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DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi

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Hans Braun<br />

„Kultursensible“ soziale Dienstleistungen<br />

I. Die wachsende Bedeutung sozialer Dienstleistungen<br />

In der Diskussion um die bedarfsgerechte Ausgestaltung sozialer Dienstleistungen<br />

spielt zunehmend die Forderung eine Rolle, solche Leistungen seien „kultursensibel“<br />

zu erbringen. Damit ist gemeint, daß der kulturelle Hintergrund der<br />

Adressaten sowohl von den Trägereinrichtungen als auch von den in Beratung,<br />

Betreuung und Pflege tätigen Fachkräften berücksichtigt werden müsse. 1 Dies ist<br />

ein neuer Aspekt in einer sozialpolitischen Entwicklung, die sich schon in der<br />

ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts abzeichnete, deren ganze Tragweite<br />

aber erst in den 60er Jahren in Fachkreisen wahrgenommen wurde: die Ausweitung<br />

sozialstaatlicher Programme auf den Bereich der personenbezogenen<br />

Dienstleistungen.<br />

In die Auseinandersetzung mit diesem Thema mündete im übrigen auch der erste<br />

Kontakt des Verfassers dieses Beitrags mit Edgar Nawroth. Anfang 1973 schrieb<br />

er an den damaligen Schriftleiter der Neuen Ordnung wegen der Abdrucksrechte<br />

an einem in dieser Zeitschrift erschienen Aufsatz. Die Abrucksrechte wurden<br />

gewährt, allerdings verbunden mit der Bitte, der Zeitschrift einmal einen Beitrag<br />

aus dem Arbeitsgebiet des Anfragenden zur Verfügung zu stellen. Das Ergebnis<br />

war ein Aufsatz zu den Entwicklungstendenzen des Wohlfahrtsstaates. 2 In diesem<br />

Aufsatz ging es, bezogen auf den Bereich der Beratung, auch um das, was<br />

Bernhard Badura und Peter Gross drei Jahre später in ihrer grundlegenden Analyse<br />

als Ergänzung der sozialstaatlichen Einkommensstrategie um die Dienstleistungsstrategie<br />

bezeichneten. 3<br />

Nach wie vor ist in Ländern mit sozialstaatlichem Charakter die Einkommensstrategie<br />

dominant. So machen in Deutschland Transferzahlungen drei Viertel<br />

der Sozialausgaben aus. Unverkennbar ist aber die Zunahme an personenbezogenen<br />

Leistungen. Dabei spielt insbesondere der Gesundheitsbereich eine Rolle.<br />

Hier geht es indessen nicht nur um präventive, kurative und rehabilitative Leistungen,<br />

sondern auch um pflegerische Maßnahmen. Sie gewinnen vor allem<br />

aufgrund der wachsenden Zahl alter und insbesondere hochbetagter Menschen an<br />

Bedeutung. 4 Zur Zunahme der gesundheitsbezogenen Leistungen kommt nun<br />

noch die Ausweitung von Dienstleistungen im Bereich der Betreuung, der Beratung<br />

und der Befähigung zur Teilnahme am Arbeitsleben.<br />

Viele dieser Dienstleistungen stellen gleichsam funktionale Äquivalente dessen<br />

dar, was in der Vergangenheit von Angehörigen, Nachbarn oder Vertretern<br />

kirchlicher Einrichtungen geleistet wurde. Zweifellos sind aber in einer Gesellschaft<br />

wie der unseren mit ihrer Vielfalt an Weltanschauungen, Rollenmodellen<br />

und Lebensstilen viele Menschen überfordert, wenn es darum geht, ihren persönlichen<br />

Weg zu finden. Als Folge davon wächst die Nachfrage nach Unterstüt-<br />

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