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Gesundes Südtirol 2010

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p a g i n i e r u n g<br />

Ethik und Kontrolle<br />

Es arbeitet im Stillen und verhandelt<br />

manchmal auch über Leben<br />

und Sterben. Nach außen dringt<br />

davon so gut wie nichts. Das<br />

Ethikkomitee setzt sich zusammen<br />

aus Experten wie Ärzten,<br />

Krankenpflegern, Apothekern,<br />

Pharmakologen, aber auch<br />

Statistikern, Juristen sowie<br />

Vertretern von Freiwilligen- und<br />

Schutzorganisationen.<br />

Dass es sowohl auf Bezirks- als auch<br />

auf Landesebene Ethikkomitees<br />

gibt, ist den meisten unbekannt. Dabei<br />

üben diese Gremien eine ebenso<br />

wichtige wie delikate Aufgabe aus.<br />

Ethikkomitees gibt es in ganz Italien;<br />

sie unterstehen dem nationalen Pharmainstitut,<br />

das für die Bewilligung,<br />

Verschreibungsmodalitäten, Preis etc.<br />

aller in Italien vertriebener Medikamente<br />

zuständig ist.<br />

Kontrolle von versuchen mit<br />

neuen Medikamenten<br />

Das Ethikkomitee des Gesundheitsbezirks<br />

Bozen, dem der Arzt Mauro<br />

Almici vorsteht, ist außerdem zuständig<br />

für Brixen und Bruneck. Es<br />

besteht aus 18 Mitgliedern, die für<br />

jeweils drei Jahre vom Gesundheitsbezirksdirektor<br />

berufen werden. Eine<br />

wichtige Funktion<br />

übt außerdem das<br />

wissenschaftliche<br />

Sekretariat aus,<br />

das von der Apothekerin<br />

Alicia Tavella<br />

koordiniert<br />

wird und für die<br />

Mauro Almici Zusammenstellung<br />

und Kontrolle<br />

der Daten sowie die Redaktion der<br />

Untersuchungsberichte zuständig ist.<br />

Klinische Versuche an kranken bzw.<br />

gesunden Menschen, aber auch die<br />

Anwendung neuer Techniken werden<br />

dem Ethikkomitee zur Beurteilung vorgelegt.<br />

Das Komitee untersucht dabei<br />

sowohl die wissenschaftliche Relevanz,<br />

als auch die klinische Zweckmäßigkeit<br />

und die (bio)ethischen und methodologischen<br />

Aspekte. Hauptaugenmerk<br />

ist dabei immer das Wohlergehen des<br />

Patienten. Das Komitee überwacht den<br />

Verlauf der genehmigten klinischen<br />

Prüfungen und nimmt deren Endergebnisse<br />

zur Kenntnis. Beim geringsten<br />

Zweifel über mögliche schädliche<br />

Nebenwirkungen erlässt das Komitee<br />

einen negativen Bescheid.<br />

Kriterium der Angemessenheit<br />

Nicht selten werden Medikamente zurückgewiesen,<br />

weil sie z. B. im Ver-<br />

gleich zu den bereits auf dem Markt<br />

vertriebenen Produkten nichts Neues<br />

bieten oder weil die für den Versuch<br />

notwendigen Kontrollen zu aufwändig<br />

sind und in keinem Verhältnis zum erwarteten<br />

Ergebnis stehen.<br />

„Bei neuen Medikamenten kann man<br />

gar nicht vorsichtig genug sein“, erklärt<br />

Michela Falciani,<br />

die dem Ethikkomitee des<br />

Bezirks Bozen in ihrer Eigenschaft<br />

als Pharmakologin<br />

angehört. „Nur zu<br />

oft versucht die Pharmaindustrie<br />

ihre Produkte<br />

durch das Hintertürchen<br />

einzuführen, in dem sie<br />

Michela Falciani<br />

versteckt Forschungsprojekte<br />

finanziert.“<br />

Auch Forschungsprojekte oder statistische<br />

Untersuchungen und Studien,<br />

die allgemein mit Daten aus dem Gesundheitswesen<br />

zu tun haben, werden<br />

vor das Ethikkomitee getragen. Ein<br />

Kriterium für die Bewilligung ist hier<br />

laut Falciani neben dem Wert für die<br />

Allgemeinheit auch die Verbreitung<br />

der erarbeiteten Daten. Wenn die Daten<br />

allgemein zugängig und von öffentlichem<br />

Interesse sind, dann wird<br />

die Einwilligung zur Studie gegeben.<br />

Dienen sie nur den Interessen privater<br />

Körperschaften, versagt das Komitee<br />

seine Zustimmung.<br />

A K T U E L L<br />

v.l n.r. Michela Falciani, Federica Degiuli, Alicia Tavella und Manuela Convento<br />

Ansprechpartner für Patienten,<br />

behandelnden Arzt und Angehörige<br />

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Tätigkeit<br />

des Komitees sind außerdem<br />

Probleme, die im klinischen Alltag bei<br />

der Behandlung von Patienten auftreten.<br />

Das Komitee ist in diesem Fall<br />

Ansprechpartner sowohl für den Patienten,<br />

als auch für den behandelnden<br />

Arzt oder die Angehörigen. Das Spektrum<br />

reicht hier von Grenzfällen, in<br />

Lebenserfahrung einbringen<br />

Der „Freiwillige Sozialdienst“<br />

bietet Personen, die älter als 28<br />

Jahre sind, die Möglichkeit, ihre<br />

Kenntnisse und Erfahrungen<br />

in den Dienst der Kranken und<br />

Behinderten zu stellen.<br />

Mit diesem Dienst können Erwachsene<br />

ab 28 Jahren einen Beitrag zur<br />

sozialen Entwicklung unseres Landes<br />

leisten. Die freiwilligen Sozialdiener und<br />

Sozialdienerinnen können den Dienst in<br />

einer der 30 Sektionen oder in der Verwaltung<br />

in Bozen leisten. In den Sektionen<br />

arbeiten sie meistens nach einer gezielten<br />

Ausbildung für die Tätigkeit beim<br />

Weißen Kreuz im Krankentransport mit<br />

und üben unterstützende Aufgaben in<br />

der Betreuung und einfache Hilfestellungen<br />

aus.<br />

vergütung und vorteile<br />

Alle freiwilligen Sozialdienstleistenden<br />

sind während der Dienstzeit vom<br />

denen eine weitere Therapie höchstens<br />

geringfügig lebensverlängernd<br />

sein kann, aber die Lebensqualität<br />

nicht verbessert.<br />

Michela Falciani zitiert einen besonders<br />

delikaten Fall, der das Ausmaß<br />

der Verantwortung des Ethikkomitees<br />

zeigt. Eine Patientin im Endstadion<br />

einer Tumorerkrankung hatte sich<br />

an den behandelnden Arzt der Palliativ-Medizin<br />

mit der Bitte gewendet,<br />

bis zum Eintreten ihres Todes sediert<br />

haftpflicht- und unfallversichert und<br />

werden vergütet. Außerdem erhalten<br />

sie Ermäßigungen auf die Fahrten<br />

mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

in <strong>Südtirol</strong>.<br />

Ärztliche Leistungen des Landesgesundheitsdienstes,<br />

die mit der Ausübung<br />

des Dienstes verbunden sind,<br />

sind kostenlos.<br />

Zu Dienstende erhalten die Sozialdiener<br />

eine Bescheinigung über die<br />

Dauer ihres Sozialdienstes, welche<br />

bei Stellenwettbewerben der Landesverwaltung<br />

Vorteile bringt.<br />

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03/<strong>2010</strong> 67<br />

INFO<br />

Weißes Kreuz<br />

Abteilung Personalentwicklung<br />

und Zivildienst<br />

Lorenz-Böhler-Straße 3 - 39100 Bozen<br />

Tel. 0471 444 382 - Fax 0471 444 374<br />

zivildienst@wk-cb.bz.it<br />

www.wk-cb.bz.it/de/ichwillfhelfen/sozialdiener<br />

Die Mitglieder des Ethik-Komitees<br />

Zusammensetzung des Ethikkomitees<br />

des Gesundheitsbezirks Bozen, eingerichtet<br />

mit Entscheidung Nr. 109 vom<br />

25.01.<strong>2010</strong> gemäß den Bestimmungen<br />

des Ministerialdekrets vom 12.05.06<br />

Dr. Mauro Almici – Präsident<br />

Ärztlicher Leiter des Krankenhausbereichs<br />

– Gesundheitsbezirk Bozen<br />

Dr. Oswald Ausserer<br />

Arzt, der nicht im Gesundheitsbezirk<br />

Bozen bedienstet ist<br />

Dr. Bernadette Moser<br />

Experte im Bereich Bioethik – Ärztin<br />

des Dienstes für Wiederbelebung des<br />

Gesundheitsbezirks Bozen<br />

zu werden. Die junge Patientin hatte<br />

sich bereits von ihrer Familie und ihren<br />

Kindern verabschiedet. Der Arzt<br />

fühlte sich angesichts einer so weitreichenden<br />

Entscheidung überfordert<br />

und bezog das Ethikkomitee in die<br />

Entscheidung ein, bei der neben ethischen<br />

und medizinischen, auch juristische<br />

Aspekte berücksichtigt werden<br />

mussten. Das Ethikkomitee gab nach<br />

gründlichem Erwägen einen positiven<br />

Bescheid.

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