Gesundes Südtirol 2010
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Oswald Mayr ist der Arzt in der<br />
Generaldirektion des <strong>Südtirol</strong>er<br />
Sanitätsbetriebes. Der frühere<br />
Primar der Intensivmedizin sieht<br />
sich auch in seinem jetzigen<br />
Amt als Sanitätsdirektor des<br />
Landesbetriebes an vorderster<br />
Front. „Damit die Mediziner auf<br />
dem Territorium und in den<br />
Krankenhäusern gut arbeiten<br />
können, muss sich das System<br />
ändern und anpassen“. Oswald<br />
Mayr leistet technisch fundierte<br />
Grundarbeit, erstellt Gutachten<br />
und sieht sich als Anlaufstelle<br />
für´s Grundsätzliche.<br />
Radius: Sie sind dafür verantwortlich,<br />
dass der Laden läuft?<br />
O. Mayr: So kann man´s nennen. Ich bin<br />
zuständig für die Anstellung der richtigen<br />
Menschen, die Auswahl der richtigen<br />
Strukturen, ein offenes und transparentes<br />
Klima. Dafür, dass die richtigen<br />
Entscheidungen zustande kommen.<br />
Und dann natürlich das Tagesgeschäft:<br />
Alltagsprobleme im Sprengel, Nachbesetzung<br />
von Primaren, Erweiterung des<br />
Stellenplans, die Lösung von Problemen<br />
persönlicher Art wie Mobbing, etc. Die<br />
Erstellung neuer Konzepte zu aktuellen<br />
Fragen, die Koordinierung klinischer<br />
Projekte, die darauf zielen, einen allgemeinen<br />
europäischen Standard in der<br />
Patientenversorgung zu erreichen.<br />
Radius: Sie sind seit 2007 Sanitätsdirektor<br />
und haben somit die Verwirklichung<br />
des ersten Teils der Sanitätsreform<br />
miterlebt ...<br />
O. Mayr: ... und mich erschreckt, in<br />
welch kleinen Schritten sich diese dringend<br />
notwendige Reform durchziehen<br />
lässt. Ich habe bereits bei meinem Arbeitsantritt<br />
ein Reformpapier für den<br />
klinischen Bereich vorgelegt und auch<br />
jetzt wieder. Mir ist klar, dass in einer<br />
so anspruchsvollen Gesellschaft wie<br />
der unseren eine Vernetzung nach internationalen<br />
Standards – was einem<br />
Aufbrechen derzeitiger Gewohnheiten<br />
entspricht – nicht leicht zu erreichen<br />
ist. Aber es gibt dazu keinen alternativen<br />
Weg, wenn wir bedenken, welch<br />
kostenintensive Betreuung heutzutage,<br />
um nur einen Sektor zu benennen, die<br />
G e s u n d h e i t s d i e n s t e<br />
Radius: Und die Bevölkerung wird diese<br />
Umstrukturierung mittragen? Es gibt ja<br />
jetzt schon Proteste, wenn wie z. B. in<br />
Schlanders um die Nachbesetzung eines<br />
Primariats diskutiert wird.<br />
O. Mayr: Es bleibt uns nichts anderes<br />
übrig, wenn wir allen eine qualitativ<br />
hoch stehende Betreuung garantieren<br />
wollen. Die Qualität der medizinischen<br />
Leistung ist unser erstes<br />
Ziel! Wir müssen mobiler werden.<br />
Andererseits fahren die Leute ja auch<br />
nach Venedig für einen Macchiato<br />
oder nach Innsbruck zu Ikea. Warum<br />
sollten sie dann nicht 30 oder 40 km<br />
in ein spezialisiertes Krankenhaus<br />
fahren?<br />
Radius: Sie waren langjähriger Primar<br />
der Intensivmedizin. Haben jeden Tag<br />
Erfolge und Misserfolge hautnah miterlebt.<br />
Fehlt ihnen jetzt nicht das Adrenalin?<br />
O. Mayr: Ich bin ein Mensch, der egal wo,<br />
mit großem Eissatz arbeitet. So wie ich<br />
mich für die Intensivmedizin ganz eingesetzt<br />
habe, so fordert mich jetzt diese<br />
Tätigkeit. Ich bin motiviert, auch wenn<br />
ich zugeben muss, dass es nicht leicht<br />
ist, dieses in meinen Augen unerlässliche<br />
Anliegen der „klinischen Reform“<br />
zwischen Politik und gewohnter Behaglichkeit<br />
durchzusetzen. Aber es gibt dazu<br />
keine Alternative!<br />
Hier ballt sich nicht nur<br />
die Bevölkerung des<br />
Landes, sondern auch die<br />
Gesundheitsversersorgung<br />
<strong>Südtirol</strong>s. Die klinischen<br />
Angebote und Leistungszahlen<br />
im Einzugsgebiet von Bozen und<br />
Meran darzustellen, würde ein<br />
eigenes, dickes Heft füllen.<br />
Da sind zu aller erst die beiden Gesundheitsbezirke<br />
Bozen und Meran<br />
mit ihren großen Krankenhäusern<br />
und ihren Sprengeln zu nennen,<br />
aber auch die beliebten Privatkliniken<br />
und manche andere Einrichtungen,<br />
Sanatorien und Heime, die das Gesundheitswesen<br />
in <strong>Südtirol</strong> als so ungemein<br />
lebendig und vielgestaltig erscheinen<br />
lassen.<br />
Der Gesundheitsbezirk Bozen hat<br />
das bevölkerungsreichste Einzugsgebiet.<br />
Das Krankenhaus Bozen und die<br />
Sprengel versorgen weit über 200.000<br />
Einwohner und damit rund 45 % der<br />
Gesamtbevölkerung des Landes. Der<br />
Gesundheitsbezirk Meran hingegen ist<br />
mit rund 2300 Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern der größte Betrieb im<br />
G e s u n d h e i t s d i e n s t e<br />
Am Puls der Zeit Im „Mebo“ Raum<br />
chronisch Kranken und die pflegebedürftigen<br />
Menschen benötigen.<br />
Radius: Was sehen Sie als wichtigsten<br />
Punkt der klinischen Reform?<br />
O. Mayr: Wir müssen auch im Alltag ein<br />
abgestuftes System schaffen. Die Krankenhäuser<br />
werden bleiben und optimal<br />
genutzt werden, Schwerpunktkrankenhäuser<br />
und das Zentralkrankenhaus<br />
müssen gemeinsam und untereinander<br />
abgesprochen neben der Grundversorgung<br />
Spitzenmedizin in wesentlichen<br />
Bereichen leisten. Auch die Mobilität<br />
innerhalb des Betriebes und der Patienten<br />
ist ein ganz wichtiges Kriterium,<br />
um anspruchsvolle Leistungen anbieten<br />
bzw. bekommen zu können. Ich denke<br />
z.B. an das Zentrum zur Behandlung des<br />
Brustkrebses in Meran – Brixen... usw.<br />
Radius: Das heißt eine kapillare Grundversorgung<br />
überall und Spezialleistungen<br />
in verschiedenen, aber eben nicht<br />
in allen Krankenhäusern?<br />
O. Mayr: Ein Sanitätsbetrieb darf nicht<br />
statisch bleiben, muss sich den gesellschaftlichen<br />
Veränderungen und dem<br />
medizinischen Fortschritt anpassen,<br />
innovative Organisationsmodelle umsetzen,<br />
eben am Puls der Zeit bleiben.<br />
Und das müssen wir auch entsprechend<br />
nach innen und außen kommunizieren<br />
und umsetzen. Alles überall anbieten,<br />
heißt an Kompetenz verlieren und untragbare<br />
Kosten generieren.<br />
Radius: Es braucht also eine grundsätzliche<br />
Definition der Aufgaben, dessen,<br />
was ein steuerfinanzierter Betrieb wie<br />
und wo anbieten kann?<br />
O. Mayr: Genau. Dazu müssen wir auch<br />
ein einheitliches Verhalten privaten<br />
Anbietern gegenüber definieren. Das<br />
Territorium potenzieren, um im Krankenhaus<br />
Kapazitäten freizumachen.<br />
Ein Akutbett kostet zwischen 600 und<br />
2000 Euro am Tag. Täglich suchen viele<br />
Menschen die „Erste Hilfe“ auf, ca. 70 %<br />
davon sind Fälle ohne Dringlichkeit, die<br />
ebenso gut oder besser vom Hausarzt<br />
versorgt werden könnten. Es braucht<br />
zudem ein abteilungsübergreifendes<br />
und krankenhausübergreifendes Netzwerk<br />
vor allem für Patienten, die aus<br />
dem Krankenhaus entlassen werden.<br />
Sanitätsdirektor Oswald Mayr<br />
Neue Klinik in Bozen ab 2014<br />
Zentralkrankenhaus Bozen in den 80ern<br />
14 03/<strong>2010</strong><br />
Altes Meraner<br />
03/<strong>2010</strong><br />
Spital 15<br />
Bezirksdirektorin<br />
Meran<br />
Irene Pechlaner<br />
Westen des Landes <strong>Südtirol</strong>. Das Krankenhaus<br />
Bozen hat den Rang eines<br />
Zentralkrankenhauses. Damit steht es<br />
über den Schwerpunktkrankenhäusern<br />
Meran, Brixen und Bruneck. Ausgesagt<br />
wird damit, dass in Bozen Abteilungen<br />
und Dienste für das ganze Land<br />
angesiedelt sind, etwa das Zentrum<br />
für Transplantationschirurgie oder die<br />
Landesnotrufzentrale.<br />
Das größte Hochbauprojekt der <strong>Südtirol</strong>er<br />
Landesregierung ist übrigens<br />
die neue Klinik, die gleich neben<br />
dem bestehenden Krankenhausbau<br />
in Bozen entsteht. Im Jahr 2014 soll<br />
sie in Betrieb gehen. Der Bettentrakt<br />
wird 2016 fertig gestellt werden. Die<br />
neue Bozner Klinik wird damit zum<br />
Bezriksdirektor<br />
Bozen<br />
Umberto Tait<br />
Anschauungsbeispiel für viele organisatorische,<br />
technische und medizinische<br />
Neuerungen, die heute lebhaft<br />
und manchmal auch kontrovers – gerade<br />
von den Bozner Primaren – im<br />
Rahmen der klinischen Reform diskutiert<br />
wird.<br />
Das Krankenhaus „Franz Tappeiner“<br />
in Meran wiederum verbindet Moderne<br />
und Tradition auf eine ganz<br />
eigene Weise. Neben dem mächtigen<br />
weißen Bau mit seinen türkisgrünen<br />
Elementen liegt das alte, sehr schön<br />
erneuerte Spital aus der Kaiserzeit.<br />
Es beherbergt die neue Abteilung für<br />
Komplementärmedizin, für die sich<br />
Landesrat Richard Theiner besonders<br />
stark gemacht hat.<br />
Krankenhaus „Franz Tappeiner“