DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi
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Deutschland verminte, etablierte sich mit dem Wettkampf der Systeme eine „experimentelle<br />
Nationalökonomie“.<br />
Rheinische Wegbereiter einer neuen Ordnung<br />
Vom Rheinland, insbesondere Königswinter, Köln und Walberberg, gingen nachhaltige<br />
Signale katholischer Soziallehre aus: neue ordnungspolitische Akzente<br />
wurden gesetzt und personelle Weichen für einen Neubeginn gestellt, die nicht nur<br />
das Schicksal Westdeutschlands als freiheitliche Gesellschaft und ihre Orientierung<br />
an den Grundsätzen christlich-abendländischer Kultur bestimmen, sondern<br />
auch das Modell für ein wieder geeintes Deutschland prägen sollten.<br />
Wird die Bedeutung Konrad Adenauers für die freiheitliche Lebensordnung in<br />
Deutschland bewundert, so bleibt seine ordnungspolitische Weitsicht verborgen<br />
hinter der in späteren Jahren der Regierungsarbeit nicht immer konsonanten Beziehung<br />
zwischen ihm, bekannt für seine „Eigenwilligkeit und sein Durchsetzungsvermögen“<br />
(Morsey 1972: 14), und Erhard: einem Spannungsverhältnis, „was bei<br />
den unterschiedlichen Temperamenten, Charakteren und beruflichen Erfahrungen<br />
nicht anders zu erwarten war“ (Hellwig 1997: 44). Allein ihr Altersunterschied von<br />
zwei Jahrzehnten ließ den Blickwinkel beider auf Geschichte und Gegenwart unterschiedlich<br />
ausfallen.<br />
Adenauer, „seit 1946 mächtigster Mann“ in der Christlich Demokratischen Union<br />
(Noethen 1994: 80), hat – neben den im Parlamentarischen Rat laufenden Beratungen<br />
– auf der Sitzung des Zonenausschusses der CDU der britischen Zone in<br />
Königswinter am 24. und 25. Februar 1949 erfolgreich um Erhard geworben.<br />
Ohne Adenauers Personalentscheidung, Erhard für sich zu gewinnen, hätte keine<br />
Bonner Republik entstehen können: Denn ohne Erhard als Wahllokomotive hätte<br />
die CDU 1949 weder mit Adenauer allein die Wahl zum ersten Deutschen Bundestag<br />
gewinnen, noch Adenauer zum Bundeskanzler gewählt und damit auch Bonn<br />
nicht Bundeshauptstadt werden können. Dann hätte es auch keine „Politik der<br />
Sozialen Marktwirtschaft“ (Erhard 1962) gegeben. Mit anderen Worten: ohne<br />
Erhards „Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft“ (Adenauer 1949; Erhard 1962)<br />
hätten die optimistischen Befürworter seiner konzeptionell vorausbedachten sozial<br />
verpflichteten Wirtschaftspolitik nicht die Vielen von den Vorzügen der Marktwirtschaft<br />
überzeugen können, die sich nach verlorenem Krieg und den Zerstörungen,<br />
nach bedingungsloser Kapitulation, der Gewöhnung an Mangelwirtschaft und<br />
totale NS-Diktatur, eine freiheitliche Ordnung überhaupt nicht vorstellen konnten.<br />
Adenauer hatte ein ordnungspolitisches Gespür für das Notwendige: Dank seines<br />
Weitblicks besaß die CDU „1945/46 das mit Abstand ‚fortschrittlichste’ Programm:<br />
mit ihrer Forderung nach einer Einigung Europas, nach Preisgabe nationaler<br />
Souveränität, mit ihrer Betonung der Menschenwürde, der christlichen Einigungsparole<br />
und der sozialen Bindung des Eigentums.“ (Morsey 1972: 56). Bereits<br />
auf der „Rhöndorfer Konferenz“ hatte Adenauer vor führenden Unionspolitikern<br />
mit Blick auf die Bildung der ersten Bundesregierung erklärt, „daß die Wahlen<br />
nicht nur ein eindrucksvolles Bekenntnis zu den Grundideen der christlichdemokratische<br />
Gesellschaftsauffassung, sondern auch eine eindeutige Bejahung<br />
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