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DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi

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Bevor auf die Grenzen der Beeinflußbarkeit moralischen Handelns eingegangen<br />

werden kann, ist zunächst zu klären, worum es bei Ethikrichtlinien eigentlich<br />

genau geht. Ein Blick in die Geschichte zeigt uns, daß dieses Instrument so neu<br />

gar nicht ist, wie es scheint. So findet sich beispielsweise ein fliegendes Blatt aus<br />

der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit „Wohlgemeinten Erinnerungsregeln<br />

für einen jungen Kauf- und Handelsmann / darnach er sich zu richten / wann er<br />

nicht verderben will.“ 3 Während diese Erinnerungsregeln den Anspruch auf<br />

Allgemeingültigkeit erheben, ist dies bei Ethikregeln von Unternehmen nicht so<br />

ganz klar. So fordert eine Ethikrichtlinie beispielsweise unter dem Titel Loyalität,<br />

daß „(d)ie Interessen (der Firma) ... im Vordergrund gegenüber persönlichen<br />

Zielen und denen des Lieferanten (stehen)“ 4 sollen. Wenn von Firmeninteressen<br />

und persönlichen Zielen etc. gesprochen wird, dann stellt sich doch die Frage, ob<br />

es wirklich um moralisches Handeln geht. Moralität bedeutet doch gerade, daß<br />

wir unser eigenes Wollen, also unsere Interessen, in Frage stellen. 5 Diese Unklarheit<br />

im Ethikverständnis hat leider seit längerem weite Teile der modernen<br />

Gesellschaft beeinflußt und führt zu einem Relativismus, der eine Einigung über<br />

moralische Normen nahezu ausschließt. 6 In diesem Zusammenhang wird fast<br />

schon in ritualistischer Weise die Herleitung von Normen aus dem Sein – wie<br />

dies im Naturrecht geschieht – mit dem Argument des „naturalistischen Fehlschlusses“<br />

abgewehrt, 7 obwohl inzwischen bekannt sein müßte, daß es sich bei<br />

Seinsaussagen nicht um Tatsachen, sondern um erfahrungsunabhängige Grundbestimmungen<br />

im Sinne einer Schöpfungsordnung handelt. Es besteht eben eine<br />

ontologische Differenz z.B. zwischen dem Sinn von Organisation als Seinsaussage<br />

und der tatsächlich empirisch erfaßten Organisation, so daß gefragt werden<br />

kann, ob die vorgefundene Organisation den Sinn von Organisation erfüllt. 8<br />

Daß Unternehmen nicht selten aus Tatsachenaussagen Normen ableiten, bleibt<br />

davon allerdings unberührt. Die aus dem naturrechtlichen Denken stammende<br />

Erkenntnis, daß das moralisch Gebotene mit dem Sachgerechten zusammenfällt 9 ,<br />

in den Verdacht einer rein nutzenorientierten Argumentation und damit Scheinethik<br />

zu stellen, wie dies teilweise geschieht, 10 treibt das Verwirrspiel gänzlich<br />

auf die Spitze. Auch hier ist zwar richtig, daß viele Unternehmen nutzenorientiert<br />

argumentieren, durch das zuvor genannte Verwirrspiel wird jedoch jede<br />

Möglichkeit einer allgemein gültigen Begründung moralischer Normen beabsichtigt<br />

oder unbeabsichtigt diskreditiert. Der Vergleich der kaufmännischen<br />

Regeln aus dem 17. Jahrhundert mit den aktuellen Ethikrichtlinien zeigt, daß<br />

Ethikrichtlinien nur dann als solche bezeichnet werden können, wenn sie in ihrer<br />

Begründung und Werteorientierung eben nicht unternehmensspezifisch, sondern<br />

allgemeingültig sind. Unternehmensbezogene Ethikrichtlinien haben also nur<br />

insoweit einen Sinn, als sie allgemeine moralische Normen und Werte für ein<br />

Unternehmen als verbindlich erklären. Dabei können jedoch unternehmensspezifische<br />

Problemlagen, wie Branchenzugehörigkeit (Informationstechnologie,<br />

Chemie), Unternehmensform (Manager- / Eigentümerunternehmen) und Standort<br />

(national / international), zu spezifischen Ausprägungen führen.<br />

Ähnlich wie schon bei Führungsgrundsätzen, so setzt sich auch bei Ethikrichtlinien<br />

inzwischen die Erkenntnis durch, daß die Kodifizierung solcher erwünsch-<br />

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