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DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi

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Bericht und Gespräch<br />

454<br />

Rainer Kreuzhof<br />

Ethikrichtlinien im Unternehmen<br />

Vor allem international tätige Unternehmen stellen in zunehmendem Maße Ethikrichtlinien<br />

für ihre Belegschaft auf. Zur gleichen Zeit erleben wir Zeitungsmeldungen<br />

über Bilanzmanipulationen, firmenfinanzierte Lustreisen von Betriebsratsmitgliedern,<br />

überhöhte Abfindungszahlungen für Vorstandsmitglieder<br />

im Zusammenhang mit Firmenübernahmen und Bestechungsvorwürfe gegenüber<br />

Managern. Zunächst einmal scheinen diese Meldungen die Notwendigkeit solcher<br />

Richtlinien zu bestätigen. Darüber hinaus bewegen sich international tätige<br />

Unternehmen in unterschiedlichen Kulturen, so daß ein erhöhtes Bedürfnis besteht,<br />

die Handlungsweisen der Mitarbeiter zu normieren. Angesichts ständig<br />

wiederkehrender Skandale gerade in dieser Art von Unternehmen erscheint aber<br />

die Frage nach der Wirksamkeit solcher Richtlinien nicht nur erlaubt, sondern<br />

geradezu geboten zu sein.<br />

Ethikrichtlinien sind bei genauerer Betrachtung aber lediglich eine unternehmensspezifische<br />

Ausprägung der allgemeinen Wertediskussion in der Gesellschaft.<br />

Diese Wertediskussion spielt sich vor dem Hintergrund von gesellschaftlichen<br />

Problemen ab, die von Gewalt in Familie und Schule über Wirtschaftskriminalität<br />

bis hin zu skandalösem Politikerverhalten reichen. Während in der<br />

Vergangenheit häufig einseitig von einem Wertewandel gesprochen und ein<br />

Loblied auf die uneingeschränkte Förderung der Individualität und Selbstverwirklichung<br />

angestimmt wurde, beklagen viele Zeitgenossen, daß bei all den<br />

wünschenswerten Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentfaltung auch ein Werteverfall<br />

stattgefunden habe. Angesichts dieser Situation fordern vor allem Politiker<br />

verstärkt eine Wertevermittlung in der Erziehung. Parallel dazu scheinen so<br />

genannte Ethikrichtlinien einer solchen Wertevermittlung im Unternehmen zu<br />

dienen.<br />

Können Ethikrichtlinien aber den zuvor genannten Anspruch erfüllen - oder<br />

dienen sie möglicherweise, wenn auch ungewollt, der Verschleierung des Problems?<br />

Hat das Problem vielleicht mit der Säkularisierung der Gesellschaft zu tun,<br />

und kann der christliche Glaube hier einen Beitrag zur Problemlösung leisten?<br />

Der Zusammenhang von wirtschaftlichem Erfolg und moralischem Handeln ist<br />

zwar seit langem Gegenstand der Wirtschafts- bzw. Unternehmensethik. Die<br />

Verbindung mit der christlichen Lebenspraxis wird demgegenüber allerdings<br />

bisher eher selten hergestellt. 1 Der Sozialphilosoph Jürgen Habermas spricht<br />

angesichts dieser Situation von der „postsäkularen Gesellschaft“, die das moralische<br />

Potential der Religionen angesichts einer sinnentleerten Wirtschaftsgesellschaft<br />

verstärkt nutzen solle. 2

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