HUGENOTTEN - Reformiert online
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„Bohnenfresser”. 4 Doch nach und nach fanden sie Geschmack an den<br />
Neuheiten.<br />
Am Hof kannte man schon vor der Zeit der Einwanderer zarte Gemüse, wie<br />
Blumenkohl, Sellerie, und verschiedene Obstsorten, die allerdings extra<br />
aus Hamburg, Leipzig, Erfurt oder Braunschweig geholt wurden. 5 Bald kam<br />
der Blumenkohl für die fürstliche Tafel aus dem eigenen Land. Außerdem<br />
gab es Spargel, Artischocken, Chicoree, Champignons, Schwarzwurzeln,<br />
verschiedene Suppengemüse und -kräuter sowie grüne Erbsen. Letztere<br />
kannte man bis dahin nur getrocknet. Die Verbreitung der Kartoffel im 18.<br />
Jahrhundert wurde von den Hugenotten unterstützt, die mit deren Anbau<br />
bereits vertraut waren.<br />
Auch Salate gewannen an Beliebtheit. „Man ging nach Charlottenburg, um<br />
Salat à la Duhan zu essen. So hieß der Gärtner, der besonders guten Salat<br />
hatte und der bei Hofe angestellt war.” 6 Die Speisen wurden nun zunehmend<br />
mit Kräutern verfeinert und als Dessert wurden Ananas oder Melone<br />
gereicht. Auch „Kompott” (französisch: compote) aus verschiedenen Birnensorten<br />
gewann an Beliebtheit.<br />
Der Chronist Muret berichtet 1885, dass der auf Obst- und Frühobstzucht<br />
spezialisierte Gärtner Sarre 7 , „... dem König Friedrich II. stets die ersten<br />
und schönsten der von ihm getriebenen Kirschen in einer besonders hierzu<br />
bestimmten Schachtel zugehen, die eins seiner zahlreichen Kinder nach<br />
Sanssouci zu tragen pflegte und dem diensthuenden Kammerdiener übergab.<br />
Der Dank des Königs bei Rückgabe der ihres Inhalts ledigen Schachtel<br />
war die beste Anerkennung und die dem König bereitete Tafelfreude der<br />
schönste Lohn für den Erfolg, mit dem der brave Kolonist der Gartenkunst<br />
oblag.” 8<br />
Sarre wurde gebeten, den Gärtnern der königlichen Gärten seine Kunst<br />
beizubringen. Auch mit dem Weinanbau versuchten sich die Réfugiés. Sie<br />
scheiterten jedoch an den sandigen Böden und am Klima ihrer neuen Heimat.<br />
Dennoch gab es einige Weinberge, die ein beliebtes Ausflugsziel zur<br />
Weinlese wurden. 9<br />
4 Vgl. Jürgen WILKE: Einflüsse französischer Sprache und Alltagskultur auf das Berlinische,<br />
in: Badstüber-Gröger, Sibylle; Brandeburg, Klaus; Geissler, Rolf; Grau, Conrad; Löschburg,<br />
Winfried; Schnitter, Helmut; Steiner, Klaus; Welge, Margarete; Wilke, Jürgen: Hugenotten<br />
in Berlin, Berlin 1988, S. 409.<br />
5 Vgl. ERMAN & RECLAM: Mémoires pour servir à l’histoire des réfugiés françois, Berlin<br />
1786, Bd. VI, S. 275 ff.<br />
6 Horsta KRUM: Preußens Adoptivkinder, Berlin 1985, S. 109.<br />
7 Zu Sarre vgl. Christina PRAUSS: Die Hugenottenfamilie Sarre, Sar, Saar in Berlin, in:<br />
Hugenotten, 63. Jg., Nr. 2 ,1999, S. 57-61.<br />
8 MURET, S. 50.<br />
9 Vgl. WILKE, S. 392-408.<br />
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