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STADION - VfB Stuttgart

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<strong>STADION</strong><br />

Zur Erinnerung an die legendäre Cannstatter Kurve – in Vorfreude auf die neue!<br />

S O N D E R A U S G A B E<br />

Abschied von der Cannstatter Kurve


Cannstatter Kurve<br />

Legenden sterben nie<br />

2


Meilensteine<br />

<strong>Stuttgart</strong>s größte Sportstätte im Wandel der Zeit<br />

1929: Der <strong>Stuttgart</strong>er Gemeinderat entscheidet<br />

sich für den Neubau einer Sportstätte<br />

am Cannstatter Wasen. Die Kosten werden<br />

mit 2,35 Millionen Reichsmark veranschlagt.<br />

Die Bauarbeiten beginnen noch im selben<br />

Jahr. Verantwortlich für Entwurf und Planung<br />

zeichnet Architekt Paul Bonatz.<br />

1933: Beim XV. Deutschen Turnfest wird die<br />

größte Sportstätte <strong>Stuttgart</strong>s eröffnet. Es<br />

existiert nur eine überdachte Tribüne für<br />

rund 2.500 Zuschauer. Alle weiteren Besucher<br />

müssen sich auf Erdwällen einfinden.<br />

Bis zum Kriegsende 1945 heißt das Stadion,<br />

das vom NS-Regime zu Propagandazwecken<br />

missbraucht wird, „Adolf-Hitler-Kampfbahn“.<br />

1949: Die Heimstätte des <strong>VfB</strong> wird nach der<br />

Gründung der Bundesrepublik Deutschland<br />

offiziell in „Neckarstadion“ umbenannt –<br />

ein Name, der bis heute im Volksmund geläufig<br />

ist. In der Nachkriegszeit hieß das<br />

Stadion zunächst „Century-Stadium“, später<br />

schlicht „Kampfbahn“.<br />

1955: Die Kurven auf der Cannstatter und<br />

Untertürkheimer Seite werden durch einen<br />

4<br />

Stufenbau mit Arkaden-Gang in Eisenbetonkonstruktion<br />

erweitert. Einfache Stehterrassen<br />

als Ränge bilden den Ursprung der<br />

legendären „Cannstatter Kurve“. Das Fassungsvermögen<br />

des Neckarstadions beträgt<br />

nun 92.000 Zuschauer.<br />

1963: Zum Start der neu eingeführten Bundesliga<br />

wird das Neckarstadion erstmals mit<br />

einer Flutlichtanlage ausgestattet, damit<br />

auch Abendspiele regelkonform ausgetragen<br />

werden können.<br />

1971: Mit dem deutschen Turnfest 1973 und<br />

vor allem der Fußballweltmeisterschaft im<br />

Jahr darauf stehen dem Neckarstadion zwei<br />

Großereignisse ins Haus. Deshalb wird die<br />

bestehende Haupttribüne abgerissen und<br />

eine neue, dreistöckige Tribüne errichtet.<br />

Die Gegengerade erhielt eine Überdachung<br />

und in der Untertürkheimer Kurve wird eine<br />

große Anzeigentafel installiert.<br />

1988: Die Fußballeuropameisterschaft wird<br />

auch im Neckarstadion ausgespielt. Irlands<br />

Sensationssieg gegen England und die Halbfinalpartie<br />

Italien – Sowjetunion finden in<br />

<strong>Stuttgart</strong> statt.<br />

1993: Anlässlich der Leichtathletik-Weltmeisterschaft<br />

in <strong>Stuttgart</strong> wird das gesamte Stadion<br />

modernisiert. Auch das charakteristische<br />

Membran-Dach entsteht. Die 53.700


Zuschauer fassende Arena trägt nun den<br />

Namen „Gottlieb-Daimler-Stadion”. Die WM<br />

lockt ein letztes Mal nach den Europameisterschafts-Endkämpfen<br />

1965 und den Europameisterschaften<br />

1986 die Leichtathletik-<br />

Fans zu einem Großereignis ins Stadion.<br />

1999: Ein großangelegter, insgesamt sechs<br />

Jahre andauernder, Umbau begann. In zwei<br />

großen Bauphasen wird die Modernisierung<br />

von Haupt- und Gegentribüne verwirklicht.<br />

Auch das Business-Center entsteht zu jener<br />

Zeit. Haupttribüne und Gegengerade, die<br />

nunmehr „EnBW-Tribüne“ heißt, erhalten<br />

Oberränge. Die Kurven werden mit zwei<br />

topmodernen Videowänden ausgestattet.<br />

2008: Mit der Umbenennung der Sportstätte<br />

in „Mercedes-Benz Arena“ startet das Jahrhundertprojekt<br />

„reines Fußballstadion“.<br />

2009: Direkt nach Saisonende rollten die<br />

Bagger an. Das Spielfeld wird abgesenkt, die<br />

Laufbahn entfernt und zunächst die Untertürkheimer<br />

Kurve abgerissen. In Kürze folgt<br />

der Abbruch der legendären Cannstatter<br />

Kurve, die im Sommer 2011 als neue weißrote<br />

Wand zurückkehren wird.<br />

5


Kurven-Impressionen<br />

Menschen, Blöcke, Emotionen – damals und heute<br />

Der Gesang aus tausenden von Kehlen, das Klatschen zehntausender Hände, das wogende Jubelmeer in weiß und rot: Die Cannstatter<br />

Kurve war schon immer viel mehr als Stein, Stahl und Beton. Die <strong>VfB</strong>-Anhänger machten ihre Kurve zur Legende, ließen sie zum Synonym<br />

6


für leidenschaftliche Unterstützung von den Rängen werden. Jetzt ist der Moment des Abschieds gekommen – ein Abschied, dem im<br />

Sommer 2011 das große Wiedersehen folgen wird.<br />

7


<strong>VfB</strong>-Jahrzehnte: Die Fünfziger<br />

Robert Schlienz, Elvis Presley und die Geburt der Kurve<br />

Die 1950er: Robert Schlienz präsentiert stolz die Meisterschale, Elvis Presley begeistert mit Gesang und Hüftschwung. Das Neckarstadion ist die Pilgerstätte für <strong>Stuttgart</strong>s Sportinteressierte.<br />

Oftmals brausen sie mit dem Motorroller auf den Wasen. Gästefans reisen dagegen in Sonderzügen an – Tanz und Musik inklusive.<br />

„Fury! Fuuuury!“ schallt es durch die Prärie.<br />

So beginnt jede Folge der Kult-Fernsehserie,<br />

die ab Oktober 1958 in Deutschland ausgestrahlt<br />

wird. „Fury“ lässt von da an Generationen<br />

von Kindern vom eigenen Cowboy-<br />

Dasein träumen. Das Fernsehbild war<br />

schwarz-weiß, das Pferd nur schwarz und<br />

die Bundesrepublik noch jung. Im Fußball ist<br />

der <strong>VfB</strong> zu dieser Zeit bereits in den Kreis<br />

der deutschen Topmannschaften aufgerückt:<br />

Süddeutscher Meister, zweifacher deutscher<br />

Meister und zwei Pokal-Triumphe lassen die<br />

Mannschaft mit dem roten Brustring mit<br />

zum Besten zählen, was der deutsche Fußball<br />

in jenem Jahrzehnt zu bieten hat. Zur<br />

Legende gewordene Akteure, allen voran<br />

der unvergessene Robert Schlienz, machten<br />

den traditionsreichen Verein für Bewegungsspiele<br />

mit ihren bewegenden Spielen<br />

deutschlandweit zum Aushängeschild<br />

<strong>Stuttgart</strong>s, das die schwierigen Aufbaujahre<br />

nach dem Krieg hinter sich gelassen hatte<br />

und die Wirtschaftswunder-Zeit durchlebt.<br />

Nierentische und Petticoats, Hula Hoop-Reifen<br />

und der Sputnik-Schock, Romy Schneider<br />

8<br />

und der King of Rock `n` Roll Elvis Presley:<br />

Vieles war neu, modern und im Wandel in<br />

den 1950er Jahren – selbst im scheinbar biederen<br />

Schwabenländle. Auch das Neckarstadion<br />

wurde in diesen Jahren grundlegend<br />

erneuert und erweitert. Statt Erdwällen und<br />

Behelfsbauten schließen von 1955 an echte<br />

Tribünenkörper die seitlichen Lücken des<br />

Stadionrunds. Die Untertürkheimer und die<br />

Cannstatter Kurve, die im Verlauf der Jahrzehnte<br />

eine echte Heimat der treuesten <strong>VfB</strong>-<br />

Fans und das Epizentrum kollektiven Jubels<br />

in weiß und rot werden sollte, entstehen<br />

aus Stein und Stahl. Schick gekleidet mit<br />

Anzug, Mantel und Hut ging man zum<br />

Fußball. Ausgerüstet mit Vesperbroten, Kaffee<br />

in der Thermoskanne und oft auch einem<br />

Feldstecher pilgerten die Zuschauer zu<br />

den Heimpartien des <strong>VfB</strong>, um Schlagerspiele<br />

wie gegen Nürnberg, Offenbach oder Köln<br />

hautnah miterleben zu können. Und natürlich<br />

das <strong>Stuttgart</strong>er Kräftemessen mit den<br />

Kickers aus Degerloch. Die billigsten Eintrittskarten<br />

kosteten nur Pfennigbeträge<br />

und wer früh genug zum Neckarstadion<br />

kam, konnte sogar die <strong>VfB</strong>-Größen beim<br />

Aufwärmprogramm antreffen. Selbiges absolvierten<br />

die Mannen von Trainer Georg<br />

Wurzer nämlich direkt vor dem Stadion auf<br />

einem Grünstreifen, umringt von Stadionbesuchern,<br />

die ihnen „wichtige“ Tipps zum<br />

Spiel mit auf den Weg gaben.


Trikots, die Geschichte schrieben<br />

Die weiß-rote Retro-Kollektion für <strong>VfB</strong>-Fans<br />

2<br />

1_Art. Nr. 3026 • <strong>VfB</strong> Nostalgie Shirt • 100% Baumwolle, weiß/rot • S-XXXL • EUR 29,95<br />

2_Art. Nr. 3409 • <strong>VfB</strong> Retro Trikot • 100% Baumwolle, rot/weiß • S-XXXL • EUR 29,95<br />

3_Art. Nr. 3410 • <strong>VfB</strong> Nostalgie Shirt • 100% Baumwolle, rot/weiß • S-XXXL • EUR 29,95<br />

4_Art. Nr. 3245 • <strong>VfB</strong> Retro Trikot • 100% Baumwolle, weiß/rot • S-XXXL • EUR 29,95<br />

<strong>VfB</strong> Sport-Shop GmbH<br />

Mercedesstraße 73 A, 70372 <strong>Stuttgart</strong><br />

Telefon-Hotline: +49 (0) 7151 - 98 20 400<br />

Telefax-Hotline: +49 (0) 7151 - 98 20 409<br />

www.vfb.de<br />

1<br />

3<br />

<strong>VfB</strong> City-Fan-Shop<br />

Königstraße 23-25, 70173 <strong>Stuttgart</strong><br />

Öffnungszeiten:<br />

Mo. - Fr. 10.00 - 20.00 Uhr,<br />

Sa. 10.00 - 18.00 Uhr<br />

4


<strong>VfB</strong>-Jahrzehnte: Die Sechziger<br />

Die Sportschau, der Mann im Mond und Dr. No<br />

Die 1960er: Neil Armstrong betritt als erster Mensch den Mond. Die deutsche Jugend rebelliert gegen das Establishment und soziale Ungerechtigkeiten. Ballvirtuose Gilbert Gress<br />

ist der Star der Mannschaft mit dem roten Brustring und in Wembley fällt ein Tor, das keines war.<br />

„Ein kleiner Schritt für einen Mann, aber ein<br />

großer Schritt für die Menschheit.“ Mit diesen<br />

Worten setzte Neil Armstrong 1969 als<br />

erster Mensch einen Fuß auf den Mond. Auf<br />

dem blauen Planeten selbst unterteilt sich<br />

eben jene Menschheit in Ost und West –<br />

scheinbar unversöhnlich steht man sich im<br />

Kalten Krieg gegenüber. Dennoch war in<br />

den Sechzigern auch großer Optimismus<br />

spürbar. Cassius Clay alias Muhammad Ali<br />

boxte sich nach oben, wurde der Größte<br />

und die Beatles starteten von Hamburg aus<br />

eine musikalische Revolution. Sean Connery<br />

jagte als James Bond Dr. No und sandte<br />

dem Kinopublikum Liebesgrüße aus Moskau,<br />

während die Frau von Welt dank des<br />

Minirocks die Blicke männlicher Zeitgenossen<br />

auf sich zog. Und dies nicht allein in London,<br />

Paris oder Berlin, sondern auch auf<br />

der <strong>Stuttgart</strong>er Königstraße. Besonders herausgeputzt<br />

hatte sich 1963 auch der Fußball.<br />

Zum Start der neuen Bundesliga verlor<br />

der <strong>VfB</strong> zwar knapp auf Schalke, belegte in<br />

der Abschlusstabelle aber einen ordentlichen<br />

fünften Rang. Das modernisierte und<br />

10<br />

nun mit Flutlicht ausgestattete Neckarstadion<br />

platzte bei einigen Heimspielen fast aus<br />

allen Nähten, gegen den späteren Meister<br />

Köln und gegen den Hamburger SV kamen<br />

über 70.000 Zuschauer. Der Zuschauerschnitt<br />

verdoppelte sich im Vergleich zur<br />

Vorsaison in der Oberliga Süd von 20.000<br />

auf fast 40.000. Die <strong>VfB</strong>-Fans, die nicht ins<br />

Stadion gehen konnten, schauten im wahrsten<br />

Sinne des Wortes in die Röhre. Denn die<br />

Sportschau versorgte Fußballdeutschland<br />

mit Bildern und Stimmen zum Spieltag. Zu<br />

sehen gab es dort auch die Tore eines Rolf<br />

Geigers, die Paraden von Günter Sawitzki<br />

oder später die Fußballfertigkeiten des unvergessenen<br />

Gilbert Gress.


<strong>VfB</strong>-Jahrzehnte: Die Siebziger<br />

Die Stones, 100 Tore und der Triumph von Trier<br />

Die 1970er: John Travolta sorgt auch im Schwabenland für Disco-Fieber, das <strong>VfB</strong>-Magazin „tip top“ erscheint und ein junges <strong>VfB</strong>-Team schafft unter Jürgen Sundermann den Wiederaufstieg ins<br />

Fußballoberhaus. Der <strong>VfB</strong> modernisiert sich und schafft professionelle Strukturen, was nicht zuletzt auch dem neuen Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder zu verdanken ist.<br />

Am Ende half auch der 3:2-Sieg gegen Rot-<br />

Weiss Essen nichts mehr. Der letzte Spieltag<br />

der Saison 1974/75 markierte den Abstieg<br />

des <strong>VfB</strong> in die Zweitklassigkeit. Nur rund<br />

5.000 Zuschauer verloren sich im weiten<br />

Rund des Neckarstadions, das ein Jahr zuvor<br />

noch Austragungsort der Weltmeisterschaft<br />

war. Düstere Vorahnungen, dass der Weg<br />

zurück in die Bundesliga steinig werden<br />

würde, machten sich breit. Groß war die Enttäuschung<br />

beim weiß-roten Anhang und im<br />

Klub selbst. Schließlich gehörte der <strong>VfB</strong><br />

schon damals genauso zum <strong>Stuttgart</strong>er Alltagsleben<br />

wie „der Daimler“, der Fernsehturm<br />

oder „Äffle und Pferdle“. Während der<br />

in Stammheim stattfindende Prozess gegen<br />

die RAF die Bundesrepublik in Atem hielt<br />

und letztlich im blutigen „Deutschen Herbst“<br />

gipfelte, musste sich der Verein mit dem roten<br />

Brustring zwischenzeitlich mit sportlichen<br />

Kontrahenten wie Bad Kreuznach, Pirmasens<br />

oder dem FC Homburg messen. Erst<br />

1977 kam der <strong>VfB</strong> zurück ins Oberhaus – und<br />

zwar gewaltig. Das torlose Remis in Trier<br />

reichte den Mannen um Trainer Jürgen Sun-<br />

12<br />

dermann zum Wiederaufstieg, hatten sie<br />

zuvor doch bereits exakt 100 Tore in der<br />

Liga geschossen. Sechs hiervon erzielte<br />

Stürmer Ottmar Hitzfeld in einem einzigen<br />

Spiel gegen Jahn Regensburg – ein bis heute<br />

gültiger Zweitliga-Rekord! Aber im Neckarstadion<br />

wurden in den Siebzigern nicht<br />

nur Tore bejubelt, sondern erstmals auch<br />

musikalische Großereignisse veranstaltet.<br />

Die Rolling Stones heizten über 60.000<br />

Rockfans gehörig ein, ob unter den Zuhörern<br />

auch <strong>VfB</strong>-Spieler waren, ist nicht überliefert.<br />

Ebenfalls mit mächtig viel Dampf<br />

trieb der 1975 zum <strong>VfB</strong>-Präsident gewählte<br />

Gerhard Mayer-Vorfelder die Modernisierung<br />

und Professionalisierung des Vereins<br />

voran und legte damit den Grundstein für<br />

eine erfolgreiche Zukunft.


<strong>VfB</strong>-Jahrzehnte: Die Achtziger<br />

Vokuhilas, Kutten und Germanakos<br />

Die 1980er: Gas-Tröten gehören wie Kutte und Dauerkarte zur Standardausrüstung der Fans aus der Kurve. Dort präsentiert sich 1984 das frischgebackene Meisterteam den <strong>VfB</strong>-Anhängern.<br />

Schon Jahre vor dem Titelgewinn hat Trendsetter Walter Kelsch die Haare schön. Haarsträubend ist dagegen die Schiedsrichter-Leistung beim Hinspiel des UEFA-Cup-Finales 1989.<br />

Die Zeit zwischen 1980 und 1990 darf nicht<br />

nur als eine Ära großer Veränderungen –<br />

nicht zuletzt weltpolitischer Art, sondern<br />

auch getrost als ein Jahrzehnt des eher<br />

schlechten Geschmacks bezeichnet werden:<br />

Der „Vorne kurz, hinten lang-Schnitt“, populär<br />

geworden als Vokuhila-Frisur, war<br />

der letzte Schrei – gerne auch mal verfeinert<br />

mit Dauerwelle. Dies passte hervorragend<br />

zu T-Shirts in Neonfarben und Karottenjeans,<br />

die in Cowboystiefel steckten.<br />

Die Mode der Achtziger bot so allerhand<br />

und unter den Fashion-Fans jener Zeit befand<br />

sich auch manch einer, der allwöchentlich<br />

in der Bundesliga gegen das<br />

runde Leder trat. Und dies oft sehr erfolgreich.<br />

Schließlich waren die Achtziger eine<br />

Hochzeit des deutschen Fußballs, in der<br />

Deutschland Europameister und zweifacher<br />

Vize-Weltmeister wurde. Mit dabei in<br />

der Mannschaft, die den Adler trägt, waren<br />

im Verlauf des Jahrzehnts <strong>VfB</strong>-Größen wie<br />

Hansi Müller, die Gebrüder Förster, Karl All-<br />

22<br />

göwer, Guido Buchwald, Eike Immel oder<br />

Jürgen Klinsmann. Sie waren die Idole der<br />

Fans, der Kuttenträger in den Kurven.<br />

Ohne Joppe ging man nicht zum Fußball,<br />

Frau samt Kind ließ man besser daheim, da<br />

sowohl der Komfort als auch die Sicherheit<br />

in den teilweise veralteten Spielstätten<br />

der Republik zu wünschen übrig ließ. Das<br />

Fan-Dasein war meist eine Männerdomäne.<br />

Weiß-rote Schiebermützen, Gasdrucktröten<br />

und die Jeansjoppen mit den unzähligen,<br />

nicht immer jugendfreien Aufnähern gehörten<br />

damals quasi zur Grundausstattung<br />

der <strong>VfB</strong>-Anhänger in der Cannstatter Kurve,<br />

die ihr Dinkelacker-Bier noch aus Halbliter-Aluminiumdosen<br />

genossen. Die Bundesliga<br />

zählte schon damals zu den absoluten<br />

Topligen. Die Bayern aus München,<br />

der Europapokal der Landesmeister-Gewinner<br />

Hamburg und auch der Deutsche<br />

Meister von 1984, der <strong>VfB</strong>, setzten Glanzpunkte<br />

auf internationalem Parkett und<br />

selbst Bayer Leverkusen gewann mit dem<br />

UEFA-Cup einen großen Titel. Dem <strong>VfB</strong> blieb<br />

genau dieser Triumph 1989 verwehrt. Denn<br />

im Finalhinspiel des Europapokals verhinderten<br />

der SSC Neapel und ein Schiedsrichter<br />

namens Gerassimos Germanakos den<br />

<strong>VfB</strong>-Sieg. Im Rückspiel kam die Elf von Arie<br />

Haan im Neckarstadion nicht über ein 3:3<br />

hinaus, durfte aber stolz sein auf die gezeigte<br />

Leistung.


<strong>VfB</strong>-Jahrzehnte: Die Neunziger<br />

Herzschlagfinale, Leeds und ein magisches Dreieck<br />

Die 1990er: Meisterjubel mit zeitgenössischen Krawatten: Der <strong>VfB</strong> am Ziel seiner Träume und der längsten Saison der Bundesliga-Geschichte. Für Jovica Simanic wird der Traum vom<br />

<strong>VfB</strong>-Profi dagegen zum Albtraum, die falsche Einwechslung in Leeds sollte sein einziger Pflichtspieleinsatz bleiben. Das magische Dreieck, Elber, Bobic und Balakov, begeistert später<br />

die Liga mit seiner Zaubershow und versetzt nicht nur die Fans im A-Block ins Staunen.<br />

Berlin, Olympia-Stadion, 14. Juni 1997: Giovane<br />

Elber kommt an den Ball und lupft ihn<br />

gekonnt über Cottbus-Keeper Tomislav Piplica<br />

in die Tormaschen. Er läuft zu den Fans,<br />

jubelt und küsst das <strong>VfB</strong>-Wappen auf sei-<br />

24<br />

ner Brust. Es war ein Abschiedskuss. Zur<br />

neuen Spielzeit wechselt der Brasilianer<br />

an die Isar, Krassimir Balakov und Fredi<br />

Bobic, die gemeinsam mit ihm das magische<br />

Dreieck bildeten, blieben beim <strong>VfB</strong>,<br />

doch die große Zaubershow des Trios unter<br />

dem heutigen Bundestrainer Jogi Löw<br />

war vorbei. Trotz dieses Verlusts zog der<br />

<strong>VfB</strong> im Jahr nach dem Pokalsieg ins Finale<br />

des Europapokals der Pokalsieger ein,<br />

scheiterte aber ganz knapp mit 0:1 am FC<br />

Chelsea. Schon in den Jahren zuvor hat<br />

sich der <strong>VfB</strong> immer stärker in der Spitzengruppe<br />

der Bundesliga etabliert und diesem<br />

Bestreben auch Taten folgen lassen.<br />

1992 holte man die Meisterschale wieder<br />

an den Neckar nach dem Herzschlag-Finale<br />

von Leverkusen. Von Platz drei vor dem<br />

letzten Spiel gestartet, brachte das Kopfballtor<br />

von Kapitän und Weltmeister Guido<br />

Buchwald vier Minuten vor dem Ende<br />

die Entscheidung: 2:1 – der <strong>VfB</strong> ist Meister!<br />

Meister einer Liga, in der erst- und<br />

letztmals 20 Vereine antraten. Der Grund<br />

hierfür war die deutsche Wiedervereinigung<br />

und die Eingliederung der Klubs aus<br />

der ehemaligen DDR in den Westdeutschen<br />

Spielbetrieb. Nur wenige Monate<br />

nach dem Titeltriumph folgte ein schmerzhafter<br />

Tiefpunkt: Trainer Christoph Daum<br />

wechselte im Europapokal der Landesmeister<br />

kurz vor dem Abpfiff Jovica Simanic<br />

für Maurizio Gaudino ein. Ein Wechsel,<br />

der Zeit bringen sollte, lag man doch mit<br />

1:4 im Hintertreffen und musste nach<br />

dem 3:0-Hinspielsieg dieses Ergebnis unbedingt<br />

bis zum Schlusspfiff mindestens<br />

halten, um eine Runde weiterzukommen.<br />

Aber Simanic war als Jugoslawe von der<br />

Ausländerregelung betroffen, hätte gar<br />

nicht eingewechselt werden dürfen, da<br />

bereits drei ausländische Akteure auf dem<br />

Feld standen. Der Vierte war nun einer zu<br />

viel! Der <strong>VfB</strong> musste sich in einem Entscheidungsspiel<br />

ein drittes Mal Leeds United<br />

stellen, verlor mit 1:2 und schied aus.


<strong>VfB</strong>-Jahrzehnte: Jahrtausendwende bis heute<br />

Abstiegskampf, Champions League, und ein schwäbisches Sommermärchen<br />

Das aktuelle Jahrzehnt: Krassimir Balakovs Tor rettet den <strong>VfB</strong> vor dem Abstieg. Der „Junge Wilde“ Andreas Hinkel lässt Manchesters Rohdiamanten Cristiano Ronaldo keine Chance. Deutschland<br />

feiert in <strong>Stuttgart</strong> WM-Platz drei und das Happy End des Sommermärchens. Bei weitem übertroffen wird diese Feier von der Megaparty im Jahr darauf, zum fünften Meistertitel des <strong>VfB</strong>.<br />

Wohl kein <strong>VfB</strong>-Fan wird so schnell den 12. Mai<br />

2001 vergessen, als Mittelfeldlegende Krassimir<br />

Balakov am 33. Spieltag in der 90. Minute<br />

mit einem Linksschuss den Siegtreffer<br />

gegen Schalke 04 erzielte und damit das<br />

Abstiegsgespenst endgültig aus dem Gottlieb-Daimler-Stadion<br />

vertrieb. Der „Magier“<br />

Felix Magath hatte seine Mission erfüllt<br />

und startete in den folgenden Jahren mit<br />

den „Jungen Wilden“ zu einem furiosen<br />

Sturmlauf durch Deutschland und die Champions<br />

League. Mit 2:1 wurden die Weltstars<br />

von ManUnited seinerzeit zurück auf die Insel<br />

geschickt. Später beerbte Matthias Sammer<br />

Felix Magath als Cheftrainer, bevor der<br />

impulsive Sachse nach einer Saison selbst<br />

Platz für den Maestro schlechthin machte:<br />

Giovanni Trapattoni gab fortan den Takt auf<br />

dem Wasen vor, dirigierte dem <strong>VfB</strong>-Orchester<br />

aber nicht die „Vier Jahreszeiten“, sondern<br />

lediglich ein Intermezzo. Die Fußballweltmeisterschaft<br />

2006 im eigenen Land<br />

bescherte dem Stadion neben dem stim-<br />

26<br />

mungsvollen Spiel um den dritten Platz zwischen<br />

Deutschland und Portugal auch eine<br />

grüne Leichtathletik-Laufbahn. Der eingefärbte<br />

Kunststoff bildete ein Jahr später den<br />

Weg der Ehrenrunde des frischgebackenen<br />

Deutschen Meisters. 54.000 Zuschauer im<br />

Stadion bejubelten am 19. Mai 2007 den 2:1-<br />

Sieg gegen Energie Cottbus, der den Schlusspunkt<br />

einer furiosen Aufholjagd markierte.<br />

Auch abseits des grünen Rasens feierte der<br />

<strong>VfB</strong> einen Sieg für die Ewigkeit. Nach jahrelangen<br />

Debatten, Diskussionen und Dissonanzen<br />

wurde im <strong>Stuttgart</strong>er Gemeinderat<br />

endlich beschlossen, wovon <strong>VfB</strong>-Anhänger<br />

seit Generationen träumen: Der Umbau des<br />

Gottlieb-Daimler-Stadions in ein reines Fußballstadion.<br />

2008 übernahm Markus Babbel<br />

das Kommando an der Seiten linie von Meistertrainer<br />

Armin Veh und führte den <strong>VfB</strong> zur<br />

dritten Champions League Teilnahme binnen<br />

sieben Jahren. Im Dezember 2009 trat<br />

schließlich Christian Gross seinen Dienst auf<br />

dem Wasen an, um den <strong>VfB</strong> aus dem Tabel-<br />

lenkeller zu führen. Dies gelang Dank akribischer<br />

Arbeit und Schweizer Präzision in<br />

Rekordzeit und der Blick ist optimistischer<br />

denn je in die Zukunft gerichtet, in der<br />

nicht nur ein neuer Fußballtempel auf den<br />

<strong>VfB</strong> wartet.


Meisterwerke der Fankurve<br />

Die Choreographien der Cannstatter Kurve gehören zu den schönsten des europäischen Fußballs<br />

1997, beim DFB-Pokal-Habfinale gegen den Hamburger SV, folgte der erste Streich: Über 35.000 Papptafeln tauchten die komplette<br />

Cannstatter Kurven in die Vereinsfarben. Und seit jenem Fußballabend im Schein des Flutlichts sind Choreographien nicht mehr<br />

28


wegzudenken beim <strong>VfB</strong>. Heute organisiert die Fördergruppe Choreographien Cannstatt e.V. des Commando Cannstatt die Entstehung<br />

und Umsetzung dieser Formen aus Leidenschaft, die von Mal zu Mal größer, spektakulärer und noch eindrucksvoller werden.<br />

29


Zeitreise durch 60 Stadionjahre<br />

Das altehrwürdige Gemäuer war schon oft Bühne für ganz großen Fußball<br />

30<br />

1974 – WM-Fieber am Neckar:<br />

Die erste Fußballweltmeisterschaft auf deutschem Boden wird<br />

auch in <strong>Stuttgart</strong> ausgetragen. Im weiten Stadionrund rollt bei<br />

insgesamt vier Partien der Ball, darunter das Vorrundenduell zwischen<br />

Argentinien und Italien, das mit 1:1 endet.<br />

1988 – Elfmeterkrimi:<br />

Im Finale des Europapokals der Landesmeister besiegt der PSV<br />

Eindhoven das Team von Benfica Lissabon in einer packenden Partie<br />

mit 6:5 nach Elfmeterschießen. Neben diesem Endspiel-Highlight<br />

zählt das Neckarstadion auch zu den acht Austragungsstätten<br />

der Europameisterschaft.<br />

1950 – Viel mehr als ein 1:0:<br />

Beim ersten Nachkriegsländerspiel bejubeln weit über<br />

100.000 Zuschauer im Neckar sta dion Deutschlands 1:0-Erfolg<br />

gegen die Schweiz. Diese Partie markiert die Wiederaufnahme<br />

des deutschen Fußballs in die Völkergemeinschaft<br />

des Sports.<br />

1984 – Deutscher Meister:<br />

Trotz der 1:2-Niederlage gegen dem Hamburger SV<br />

sichert sich der <strong>VfB</strong> die dritte Deutsche Meisterschaft der<br />

Vereinsgeschichte. Der Jubel auf dem Rasen und den<br />

Rängen ist grenzenlos.


1989 – Bitteres Ende:<br />

Das 3:3-Remis im Heimspiel gegen den SSC Neapel<br />

um Weltstar Diego Maradona reicht dem <strong>VfB</strong> nicht<br />

zum Europapokal-Triumph, verlor man doch zuvor<br />

in Italien knapp mit 1:2.<br />

2006 – Sommermärchen:<br />

<strong>Stuttgart</strong> ist eine der atmosphärischsten WM-Städte.<br />

Sechs Spiele finden in der Schwabenmetropole<br />

statt, die mit der deutschen Nationalelf nach dem<br />

3:1-Erfolg gegen Portugal im Spiel um Platz drei den<br />

krönenden Abschluss des Sommermärchens feiert.<br />

1992 – Titelparty:<br />

Auch wenn der <strong>VfB</strong> sein Meisterstück im Leverkusener Ulrich-Haberland-<br />

Stadion perfekt macht, wird nach der Rückkehr der Helden vor der Haupttribüne<br />

des Neckarstadions die Riesenparty in weiß und rot gestartet.<br />

2007 – Ausnahmezustand:<br />

Schätzungsweise eine Viertelmillion<br />

Fans feiern mit dem <strong>VfB</strong>-<br />

Team in der <strong>Stuttgart</strong>er City die<br />

fünfte Deutsche Meisterschaft,<br />

die der 2:1-Heimsieg gegen Cottbus<br />

bringt.<br />

Impressum<br />

Herausgeber: <strong>VfB</strong> <strong>Stuttgart</strong> 1893 e.V., Mercedesstr. 109, 70372 <strong>Stuttgart</strong>, Tel. 01805-8325463 (Festnetz: EUR 0,14/Min., Mobilfunk: max. EUR 0,42/Min.), Fax 0711-55007-196,<br />

www.vfb.de • Anzeigen: <strong>VfB</strong> <strong>Stuttgart</strong> Marketing GmbH • Redaktion: Oliver Schraft, Jens Marschall, Florian Mattner • Entwurf & Gestaltung: Mathias Kraus, Dennis Kupfer,<br />

Bardo Kneiser, <strong>VfB</strong> <strong>Stuttgart</strong> Marketing GmbH • Fotos: Pressefoto Baumann, Herbert Rudel, Imago Sportfotodienst, dpa, Picture-Alliance, Stadtarchiv <strong>Stuttgart</strong>, Landesmedienzentrum<br />

BW, Privat • Druck: Druck & Medienzentrum Gerlingen, Tel. 07156-9443-0 • Das Copyright für den Inhalt und die Gestaltung der Sonderausgabe liegt bei der Redaktion.<br />

Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung.<br />

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