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DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi

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müssen wir, um die Person zu kennzeichnen, diesen Begriffen auch noch diejenigen<br />

hinzufügen, die zur Formulierung der Kräfte der Vernunft, des Schließens und<br />

des Urteils gebraucht werden. Dabei handelt es sich um wesentliche Kräfte, die mit<br />

den beiden moralischen Vermögen einhergehen und für deren Ausübung ebenso<br />

erforderlich sind wie für den praktischen Einsatz der Tugenden.“ 13<br />

Diese Definition, die sich schon dem griechischen Bürger der Polis verdankt, ist<br />

eine Absage an den Behaviorismus, Biologismus, Marxismus, deckt sich mit dem<br />

der katholischen Lehre zugrunde liegenden Menschenbild, würde aber ethische<br />

Probleme aufwerfen, wenn man beim Fehlen dieser Essentials Föten, Behinderten,<br />

Demenzkranken, Apallikern den Schutz der Personenwürde aberkennt. Diese Frage<br />

erörtert Rawls aber nicht in seinen hier erwähnten Schriften. In der Anwendung<br />

an seine Urzustands- und Vertragstheorie und das Zielbild der wohlgeordneten<br />

Gesellschaft ist keine solche ethisch negative Wertung enthalten.<br />

Das Naturrecht<br />

Die Basis der obengenannten katholischen Grundsätze ist die Lehre vom Naturrecht.<br />

Rawls erwähnt dieses, auch im Plural benutzt, nur wenige Male. Es taucht<br />

auf, wo er seine nachmetaphysische Vertragstheorie als notwendig ansieht, da<br />

Gott, Religion, Philosophie und das, was „einige“ Naturrecht nennen, nicht mehr<br />

den gesellschaftlichen Konsens stiften können. 14 Immerhin schließt er sich an den<br />

englischen Rechtsphilosophen Herbert Lionel Adolphus Hart 15 an, der von einem<br />

„Mindestgehalt des Naturrechts“ spricht, und er meint, daß dieser Gehalt in seiner<br />

eigenen Konzeption enthalten sei. Es geht ihm dabei um die politischen Werte,<br />

welche die Loyalität der Bürger begründen. 16 Auch stellt er einmal seine Vertragstheorie<br />

und das Naturrecht gemeinsam der utilitaristischen Nutzentheorie gegenüber<br />

und spricht von der „Unverletzlichkeit der Person“, die manche als Naturrecht<br />

bezeichnen. 17 Ein wenig ausführlicher äußert sich dazu Rawls nur in einer Anmerkung<br />

in der „Theorie der Gerechtigkeit“. 18 „Aus einem quasi metaphysischen Gerechtigkeitsbegriff<br />

ist die Würde des Menschen abgeleitet“, aus der sich die Fähigkeit<br />

zu Vernunft und Kooperation ergibt. Obwohl Rawls alles aus einem „agreement“<br />

ableiten will, entspricht „diese vorvertragliche Logik (...) einer naturrechtlichen<br />

Legitimation: Gerechtigkeit als unverrückbares Naturgesetz rahmt die dynamischen<br />

Gestaltungsprozesse (Naturrecht).“ 19<br />

Es liegen hier also metaempirisch vorgegebene Ideale von Mensch und Gesellschaft<br />

vor, nichts anderes, als was in der Tradition Naturrecht meint. Eine größere<br />

Nähe als vermutet ergibt sich aus der Tatsache, daß die katholische Weiterentwicklung<br />

des Naturrechtsgedankens sich von der früheren neuscholastischen Form<br />

entfernt hat. „Eine allzu enge Bindung der Soziallehre der Kirche an das neuscholastische<br />

Naturrechtsverständnis ist damit obsolet geworden. Denn diese philosophische<br />

Richtung ist ‚unter Ideologieverdacht geraten’ aufgrund ihrer metaphysischen<br />

Überfrachtung, der starren Festlegung dessen, ‚was semper et pro semper<br />

rechtlich zu geschehen habe’ und aufgrund ihres fundamentalen Fehlers, nämlich<br />

‚der unmittelbaren und undifferenzierten Verkopplung des von Gott an den Menschen<br />

gestellten Anspruchs mit einer inhaltlich vorgegebenen Ordnung’.“ 20 Man<br />

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