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DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi

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Editorial<br />

402<br />

Ordnung muß sein<br />

Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht, sollte mit einigen Jahren Gefängnis<br />

rechnen. Wer Begriffe unter der Hand verfälscht, gilt als kreativ oder wenigstens<br />

originell. Er geht straffrei aus, obwohl er Wortblüten in Umlauf bringt, die den<br />

Austausch von Gedanken, das Gelingen der Kommunikation, von dem das<br />

Schicksal freiheitlicher Ordnungen abhängt, erheblich behindern. Das führt zur<br />

zeitraubenden Übung, vor jeder Diskussion zunächst einmal die Begriffe inhaltlich<br />

zu klären, um nicht gezielt aneinander vorbeizureden. Viele Debatten in<br />

Politik, Wirtschaft und Religion könnte man sich ersparen, wenn alle Teilnehmer<br />

damit rechnen müßten, einander mit gleicher Wortwährung heimzuzahlen.<br />

Wie sehr das nominalistische Begriffschaos inzwischen um sich greift, zeigt die<br />

Diskussion um den sogenannten „Neoliberalismus“. Dieser traditionell feststehende,<br />

sozialökonomisch eingeführte Begriff ist in den letzten Jahren völlig<br />

kontaminiert und fast in sein Gegenteil verkehrt worden. Die Weite dieses Sammelbegriffs,<br />

der verschiedene weltanschauliche, ethische und wirtschaftspolitische<br />

Implikationen umfaßt, wurde von Edgar Nawroth Anfang der sechziger<br />

Jahre differenziert erfaßt und ziemlich kritisch - nach den Gemeinwohlkriterien<br />

thomistischer Sozialphilosophie - analysiert. Natürlich sind die „neoliberalen“<br />

Positionen bis heute kritisierbar, sie bedürfen immer wieder der sozialethischen<br />

„Sinnerfüllung“. Darauf bestanden schon Sozialethiker wie Nawroth, Oswald<br />

von Nell-Breuning, Joseph Höffner und Arthur F. Utz. Diese wären aber nie auf<br />

die Idee gekommen, diesen Begriff dadurch zu entwerten, daß sie ihn, wie es<br />

heute geschieht, mit „Raubtierkapitalismus“, „Monopolkapitalismus“, „neue<br />

Armut“ und „Prekariat“ in Verbindung gebracht hätten. Denn sie wußten genau,<br />

wie stark sich der Neoliberalismus vom Paläoliberalismus unterschied.<br />

Wesentlich geprägt wurde der Begriff des Neoliberalismus von „Ordoliberalen“<br />

wie Wilhelm Röpke und Walter Eucken, und politisch-praktisch eingeführt vor<br />

allem durch Alfred Müller-Armack und Ludwig Erhard - im „Stilgedanken“ der<br />

Sozialen Marktwirtschaft. Wer diesen jetzt auf den uralten, schrankenlos ungeordneten<br />

Wirtschaftsliberalismus zurückschraubt, begeht eine semantische Manipulation<br />

und verzerrt die Wahrnehmung der Wirklichkeit. An dieser Begriffsverwirrung<br />

sind vor allem neosozialistische Falschmünzer in Politik und Medien<br />

interessiert. Ihnen geht es um die Ermächtigung des Staates, in einzelne Abläufe<br />

des Marktes zu intervenieren.<br />

Gerade die schlimmen Erfahrungen mit staatlich gelenkten Zentralverwaltungswirtschaften<br />

einerseits und mit dem ungezügelten Kapitalismus andererseits<br />

bewegten die Neoliberalen, über die Rolle des freiheitlichen Staates neu nachzudenken:<br />

Der Staat ist durchaus verantwortlich für die institutionelle Sicherung<br />

wirtschaftlicher Freiheit. Und der überaus produktive Wettbewerb auf dem<br />

Markt bedarf der Eingliederung in eine kulturelle, gesellschaftliche und staatli-

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