Gesundes Südtirol 2010
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G e s u n d h e i t s d i e n s t e<br />
Pusterer Dynamik<br />
Das große Glasfenster im<br />
Sitzungssaal, von dem aus der<br />
Bezirksdirektor Walter Amhof gerade<br />
den Einsatz leitet, gibt den<br />
Blick frei auf einen halbfertigen,<br />
mächtigen Zubau in Glas und<br />
Aluminium.<br />
Walter Amhof ist die Ruhe selbst und<br />
behält die Übersicht auch an diesem<br />
Morgen. Völlig überraschend war<br />
die ganze Telefonanlage im Krankenhaus<br />
Bruneck ausgefallen. Einsatzbesprechung<br />
mit den Technikern. Sofort<br />
auf Notanlage ausweichen. Nicht, dass<br />
der Telefonausfall von Alterschwäche<br />
herrührt. Eher eine kleine Wachstumsstörung<br />
im sich ständig erneuernden<br />
Universum Krankenhaus.<br />
Seit Jahresbeginn 2009 hat Walter<br />
Amhof die Nachfolge von Hans Willeit<br />
als Bezirksdirektor der Krankenhäuser<br />
Bruneck und Innichen sowie<br />
der damit verbundenen Sprengel und<br />
Gesundheitsdienste im Pustertal angetreten.<br />
Der frühere EDV-Chef bringt<br />
neben seiner Erfahrung ein geschultes<br />
logisches Denken mit. Er liebt die<br />
Nähe zum Job: „Ich versuche Dinge<br />
umgehend zu erledigen, denn wenn<br />
ich meinen Mitarbeitern am nächsten<br />
Morgen begegne, möchte ich ihnen<br />
persönlich Bescheid sagen können wie<br />
weit die Lösung gediehen ist.“<br />
Mit dem neuen Spitalbau rüstet sich<br />
Bruneck für die Zukunft. Die Station<br />
für Psychiatrie wird im Neubau ein-<br />
Alles bereit für Neugeborene<br />
Bezirksdirektor Bruneck Walter Amhof<br />
ziehen. Dazu kommen der psychologische<br />
Dienst und der Dienst für Abhängigkeitserkrankungen.<br />
In diesen<br />
Bereichen nimmt der Bedarf leider zu.<br />
Und es wird dort 50 Betten für Langzeitpflege<br />
geben. Da hat das Pustertal<br />
einen Nachholbedarf von 25 %, sagt der<br />
Direktor. In anderen Bereichen hat der<br />
Bezirk Bruneck die Nase vorn. Längst<br />
schon über die Landesgrenzen hinaus<br />
ist Bruneck bekannt für die künstliche<br />
Befruchtung, während die Nähe zum<br />
Kronplatz dafür sorgt, dass in den<br />
Krankenhäusern Bruneck und Innichen<br />
an Spitzentagen bis zu 300 „Skihaxn“ in<br />
der Orthopädie landen. Da die Kapazitäten<br />
auf 150 Patienten ausgelegt sind,<br />
zieht das touristische Extra Leistungsspitzen<br />
in der Medizin nach sich. Bis zu<br />
zwölf Traumatologen operieren an diesen<br />
Tagen auch bis spät in die Nacht,<br />
weiß Gesundheitsmanager Amhof. Gut,<br />
dass der personelle Ausgleich mit dem<br />
kleineren Grundversorgungskrankenhaus<br />
Innichen so gut funktioniert.<br />
Zufrieden ist Walter Amhof auch mit der<br />
rationalen Aufteilung, bzw. Zusammenarbeit<br />
der Primariate. „Wir haben schon<br />
Bereiche zusammengelegt, um Personal<br />
und Räumlichkeiten besser zu nutzen.<br />
Mit dem GB Brixen gibt es einen regen<br />
Patientenaustausch. Für Augen, Dermatologie<br />
und Neurologie betreut Bruneck<br />
dessen Patienten, während Brixen<br />
Hals-Nasen-Ohren, Urologie und Gefäßchirurgie<br />
für unsere Bevölkerung mitbetreut.“<br />
Wir warten schon lange auf<br />
den neuen Landesgesundheitsplan, mit<br />
dem die Rahmenbedingungen und Ziele<br />
festgelegt werden sollen, nach denen<br />
sich die einzelnen Akteure im Gesundheitswesen<br />
dann orientieren können.<br />
Wird der frühere EDV-Chef auf das<br />
landesweite Informationssystem angesprochen,<br />
greift er den erfreulichen<br />
Teil heraus. Bruneck habe mit „IKIS“<br />
seit 2004 ein perfektes EDV-System,<br />
mit OP-Management, Abrechnungen,<br />
Patientenpfaden und Krankheitsregister.<br />
Ein Vorsprung, den das ganze Land,<br />
sprich der große Sanitätsbetrieb, gerne<br />
nützen könnte.<br />
G e s u n d h e i t s d i e n s t e<br />
carlo erinnert sich<br />
Es hat sich an einem Nachmittag<br />
des 31. Juli 1958 zugetragen. Ich<br />
war 15 Jahre alt und seit vierzehn<br />
Tagen bei der Garage Crepaz in<br />
Bruneck als Mechanikerlehrling<br />
angestellt.<br />
Da kam ein Kunde,<br />
ein Italiener,<br />
und wollte<br />
sein Auto kontrollieren<br />
lassen, da es<br />
Benzin verlor. Damals<br />
gab es noch<br />
keine Hebebühne.<br />
Man behalf sich<br />
mit einer ausbetonierten<br />
Grube im<br />
Garagenboden, in<br />
Markus Fischnaller hat<br />
die „Spitalsgeschichten“<br />
die eine Treppe hi-<br />
gesammelt.<br />
nunterführte. Ober<br />
diesem viereckigen<br />
Loch wurde der<br />
Wagen abgestellt. Seitlich der Grubenwand<br />
befand sich eine Vorrichtung für<br />
die Halterung der Lampe. Die Gesellen<br />
nahmen die Lampe, zogen den Kabel<br />
nach und stiegen in die Grube. So wurde<br />
das Auto dann von unten her ausgeleuchtet<br />
und auf Schäden untersucht.<br />
Ich weiß noch, dass<br />
mich jemand um Sägemehl<br />
geschickt hat,<br />
da der Tank leck war<br />
und Benzin in die<br />
Grube tröpfelte.<br />
Das war mein Glück,<br />
sonst wäre ich später<br />
vermutlich da unten<br />
gestanden. Ich wartete<br />
also oben mit dem<br />
Sägemehl und sah,<br />
wie die zwei Gesellen,<br />
Karl Crepaz und Toni<br />
Reichegger, mit dem<br />
kaputten Tank die<br />
Stiege heraufkamen.<br />
Die Lampe hatten sie<br />
kurz davor wieder in<br />
ihre Halterung gegeben.<br />
Dann stieß einer<br />
der zwei gegen die<br />
Lampe. Vermutlich<br />
war sie nicht gut genug<br />
verankert, sodass<br />
diese auf den Boden<br />
der Grube fiel. Ich<br />
sah Funken fliegen. Es<br />
gab einen gewaltigen<br />
Knall, eine Explosion.<br />
Die Scheiben der<br />
Garage gingen<br />
alle zu Bruch.<br />
Die anderen<br />
zwei Mechaniker hatte es stärker<br />
erwischt als mich, weil ich<br />
oben stand. Wären die beiden<br />
noch in der Grube gestanden,<br />
hätten sie es sicher nicht überlebt<br />
– so aber kamen wir alle<br />
mit mehr oder weniger schweren<br />
Brandverletzungen davon.<br />
Ein Nachbar, der Bachlechner,<br />
brachte uns ins Spital, das Gott<br />
sei Dank nicht weit entfernt war.<br />
Dort musste ich vierzehn Tage<br />
lang bleiben.<br />
Ein bad hatte ich nicht gekannt<br />
Auf die Brandwunden strich man<br />
jeden Tag eine Salbe hinauf. Das<br />
brannte höllisch. Primar Rossati<br />
behandelte mich. Ich kann mich<br />
noch an Schwester Metrodora<br />
erinnern, die hat immer mit den<br />
Männern Karten gespielt. Auch<br />
Carlo Feichter aus Enneberg<br />
im Bruneckner Spital.<br />
der Spitalkaplan, ein Kapuzinerpater,<br />
ist öfters gekommen. Das Essen war<br />
recht gut. Der Franz hat mich nach<br />
einer Woche gebadet. Ich wurde am<br />
ganzen Körper gewaschen. Dabei habe<br />
ich mich geschämt. Aber der Franz hat<br />
nur gelacht. Das hat ihm nichts ausgemacht.<br />
Auch habe ich bis zu dieser Zeit<br />
ein Bad weder gekannt noch gesehen.<br />
Nach zwei Wochen haben sie mich<br />
entlassen. Bis September konnte ich<br />
zuhause bleiben. Dann habe ich noch<br />
10.000 Lire von einer Versicherung<br />
erhalten. Vielleicht war es das italienische<br />
Unfallversicherungsinstitut. In<br />
der Garage hat sich das schnell herumgesprochen.<br />
Da sind einige neidisch<br />
gewesen. Es hat geheißen: zuhause sitzen<br />
und noch Geld kassieren. Aber mit<br />
meinen Verbrennungen, die ich mir<br />
zugezogen hatte, und den höllischen<br />
Schmerzen wollte dann doch keiner<br />
tauschen.<br />
Bis 1959 gab es hinter dem Krankenhaus<br />
sogar einen Hühnerstall<br />
18 03/<strong>2010</strong><br />
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