DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi
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epublik Deutschland und Kalter Krieg. Für ihn sind die Verirrungen der Menschen<br />
in Massengesellschaften und Ideologien Fehlschritte, die den einzelnen nachhaltig<br />
verletzt haben. Die Bevormundung der Individuen durch Staaten, Parteien oder Unternehmen<br />
engen den Menschen in seiner Entscheidungsfreiheit ein und berauben ihn<br />
der möglichen Alternative. Der agierende Mensch ist ein mündiger Bürger, der um<br />
seine Rechte und Pflichten weiß und diese selbstverständlich und freudig wahrnimmt.<br />
Freiwilligkeit und Einsatz für das Gemeinwohl spielen die zentrale Rolle.<br />
Der Beispiele sind viele: Gemälde, Kirchen, profane Bauten wären ohne Mäzenatentum<br />
nicht entstanden. Der Kölner Dom ohne die Unterstützung protestantischer und<br />
jüdischer Gläubiger ebenso wenig wie Tintorettos Deckengemälde der Bruderschaft<br />
zum Heiligen Rochus in Venedig; beide aus freien Stücken geschaffen. 6<br />
Die freie Entscheidungsmöglichkeit des Individuums ermöglicht es ihm, sein persönliches<br />
Lebensglück zu verfolgen. Das mag für den mittelständischen Handwerker<br />
etwas anderes sein als für den großbürgerlichen Mäzen, aber beiden ist gemeinsam,<br />
daß sie etwas freiwillig für die Gesellschaft bereitstellen, etwas, das es ohne ihr persönliches<br />
Engagement nicht gegeben hätte. Die Vorsorge für die Familie, die Nachbarschaft,<br />
die Gemeinschaft gehört selbstverständlich zu den Aufgaben des einzelnen.<br />
Miteinander und unterstützend wirken die Menschen in der Gesellschaft und<br />
Wirtschaft, die Röpke entwirft. Angelehnt an die Weisheit des Talmuds betont Röpke,<br />
daß „die edelste Mildtätigkeit diejenige ist, sie einem anderen zu ersparen und das<br />
beste Almosen dasjenige ist, das einem anderen dazu verhilft, es nicht nötig zu haben.“<br />
7 Der selbstverantwortliche Mensch, der für sich und die seinen zu sorgen weiß,<br />
steht im Zentrum der Ordnung Röpkes. Tief verwurzelt ist er in der Tradition des<br />
Christen- und Judentums mit der Befolgung der Zehn Gebote. Die Wertordnung<br />
hinter der Gesellschaft, der gemeinsame Konsens über einen Verhaltenskodex sind<br />
dabei die zentralen Anliegen. Ohne diese Werteordnung kann der Mensch sein Glück<br />
nicht verwirklichen, funktionsfähige freie Wirtschaft nicht entstehen und eine politische<br />
Gesellschaft keinen freiheitlichen Rechtsstaat entwickeln.<br />
Der Industriearbeiter soll ebenso wie der Bauer in der Lage sein, sich und seine Familie<br />
zu versorgen. Röpke entwickelt ein Gesellschaftsbild, das vor dem Hintergrund<br />
der Zerrüttungen der industriellen Revolution und zweier Weltkriege verständlich ist.<br />
Daß Vorstellungen von kleingliedrigen Gemeinschaftsformen im Denken der Menschen<br />
aber auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts ihren Platz haben, zeigen die unterschiedlichen<br />
Regionalwährungen ebenso wie der in Städten florierende Tauschhandel<br />
von Dienstleistungen.<br />
Arbeitsteilung und Wohlstand<br />
Röpke ist weit entfernt davon, die Vorteile der Arbeitsteilung zu verkennen und betont<br />
ausdrücklich, daß viele Millionen Menschen ohne sie im Leeren enden würden. 8<br />
Nur die Arbeitsteilung der modernen Industriegesellschaft ermöglicht es, einen höheren<br />
Wohlstand für alle zu erreichen, als dies sonst möglich wäre. Auch hier ist Röpke<br />
der klare Analytiker und nicht ein verträumter Romantiker.<br />
So sieht Röpke das Streben der Menschen in Wirtschaft und Gesellschaft als Interaktion,<br />
Vernetzung und Durchdringung. Es agieren immer beide Seiten miteinander,<br />
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