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DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi

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dadurch auch für die ärmsten Gesellschaftsmitglieder ein ‚größtmöglicher’ Vermögenszuwachs<br />

abgefallen ist. Fragen dieser Art können nur durch eine sorgfältige<br />

Einzelanalyse institutioneller Arrangements geklärt werden. Auf jeden Fall dürfte<br />

sich das – die biblische Heuristik angemessen rekonstruierende – ‚Differenzprinzip’<br />

aber als unvereinbar mit einem liberalistischen ‚laissez-fair’-Kapitalismus,<br />

einem sozialistischen Egalitarismus (im ökonomischen Sinn) oder jedwedem Feudalsystem<br />

erweisen. Allgemein wird das Konzept einer ‚Sozialen Marktwirtschaft’<br />

dem Differenzprinzip noch am ehesten entsprechen.“ 34 Übrigens fragt im Kontext<br />

Schramm auch noch, ob nicht eine größere Ungleichheit, als sie in Deutschland<br />

besteht, nicht noch zu größeren Vorteilen für die Schwächeren geführt hätte. Einen<br />

besonderen Vorzug erkennt er auch bei Rawls, daß hier Allokation, d.h. die Investition<br />

von Ressourcen und die Distribution an die Nutznießer in den Gerechtigkeitsprinzipien<br />

zusammen und zugleich berücksichtigt werden.<br />

Auf der Sozialethikertagung 2001 an der Katholischen Sozialwissenschaftlichen<br />

Zentralstelle der Deutschen Bischofskonferenz stellte Schramm in einem Referat<br />

die Theorie Rawls dar und auch ihre partielle Nähe zu katholischen Lehren. 35 Er<br />

übernimmt die Zweiteilung in unterschiedliche Ebenen des Guten und des Gerechten.<br />

Ausgehend vom Kontingenzbewußtsein Rawls', der zwar die religiösen oder<br />

philosophischen Bemühungen um eine komprehensive Definition des Guten, die<br />

die Kontingenz überwindet und damit schließt, würdigt, aber sie nicht für eine<br />

politische Einigung auf das Gerechte für alle benutzen kann, hält auch Schramm<br />

einen „overlapping consensus“ im Bereich des Gerechten für notwendig und richtig.<br />

Er unterscheidet zwei Ebenen: „Auf der religiösen Ebene kann und soll selbstverständlich<br />

ein religiöser Diskurs über Fragen der Metaphysik, also über die<br />

Wahrheit der verschiedenen Konzeptionen des ‚Guten’ geführt werden. Auf der<br />

politischen Ebene jedoch müssen die Kirchen differenziert operieren. (...) Man<br />

vertritt die eigene religiöse Lehre des ‚Guten’, erkennt aber gleichzeitig in der<br />

politischen Toleranz des ‚politischen Liberalismus’ einen eigenständigen moralischen<br />

Wert für den Bereich des Politischen. (...) Diese Differenzierung zwischen<br />

der eignen Lehre des ‚Guten’ und den politischen Fragen des ‚Gerechten’ bedeutet,<br />

daß nicht die eigene umfassende (komprehensive) Vorstellung des religiös ‚Guten’<br />

zum politischen Maßstab erhoben werden kann – andernfalls würden die Kirchen<br />

gerade den übergreifenden gesellschaftlichen Grundkonsens einer pluralistischen<br />

Gesellschaft unterhöhlen.“ 36<br />

Auch der Bochumer Sozialethiker Joachim Wiemeyer stellt in einem Aufsatz die<br />

Vereinbarkeit beider Denksysteme fest: „Die christliche Sozialethik kann sich<br />

dieser Konzeption bedienen, weil sie mit dem Gesichtspunkt der Unparteilichkeit<br />

und einer besonderen Rücksichtnahme auf Benachteiligte mit christlichen Vorstellungen<br />

konform geht.“ 37<br />

Eine weitere bejahende Stimme aus den Reihen der jüngeren katholischen Ethiker<br />

ist die Bamberger Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins. Nach einer Würdigung<br />

der beiden Prinzipien heißt es: „Im Kontext christlicher Sozialethik liest sich<br />

die Reformulierung der Gerechtigkeitsforderung als Konsequenz der Option für<br />

die Armen, insofern sie die Perspektive der am schlechtesten Gestellten geltend<br />

macht und darauf insistiert, daß Chancen der Entfaltung der Person in Gesellschaft<br />

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