HUGENOTTEN - Reformiert online
HUGENOTTEN - Reformiert online
HUGENOTTEN - Reformiert online
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
die Hugenottenwitwe Conte die Erlaubnis, Erfrischungen im Lustgarten<br />
anzubieten.<br />
„Auff der frantzösischen Refugyrten wittib Conte allerdemütigstes Supplicatum<br />
[...] hiermit concediret, ihre hierein Specificirte Limonade und andere<br />
liqueurs, zur refraichierung der daselbst promenierenden Persohnen öffentlich<br />
feil und zu Kauff zu haben.<br />
Cölln an der Spree den 4. Juli 1701” 25<br />
Die Liköre und Limonaden kreierten die Gastronomen meist selbst. Sie<br />
dienten der „refraichierung” (französisch: rafraîchement - Erfrischung).<br />
Eine besondere Attraktion bot Bouché: Er hatte ein 100 Meter langes<br />
Treibhaus als Café eingerichtet. Selbst im Winter wuchsen hier Blumen und<br />
man konnte im Grünen Kaffee trinken. 26<br />
Auch in der Stadt entstanden etliche Cafés, die vor allem von Schweizer<br />
Konditoren betrieben wurden. Man traf sich dort, um in gemütlicher Atmosphäre<br />
zu diskutieren, Zeitung zu lesen und natürlich, um die feinen<br />
Gebäcke zu genießen. Auch französische Familien betrieben Caféhäuser:<br />
„So wirkten Konditorei und Café der Familie d‘Heureuse zu Anfang des 19.<br />
Jahrhunderts wie ein Magnet auf die Bevölkerung, ja, sie entwickelten sich<br />
nahezu zu einem kulturellen Mittelpunkt. Die Berliner genossen die Spezialitäten<br />
des Hauses, lasen Zeitungen, diskutierten über die politische Lage<br />
und erzählten sich den neuesten Klatsch.” 27<br />
Auf diese Art und Weise entstanden nicht nur neue gastronomische Einrichtungen,<br />
sondern auch eine neue Alltagskultur des aufstrebenden Berliner<br />
Bürgertums.<br />
Den Alltag der Ärmeren bereicherten preiswerte Angebote der Garküchen,<br />
Buden und Speisewirte. Der Franzose Hazard richtete „boutiquen” zum<br />
Verkauf von Braten und Geflügel ein. Dort waren Garköche damit beschäftigt,<br />
„... das Fleisch von Milchvieh, Wildpret, Geflügel herzurichten, zu<br />
spicken und zuzubereiten, um sie zu verkaufen, und zwar roh, oder sie<br />
gekocht anzubieten, nachdem sie auf ihren Herden oder Kaminen geröstet<br />
sind.” 28<br />
Der Begriff „Budike” hat sich bis zum Anfang diesen Jahrhunderts im Berliner<br />
Jargon erhalten. Zunächst umfasste er alle kleinen Verkaufsbuden der<br />
Réfugiés - von Metallwaren über Spitzen bis hin zu Nahrungsmitteln. Spä-<br />
25 BOTTA, FORNÉE, FOUQUET, SCHELLER: Die Hugenotten in Brandenburg-Preußen,<br />
1971, 102 bzw. GSPK Rep 122 Nr 6a I Vol. I fol. 13-20.<br />
26 Vgl. WILKE, S. 412.<br />
27 Jürgen WILKE: Der Einfluss der Hugenotten auf die gewerbliche Entwicklung, in: Hugenotten<br />
in Berlin, Berlin 1988, S. 266.<br />
28 MANOURY, 1966, Jg. 19, Nr. 6, Übersetzung aus ERMAN & RECLAM, Bd. VI, S. 59 ff.<br />
9