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DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi

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zur Einheit Gottes und die Liebe zum Nächsten, die nach Ansicht der Autoren<br />

beide Religionen verbinden und auf der Basis der beiden ersten Gebote eine geeignete<br />

Grundlage für ein „gemeinsames Wort“ (common word) und damit auch<br />

einen erweiterten Friedensdialog bilden sollen.<br />

Wir können uns kurz fassen, denn gemäß dem, was wir oben ausgeführt haben,<br />

wäre es nun an der Zeit, das Grundsatzthema der „Beigesellung“ zur Sprache zu<br />

bringen. Davon ist im Offenen Brief der 138 allerdings keine Rede. In bezug auf<br />

die Juden und Christen, vorliegend die „Schriftbesitzer“, beschränkt man sich auf<br />

Koran 3/64, wo die Andersgläubigen aufgefordert werden, mit den Muslimen<br />

Allah anzubeten, oder zumindest anzuerkennen, daß die Muslime die wahrhaft<br />

Gottergebenen sind.<br />

Ein „gemeinsames Wort“, das seinen Namen verdient, hätte die Koranstellen ansprechen<br />

müssen, welche die Fundamentalkritik und antagonistische Lebensmitte<br />

des Islam enthalten: die Trinität mit der Gottessohnschaft Jesu und dem Heiligem<br />

Geist als Gnadenweg zur exklusiven Beziehung des Menschen zu Gott: „Wahrlich,<br />

das sind Ungläubige, die sagen, Gott (Allah) sei Christus, der Sohn Marias (5/17,<br />

/72) ... Ungläubig sind diejenigen, die sagen: ‚Gott ist einer von dreien’ (/73) ...<br />

Wer Allah irgendein Wesen zugesellt, den schließt Allah vom Paradiese aus, und<br />

seine Wohnung wird das Höllenfeuer sein“ (/72).<br />

Die Aufregung um letztere Aussage war gänzlich überflüssig, denn weder damals,<br />

noch heute, noch über die ganze Geschichte hinweg hat jemals irgendjemand versucht,<br />

Allah etwas hinzuzufügen, geschweige denn ihn zum Vater Jesu zu machen.<br />

Der ist aus muslimischer Sicht zwar ein Prophet, aber eben nur Prophet, der nicht<br />

nur das Feld für Muhammad bereiten, sondern auch im Endgericht die Muslime<br />

von den Christen befreien soll und selbst zum Islam konvertiert.<br />

Die koranische Frage, ob er die Menschen aufgefordert habe, ihn zu vergöttlichen<br />

(5/116), verneint Jesus und bezieht als „geschaffen, nicht gezeugt“ (43/60) die<br />

exakte Gegenposition zum nizäischen Dogma seiner „gezeugten, nicht geschaffenen“<br />

Göttlichkeit. So bleibt nach wie vor alles beim koranischen Alten: „Er (Allah)<br />

ist Gott, ein Einziger, durch und durch. Er hat weder gezeugt, noch ist er gezeugt<br />

worden, und keiner ist ihm ebenbürtig“ (5/112).<br />

Den Eindruck dogmatischer Unbeweglichkeit, den das Muslimpapier dem Leser<br />

unweigerlich aufdrängt, brachte der römische Oberrabbiner Riccardo di Segni auf<br />

seine Weise auf den Punkt: „Wenn Juden in dem Dokument erwähnt werden, dann<br />

immer nur in Klammern, als ginge es da um etwas Abstraktes, Archäologisches“<br />

(Il Foglio, 24.10.07). Überdies könne man den Eindruck gewinnen, die Muslime<br />

hätten einen Marketing-Kurs durchlaufen, um sich für den Wettbewerb der Religionen<br />

fit zu machen. Das ändere jedoch kaum etwas am fassadenhaften Charakter<br />

des Offenen Briefes, geschweige denn am Problem des islamischen Fundamentalismus.<br />

Beim zweiten Punkt ihres Briefes, der Nächstenliebe, versäumen die Imame nicht,<br />

auf die wichtige Prophetenrolle Jesu zu verweisen, verschweigen allerdings eines<br />

der Fundamente islamischen Selbstverständnisses. „Keiner trage des anderen Last“<br />

lautet die in Koran und Tradition mehrfach wiederholte Grundregel, wenn es um<br />

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