DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi
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Hans Jürgen Schlösser / Maria Helene Schlösser<br />
Das Menschenbild von Wilhelm Röpke<br />
Wilhelm Röpke war ein aufklärerischer Geist, ein Patriot mit weltbürgerlicher Gesinnung,<br />
ein engagierter Wissenschaftler, einer, der sich einmischte, weil er trotz aller<br />
bitteren Erfahrungen immer auf die Einsichtsfähigkeit des Menschen setzte. 1 Die<br />
Civitas Humana war sein Leitbild, und Nationalsozialismus und Kommunismus<br />
stellten für ihn Produkte desselben verheerenden totalitären Denkens 2 dar. In seiner<br />
bemerkenswerten Röpke-Biografie, der auch unser Beitrag viel Erhellendes zu verdanken<br />
hat, fragt Hans Jörg Hennecke am Ende: „Was bleibt von Wilhelm Röpke?“<br />
Hennecke arbeitet drei Botschaften Röpkes heraus 3 , die auf die Sinnkrisen der modernen<br />
Volkswirtschaftslehre verweisen:<br />
- Wissenschaft muß den Blick für das Ganze und die Fähigkeit zur Synthese bewahren.<br />
- Wissenschaft muß ihre öffentliche Verantwortung als Beraterin der Politik und<br />
Aufklärerin der Öffentlichkeit annehmen.<br />
- Volkswirtschaftslehre ist eine moralische Wissenschaft, und Röpke hat sie als Treuhänder<br />
einer moralisch verwurzelten Gesellschaft und als Ethik im aristotelischen<br />
Sinne betrieben.<br />
Die dritte Botschaft ist gewiß die wichtigste für unser Thema. Der moralische Neutralismus<br />
positivistischer Wissenschaftler war Röpke zuwider, und er forderte auch<br />
vom Wissenschaftler den Respekt vor moralischen, geistigen und religiösen Traditionen.<br />
Röpke machte seine „Rechnung mit dem Menschen“ 4 , und sein movens war<br />
eine Synthese von liberaler volkswirtschaftlicher Ordnungstheorie und christlichem<br />
Glauben. 5<br />
Grundlagen, Rechte und Pflichten<br />
Wilhelm Röpke gründet seine wirtschaftswissenschaftlichen Aussagen auf ein fest<br />
gefügtes Menschenbild. Der einzelne wirtschaftliche Akteur ist frei und weitgehend<br />
autonom. Allerdings beeinflussen andere wirtschaftlichen Akteure, die er auf dem<br />
freien Markt antrifft, seine wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten – Unternehmen,<br />
Staat, Mitbewerber, Konsumenten. Der liberale Denker Röpke will den einzelnen<br />
Wirtschaftsakteur von Zwängen befreien. Er sieht in den kleinen funktionierenden<br />
Einheiten von Gesellschaft, Staat und Gemeinwesen, im Handwerk und in kleinen<br />
Unternehmen die Schlüsselstellen für ein freiheitlich agierendes wirtschaftliches<br />
Subjekt.<br />
Röpke ist geprägt durch die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts: die Nachklänge des<br />
19. Jahrhunderts bis 1914, der erste Weltkrieg, der Zerfall der internationalen Ordnung,<br />
Aufbau und Scheitern der Weimarer Republik, Inflation und Weltwirtschaftskrise,<br />
Nationalsozialismus und zweiter Weltkrieg, schließlich Gründung der Bundes-