DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi
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unserem Land dominanten Wertordnung nicht vereinbar sind. Im ersteren Fall<br />
geht es etwa um kulturspezifische Vorstellungen von körperlichen oder psychischen<br />
Zusammenhängen, die nach dem Erkenntnisstand der modernen Wissenschaft,<br />
an dem sich die professionellen Standards ja in starkem Maße orientieren,<br />
unangemessen oder gar falsch sind. Sich auf solche Vorstellungen einzulassen,<br />
kann die Leistungserbringer in Konflikte führen, die zentrale Aspekte ihrer beruflichen<br />
Identität berühren. Im zweiten Fall sehen sich die Leistungserbringer<br />
mit Einstellungen und Verhaltensweisen konfrontiert, die grundlegenden Überzeugungen<br />
in unserer Gesellschaft widersprechen.<br />
Eine solche Situation besteht etwa da, wo die Familie oder der Clan darüber<br />
bestimmen, welche Hilfe für ein Mitglied angemessen ist und welche nicht, obwohl<br />
die oder der Betroffene aufgrund des Lebensalters und der intellektuellen<br />
Fähigkeiten durchaus über die Voraussetzungen zu einer eigenen Entscheidung<br />
verfügt. Eine andere Konfliktsituation tut sich auf, wenn Fachkräfte erleben, daß<br />
der Mann für seine Frau spricht und dabei Positionen vertritt, die aus der Sicht<br />
eines Außenstehenden gar nicht im Interesse der Frau sind. Schließlich ist zu<br />
denken an Fälle, wie sie etwa in der Erziehungsberatung auftreten, in denen der<br />
Vater erklärt, den zur Sprache gekommenen Problemen unter Rückgriff auf sein<br />
in der Herkunftskultur verankertes Recht der körperlichen Züchtigung „zu Leibe“<br />
rücken zu wollen. Dies alles sind Konstellationen, in denen es für die Fachkräfte<br />
um die Wahrung ihrer professionellen Standards und um die Respektierung<br />
ihrer eigenen, für unseren Kulturkreis charakteristischen Überzeugungen<br />
geht. Unter einem „kultursensiblen“ Handeln das Abgehen von professionellen<br />
Standards und die Aufgabe eigener kulturspezifischer Überzeugungen verstehen<br />
zu wollen, ginge mit Sicherheit nicht nur am Selbstverständnis der Leistungserbringer<br />
vorbei, sondern läge, was das entscheidende ist, letztlich wohl auch nicht<br />
im Interesse der Adressaten. Diese werden sich nämlich nur dann mit der sie<br />
umgebenden Gesellschaft auseinandersetzen können, was ja eine Voraussetzung<br />
für eine selbstbestimmte Integration ist, wenn auch die Konturen dieser Gesellschaft<br />
sichtbar sind.<br />
Anmerkungen<br />
1) So Monika Treber: Interkulturelle Öffnung: ein Gebot der Zuwanderungsgesellschaft.<br />
In: Deutscher Caritasverband (Hrsg.): Caritas 2005. Jahrbuch des Deutschen Caritasverbandes.<br />
Freiburg 2004, S. 122f.<br />
2) Hans Braun: Die Zukunft des Wohlfahrtsstaates. In: Die Neue Ordnung, 4/1973, S.<br />
241-252.<br />
3) Bernhard Badura, Peter Gross: Sozialpolitische Perspektiven. Eine Einführung in<br />
Grundlage und Probleme sozialer Dienstleistungen. München 1977.<br />
4) Siehe hierzu Hans Braun: „Lebensqualität“ im Alter. Vorgaben und Aufgaben. In: Die<br />
Neue Ordnung, 4/2003, S. 251 f.<br />
5) Zu den Dimensionen der Qualität sozialer Dienstleistungen siehe Hans Braun: Wirtschaftlichkeit<br />
und Qualitätsorientierung in sozialen Diensten. In: Franz Peterander, Otto<br />
Speck (Hrsg.): Qualitätsmanagement in sozialen Einrichtungen. München, Basel, 2. völlig<br />
neu bearbeitete Auflage, 2004, S. 37-41.<br />
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