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DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi

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Da sich das Jesus-Prinzip den Menschen zuwendet und diametral gegen die Hybris<br />

weltlicher Macht stellt, hat es zu allen Zeiten – auch in der Kirche selbst –den<br />

Widerspruch der Eliten herausgefordert. Mit der persönlichen Beziehung zu Gott<br />

hatte sich unaufhaltsam auch die Emanzipation von der Macht in Gang gesetzt.<br />

Diesen zentralen Aspekt, den die globale Moderne in immer weitere Ferne rückt,<br />

ruft Papst Benedikt ins Gedächtnis zurück: „Der Kampf um die Freiheit der Kirche,<br />

der Kampf darum, daß Jesu Reich mit keinem politischen Gebilde identisch sein<br />

kann, muß alle Jahrhunderte geführt werden. Denn der Preis für die Verschmelzung<br />

von Glauben und politischer Macht besteht zuletzt immer darin, daß der<br />

Glaube in den Dienst der Macht tritt und sich ihren Maßstäben beugen muß“ (ebd.,<br />

69).<br />

Diese Konstellation ist offenbar auch in unserer Zeit wieder dabei, sich vermehrt<br />

zu bewahrheiten, allerdings ausgestattet mit einem zusätzlichen Phänomen. Zwar<br />

hat sich im Zuge der Säkularisierung der christliche Glaube zunehmend der politischen<br />

Macht und dem Druck der Moderne gebeugt, doch scheint sich die politische<br />

Macht nun ihrerseits dem muslimischen Glauben und dem Druck der Vormoderne<br />

zu beugen.<br />

Dieser eigentümlich asymmetrische Strukturwandel mag nach acht Jahrhunderten<br />

den großen Islam-Mystiker Ibn al-Arabi bestätigen, der es wegen eines einzigen<br />

Satzes ablehnte, sich mit der Metaphysik des Aristoteles zu beschäftigen: „Wir<br />

müssen über die Art und Weise nachdenken, wie es einen Gott in der Welt zu<br />

setzen gilt.“ Damals wie heute ging und geht es um die lupenreine Erhaltung Allahs,<br />

die Teilhabe an der Macht durch Unterwerfung vermittelt. Über den Hebel<br />

des Geldes werden bekanntlich alle Inhalte austauschbar, so daß ein wachsender<br />

Allah-Anteil am neuen Gottesbild dem Islam durchaus den Anstrich geben könnte,<br />

die Religion der Globalisierung zu sein.<br />

Dr. Hans-Peter Raddatz, Orientalist, Volkswirt und Systemanalytiker, ist Ko-<br />

Autor der „Encyclopaedia of Islam“ und Autor zahlreicher Bücher über den<br />

Islam.<br />

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