personen<br />
erkranken im Schnitt 160 an der<br />
Parkinsonschen Krankheit. Betroffen<br />
sind vor allem ältere Menschen ab 60<br />
Jahren; von den 40- bis 44-Jährigen<br />
erkrankt etwa einer von 10.000. Par-<br />
p a g i n i e r u n g<br />
kinson ist immer noch eine unheilbare<br />
Krankheit, obwohl die medizinische<br />
Forschung inzwischen bedeutende<br />
Fortschritte gemacht hat. So besteht z.<br />
B. kein Unterschied in der Lebenserwartung<br />
zwischen gesunden Menschen<br />
und Parkinson-Betroffenen, wenn die<br />
Krankheit frühzeitig diagnostiziert und<br />
entsprechend behandelt wird.<br />
<strong>Südtirol</strong>er Gesellschaft für Parkinson<br />
Trotzdem ergeben sich für die Betroffenen<br />
und ihre Angehörigen mit dem<br />
Fortschreiten der Krankheit eine Reihe<br />
von Problemen. Um Hilfestellung zu<br />
leisten und über alle wichtigen Fragen<br />
zu informieren, wurde vor zwölf Jahren<br />
die <strong>Südtirol</strong>er Gesellschaft für Parkinson<br />
und verwandte Erkrankungen gegründet.<br />
Sie hat sich zum Ziel gesetzt, landesweit<br />
Parkinsonbetroffene und ihre<br />
Angehörigen sowohl auf sozialem Gebiet<br />
als auch in psychologischer Hinsicht zu<br />
unterstützen und ihnen die bestmögliche<br />
Betreuung durch das Anbieten verschiedener<br />
Begleittherapien zu ermöglichen.<br />
Als weitere wichtige Aufgabe der Vereinigung<br />
gilt die Weitergabe von Informationen<br />
an die Öffentlichkeit sowie die<br />
Unterstützung der Parkinsonforschung.<br />
<strong>Südtirol</strong>weit wurden sechs Selbsthilfegruppen<br />
gegründet (in Bozen, Meran,<br />
Brixen, Bruneck, Eppan und die JUPPS-<br />
Gruppe = die Gruppe junger Parkinson-<br />
kranker), die – neben der freundschaftlichen<br />
Begegnung und dem Gedanken-<br />
und Erfahrungsaustausch – eine Reihe<br />
von Initiativen und vor allem Gruppentherapien<br />
anbieten – gemäß dem<br />
Grundsatz der Parkinson-Vereinigung:<br />
… helfen … forschen … informieren.<br />
<strong>Südtirol</strong>er Gesellschaft für Parkinson<br />
und verwandte Erkrankungen<br />
Galileo-Galilei-Straße 4a - 39100 Bozen<br />
Tel. 0471 931 888 - Fax 0471 513 246<br />
- info@parkinson.bz.it<br />
Öffnungszeiten: Mo, Di, Mi und Fr von<br />
09:00–12:00 Uhr und Do von 15:00–<br />
18:00 Uhr.<br />
Seit 1997 wird alljährlich der Internationale<br />
Parkinson-Tag am 11. April begangen.<br />
Er erinnert an den englischen<br />
Arzt James Parkinson, der 1817 erstmals<br />
die Symptome der Krankheit in<br />
einem Buch beschrieb.<br />
Zum Welt-Parkinson-Tag organisierte<br />
die <strong>Südtirol</strong>er Gesellschaft für Parkinson<br />
und verwandte Erkrankungen eine Reihe<br />
von Informationsveranstaltungen, die<br />
heuer am Montag, den 12. April, stattfanden.<br />
Im Eingangsbereich der Krankenhäuser<br />
von Meran, Bozen, Brixen und<br />
Bruneck errichteten die Selbsthilfegruppen<br />
einen Infostand, Informationsbroschüren<br />
wurden verteilt sowie – gegen<br />
eine freiwillige Spende – Tulpen überreicht,<br />
die Blumen, die auf internationaler<br />
Ebene als Symbol für die Parkinson-<br />
Krankheit ausgewählt wurden.<br />
P O R T R A I T<br />
von der „hexe“ zur Fachfrau<br />
Als junge Ärztin wurde<br />
Gudrun Gschwendt von ihren<br />
Kollegen öfters als „Hexe“ beschimpft,<br />
inzwischen ist die<br />
Komplementärmedizinerin<br />
eine gefragte Referentin,<br />
Seminarleiterin und Autorin<br />
mehrerer Bücher.<br />
Die Tochter des Malers Heiner<br />
Gschwendt eignete sich nach dem<br />
Medizinstudium in Innsbruck Diplome<br />
im Bereich der Akupunktur, der<br />
Homöopathie, der Neuraltherapie,<br />
der Schmerztherapie und der alternativen<br />
Krebstherapie an. 1962 erhielt<br />
sie auch noch das österreichische<br />
Diplom für Umweltmedizin. Die<br />
Mutter dreier Kinder war zu Beginn<br />
ihrer Tätigkeit Gemeindeärztin in<br />
Kastelruth und hatte große Schwierigkeiten,<br />
die Komplementärmedizin<br />
hoffähig zu machen.<br />
„Die Patienten wollten nur ihre Pillen<br />
nehmen, ich war die Verschreibmamsell.<br />
Das habe ich nicht ausgehalten.<br />
Ich begann die Patienten mit Akupunktur<br />
zu überlisten. Wenn sie mit Ischias<br />
zu mir gekommen sind, habe ich ihnen<br />
Nadeln ins Ohr gesetzt. Erst wenn sie<br />
gesagt haben, die Spritze am Ohr hat<br />
mir geholfen, habe ich sie aufgeklärt,<br />
dass es etwas Chinesisches war“, erzählt<br />
Gschwendt.<br />
verbale Schläge<br />
Nachdem sie die Kastelruther Bauern<br />
überzeugt hatte, kamen Patienten aus<br />
ganz <strong>Südtirol</strong> zu ihr. „Anfangs waren<br />
es nur die ‚Auskurierten’, die die Ärzte<br />
schickten, weil sie nicht mehr viel für sie<br />
tun konnten.“ Gschwendt war die erste<br />
Komplementärmedizinerin in <strong>Südtirol</strong>.<br />
„Daher habe ich von den Kollegen auch<br />
verbal Schläge bekommen“, lacht sie.<br />
„Ich musste z. B. drei Jahre kämpfen,<br />
bis ich bei der Krankenkasse in Bozen<br />
Akupunktur anbieten durfte, denn ich<br />
wollte die Komplementärmedizin für<br />
alle, nicht nur für Privatpatienten. Man<br />
willigte erst ein, als ein Patient von mir<br />
aus Rom ein entsprechendes Gesetz gefunden<br />
hatte.“<br />
Kampf mit Kollegen<br />
Die Zusammenarbeit mit den Kollegen<br />
war zuerst ein Kampf, entwickelte sich<br />
dann aber sehr gut. „Die Ärzte hatten<br />
wohl Sorge, dass irgendeine Hexe dem<br />
Patienten etwas antut oder etwas vergisst,<br />
was lebensnotwendig<br />
wäre. Diese Sorge ist<br />
im Hintergrund bei jederKomplementärmedizin<br />
gegeben“, zeigt<br />
Gschwendt Verständnis.<br />
„Es wurde mir stets<br />
gelehrt, wer keinen<br />
Blinddarm wenigstens<br />
diagnostizieren kann,<br />
darf auch als Homöopath<br />
keinen Patienten<br />
anrühren. Er könnte<br />
etwas übersehen oder<br />
nicht mit entsprechender<br />
Dringlichkeit an den<br />
speziellen Facharzt weiter<br />
überweisen. Daher<br />
habe ich einige Monate<br />
verschiedenster Ausbildungen<br />
– u.a. in der Unfallchirurgie<br />
– absolviert,<br />
damit etwa eine unklar<br />
schmerzende Schulter<br />
nicht falsch oder zu spät<br />
eingerenkt wird.“<br />
Reisen und lernen<br />
Zu Beginn ihrer Tätigkeit im Jahre<br />
1970 waren die Bauern ihre Patienten,<br />
inzwischen lassen sich sogar Ärzte von<br />
ihr behandeln. Ursprünglich wollte sie<br />
sich auf Kinderhomöopathie spezialisieren,<br />
wurde aber wegen des akuten<br />
Ärztemangels vom damaligen Landeshauptmann<br />
Silvius Magnago nach <strong>Südtirol</strong><br />
und zwar nach Kastelruth geholt.<br />
„Dadurch hatte ich einen Reichtum an<br />
Anforderungen und musste viel lernen.<br />
Mein Repertoire an Heilmethoden hat<br />
sich dadurch stark erweitert.“<br />
Ihr ganzes Leben hat die Ärztin Sport<br />
betrieben und ist viel gereist. „Jede Reise<br />
habe ich aber mit einem Kurs, einer<br />
Klinik oder einem Heiler verbunden.<br />
Ich wollte überall Neues lernen, in sibirischen<br />
Kliniken genauso wie in Japan,<br />
China, auf den Philippinen ...“ Gudrun<br />
Gschwendt, Jahrgang 1942, hat ihr<br />
Wissen in vielen Vorträgen weitergegeben.<br />
„Diese Vorträge waren immer am<br />
Abend, das zehrte an meinen Kräften.<br />
Heute halte ich nur noch wenige Vorträge<br />
und nur noch am Nachmittag.“ Sie<br />
hält auch nicht mehr täglich Sprechstunde.<br />
Ihre Hobbys sind die vielen<br />
Heilmöglichkeiten wie Yoga, Tai Chi,<br />
Atemtechnik – und natürlich die Menschen<br />
und ihre Sorgen.<br />
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