DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi
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ten Handlungsweisen nicht automatisch zu ihrer Realisierung führt. Vielmehr<br />
spielen der gesamte Prozeß des Wertemanagements bzw. der Code-of-Conduct-<br />
Politik eine entscheidende Rolle. 11 Da Ethikrichtlinien Einstellungen bzw. soziale<br />
Normen der Handelnden zum Gegenstand haben und als Ergebnis eines umfassenden<br />
Sozialisationsprozesses betrachtet werden müssen, ist allerdings zu<br />
berücksichtigen, daß diese in der Regel nur außerordentlich schwierig zu verändern<br />
sind. 12 Vor diesem Hintergrund ist es nicht weiter verwunderlich, daß sich<br />
insbesondere die Arbeitsrechtssprechung mit diesem Thema befaßt. Dabei geht<br />
es sowohl darum, inwieweit betriebliches oder gar privates Verhalten geregelt<br />
werden darf, als auch um mögliche Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei der<br />
Einführung von Ethikrichtlinien. 13 Wenn aber letztlich doch nur wieder das<br />
Recht mit seinen Sanktionen gewünschte Verhaltensweisen erzeugen kann, dann<br />
bleibt von dem Wunsch nach moralischem Handeln im Unternehmen nicht viel<br />
übrig. Vor diesem Hintergrund ist es notwendiger denn je, danach zu fragen, wie<br />
moralisches Handeln eigentlich zustande kommt.<br />
456<br />
Vom moralischen Urteil zum moralischen Handeln<br />
Wenngleich nicht unumstritten, so stellt die Stufentheorie der Entwicklung moralischer<br />
Urteilskompetenz des Psychologen Lawrence Kohlberg derzeit das<br />
umfangreichste Konzept in Hinblick auf die zuvor genannte Fragestellung dar. 14<br />
Nach diesem Ansatz vollzieht sich die Moralentwicklung des Menschen kulturunabhängig<br />
auf verschiedenen Niveaus und Stufen. 15 Die Entwicklung der moralischen<br />
Urteilskompetenz erfolgt dabei im Wege der primären (Familie), sekundären<br />
(Schule, Gleichaltrige etc.) und tertiären Sozialisation (Beruf, Unternehmung<br />
etc.). Das Steckenbleiben auf einer niedrigen Entwicklungsstufe wird<br />
hierbei durch defizitäre Sozialisationsbedingungen erklärt. Betriebswirte oder<br />
betriebswirtschaftsnahe Autoren befassen sich aus verständlichen Gründen vorzugsweise<br />
mit dem Einfluß und der Gestaltung der tertiären Sozialisation in<br />
Beruf und Unternehmung. 16 Es ist jedoch leicht nachvollziehbar, daß vor Beginn<br />
des Berufslebens bereits ein wesentlicher Teil der Sozialisation erfolgt ist, so daß<br />
der unmittelbare Einfluß vor allem im Unternehmen wohl eher begrenzt ist. 17<br />
In Hinblick auf das Konzept der Ethikrichtlinien ist zudem zu berücksichtigen,<br />
daß das Zustandekommen von moralischen Handlungen aus moralischen Urteilen<br />
nicht so unmittelbar und deterministisch aufeinander folgt, wie dies bei Ethikrichtlinien<br />
zumindest implizit vorausgesetzt wird. So hängen moralische<br />
Urteile unter anderem von der Interpretation der Situation ab, die ihrerseits Einfluß<br />
auf das moralische Urteil hat. Und moralische Urteile können schließlich<br />
nur dann in moralisches Handeln umgesetzt werden, wenn spezifische außermoralische,<br />
z.B. fachliche, Fähigkeiten und Fertigkeiten vorhanden sind. In diesem<br />
Zusammenhang wirken sich auch die bereits genannten moralischen Entwicklungsstufen<br />
aus und können so zu unterschiedlichen Handlungsvollzügen führen.<br />
18<br />
Interessant ist, daß in der Theorie von Kohlberg auf der höchsten moralischen<br />
Entwicklungsstufe „(d)er Glaube einer rationalen Person an die Gültigkeit uni-