DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi
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wies ihre Religion strukturelle Ähnlichkeiten mit dem Islam auf; sie waren zudem<br />
mit zwei Feindschaften konfrontiert, der muslimischen und der „christlichen“.<br />
Maimonides verfaßte daher ein Gutachten, dem zufolge die Verleugnung und<br />
Scheinkonversion auf den Islam beschränkt war.<br />
In bezug auf die Christen blieb nur die Alternative, Folter und letztlich den Tod auf<br />
sich zu nehmen. Auch wenn beide Optionen offen waren, gab es keine wirkliche<br />
Wahl, weil ein Meineid nur auf Muhammad möglich war. Nach dieser Lesart<br />
konnte er zwar der Prophet Allahs, nicht aber Jesus der Sohn Gottes sein. Solches<br />
erschien nachvollziehbar, denn nach einem Jahrtausend der „Jesusmörder“, als<br />
welche die christliche Propaganda die Juden diffamierte, konnte man von ihnen<br />
kaum mehr Loyalität erwarten.<br />
An Allahs Zeitfunktion hat sich natürlich auch acht Jahrhunderte später nichts<br />
geändert. Nach wie vor ist der Gott der Muslime damit beschäftigt, jeden Moment<br />
die Welt bis in die kleinste Facette, bis in jede Elektronenbewegung neu zu schöpfen.<br />
Es hat sich eine ganze Zunft von Gelehrten gebildet, die unter Nutzung der<br />
Evolutionslehre und des Mutation-Selektion-Prinzips zu beweisen suchen, daß der<br />
Fortschritt der Welt schon im Koran und damit im Schöpfungsplan Allahs angelegt<br />
ist. Die dabei auftretenden Mühseligkeiten könnten sie sich jedoch ersparen, denn<br />
längst erhalten sie Schützenhilfe von völlig unerwarteter Seite, der westlichen<br />
Moderne selbst. Deren fortlaufende Spezialisierung und Technisierung hat eine<br />
kognitive Auflösung, eine Zersplitterung der Wahrnehmung mit sich gebracht, die<br />
sich mit der Wahrnehmung der Muslime verähnlichen kann.<br />
Das Verschwinden der christlichen Identität, gepaart mit der modernen, pluralistischen<br />
Säkularisierung und dem Punktdenken eines überbordenden Konsumismus,<br />
ist nicht nur kompatibel mit dem Prinzip der Momentschöpfung, sondern stellt sich<br />
aus muslimischer Sicht als Beweis der Weisheit Allahs dar. Je zersplitterter das<br />
momentgesteuerte, westliche Bewußtsein wird, desto deutlicher wird es auch Teil<br />
der Momentschöpfung, die sich in islamischem Sinne gestalten läßt. Mit anderen<br />
Worten: Islamische Momentschöpfung und moderner Momentismus werden auf<br />
eine Weise kompatibel, welche die laufende Islamisierung in einen Strukturwandel<br />
von Weltbildformat ausweiten kann.<br />
472<br />
Der Offene Brief der 138 Imame an Papst Benedikt XVI.<br />
Die Wahrnehmungsatome, aus denen sich Allahs Momentwelt einerseits und die<br />
westliche Konsumwelt andererseits zusammensetzen, sind wesentlich identisch,<br />
nur mit dem entscheidenden Unterschied, daß Allah einen Zusammenhang anbietet,<br />
während er der westlichen Wahrnehmung entgleitet. Insofern gibt es keinen<br />
Widerspruch zwischen einer teilweise islamwidrigen Schöpfung und der Allmacht<br />
Allahs. Denn da er schaffen kann, wie er will, und dabei täuschen kann, wen er<br />
will, und zudem seine Machtfelder so leicht zu besetzen sind, entstehen Weltbilder,<br />
an deren Zustandekommen auch die muslimischen Machthaber und ihre westlichen<br />
Dialogpartner ständig mitwirken.<br />
Vor diesem Hintergrund ist nun abschließend der Offene Brief der 138 Imame an<br />
Papst Benedikt XVI. vom Oktober 2007 zu betrachten. Er bezieht sich auf die Liebe