DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi
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estem Wissen und Gewissen in seinem Interesse gehandelt wurde. Aus diesem<br />
Grunde handelt es sich bei vielen sozialen Dienstleistungen im Lichte der Informationsökonomie<br />
um „Vertrauensgüter“. Dazu kommt, daß die Qualität einer<br />
Dienstleistung ja nicht nur vom fachlichen Können, dem sozialen Geschick und<br />
dem Einfühlungsvermögen des „Produzenten“ abhängt, sondern auch von der<br />
Kooperationsfähigkeit und der Kooperationsbereitschaft des Adressaten. Deshalb<br />
kann die Unzufriedenheit mit einer Leistung auch in der unzureichenden Mitwirkung<br />
des Klienten begründet sein.<br />
III. Eine zusätzliche Herausforderung<br />
Die Erbringer sozialer Dienstleistungen sehen sich heute konfrontiert mit den<br />
Folgen, die sich ergeben aus den steigenden Zahlen von Menschen mit andauernden<br />
gesundheitlichen Beeinträchtigungen, von Alleinerziehenden, von, gemessen<br />
an den Anforderungen des Arbeitslebens, Leistungsgeminderten und von<br />
Menschen, die überfordert sind angesichts der Entscheidungen, die ihnen das<br />
Leben in einer sich rasch verändernden Welt abverlangt. Dies macht es notwendig,<br />
daß die Ausgestaltung der Leistungen immer wieder den sich verändernden<br />
Bedingungen angepaßt werden muß, was sich insbesondere auf der Ebene der<br />
kommunalen Sozialpolitik auswirkt. 6 Darüber hinaus sehen sich die Einrichtungen<br />
und Fachkräfte noch einer zusätzlichen Herausforderung gegenüber: Ihre<br />
Leistungen müssen in einem mehr und mehr kulturell heterogenen Umfeld erbracht<br />
werden. 7 Nun war natürlich die deutsche Gesellschaft wie alle entwickelten<br />
Gesellschaften in einem gewissen Sinne immer schon „multikulturell“. 8 So<br />
gab es und gibt es eine Differenzierung der Gesellschaft nach sozialen Schichten<br />
bzw. sozialen Milieus. Und es gab und gibt eine regionale Differenzierung. Die<br />
Lebensweise in Bayern ist nun einmal eine andere als die in Schleswig-Holstein.<br />
Dies gilt für den alltäglichen Umgang der Menschen untereinander ebenso wie<br />
für die Art und Weise, Feste zu feiern. Solche Unterschiede tragen ja gerade zum<br />
nicht-materiellen Reichtum eines Landes bei.<br />
Warum ist dann aber kulturelle Vielfalt zum Gegenstand der öffentlichen Diskussion<br />
und politischer Kontroversen geworden? Der Grund liegt darin, daß zu<br />
der vorhandenen kulturellen Vielfalt der Faktor der Ethnizität getreten ist. In<br />
einem Land wie Deutschland konnte dies im wesentlichen nur die Folge von<br />
Zuwanderung sein. Solche Zuwanderung ist nun kein völlig neues Phänomen.<br />
Die westlichen Teile Deutschlands erlebten etwa im 19. Jahrhundert die Zuwanderung<br />
von Polen. Und zwischen 1945 und 1950 kamen mehr als neun Millionen<br />
Vertriebene und Flüchtlinge nach Westdeutschland. 9 Angesichts eines akuten<br />
Mangels an Arbeitskräften wanderten seit den 60er Jahren „Gastarbeiter“ aus<br />
Italien, Spanien und Griechenland zu. Später wurden Arbeitskräfte aus dem<br />
damaligen Jugoslawien, aus Nordafrika und der Türkei rekrutiert. 10 Viele „Gastarbeiter“<br />
verließen, wie es das ursprüngliche Anwerbekonzept vorsah, Deutschland<br />
wieder, andere entschlossen sich zu bleiben und ließen ihre Familien nachkommen.<br />
Aus diesem Grunde gibt es mittlerweile eine große Zahl von Italienern<br />
oder Türken der zweiten oder sogar schon dritten Generation. Dies findet seinen<br />
Ausdruck in der öffentlichen Rhetorik, in welcher der Ausdruck „Gastarbeiter“<br />
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