HUGENOTTEN - Reformiert online
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Die Bierbrauer stellten im Nebenerwerb oft Schnaps oder Fusel her. In<br />
Brandenburg-Preußen wurde er vorwiegend aus Getreide gebrannt. Die<br />
Réfugiés kannten bereits Liköre, Lebenswasser und Branntwein. Es entstanden<br />
eigenständige Brennereien. Im Nachhinein kam oft ein Getreidehandel<br />
hinzu. Claude und George werden in verschiedenen Quellen als<br />
erfolgreichste französische Brenner genannt. 43 Sie belieferten Apotheker,<br />
Destillateure und Aquavitmacher. 44 Diese mischten dem reinen Kornsprit<br />
verschiedene Ingredienzen wie Anis, Wacholder oder Kümmel bei, so dass<br />
die Vielfalt der Schnäpse rasch wuchs. Der Branntweinkonsum überstieg<br />
bald den des Bieres. 45 Auch Import und Imitation von hochprozentigen Alkoholen,<br />
wie Rum und Arrak, stiegen an.<br />
Außerdem trugen die Réfugiés bedeutend zur Verbreitung der französischen<br />
Weine in Brandenburg-Preußen bei. Bis dahin wurde in Brandenburg-Preußen<br />
wenig Wein getrunken und wenn, dann waren es Rheinweine<br />
oder die Weine aus Potsdam und Werder, die den Franzosen nicht<br />
schmeckten. So nutzten sie ihre Beziehungen in die Heimat und bauten<br />
den Weinhandel aus. Nach und nach verdrängten die französischen Importe<br />
die teureren deutschen, ungarischen und spanischen Weine.<br />
Von Frankreich gelangte der Wein über den Seeweg nach Stettin und von<br />
dort aus nach Berlin und in andere Gegenden Brandenburg-Preußens. So<br />
konnten die auf dem Landwege anfallenden Zölle umgangen werden. Der<br />
französische Apotheker Antoine Palmié gilt als der Erste, der nebenher<br />
einen Weinhandel betrieb. Das Geschäft lief gut, so dass sein Neffe die<br />
Apotheke später aufgeben konnte. 46<br />
Neben den verschiedenen alkoholischen Getränken fanden Kaffee, Tee,<br />
Schokolade und Limonade durch die Réfugiés Verbreitung in Brandenburg-<br />
Preußen. Kaffee war als Importware sehr teuer. „Das Jahresgehalt eines<br />
Pastors betrug damals 200-300 Pfund Kaffee.” 47 Dennoch gehörte Kaffee<br />
zum Alltag, allerdings nicht in den heutigen Mengen. Die Kaffeetassen für<br />
den allmorgendlichen Schluck waren sehr klein. Manoury zitiert in seinen<br />
Ausführungen einen Brief des Arztes Formey. Dieser schreibt zu den Zeremonien<br />
rund um den Kaffee: „Indes ist der Genuß des Bieres doch weniger<br />
allgemein als der des Kaffees. Vom vornehmen Manne bis zum Bettler<br />
trinkt alles wenigstens einmal am Tage Kaffee. Die Kinder werden von früher<br />
Jugend so daran gewöhnt, daß sich in der Folge auch der ärmste Mann<br />
43 Vgl. Hugo RACHEL: Das Berliner Wirtschaftsleben im Zeitalter des Frühkapitalismus,<br />
Berlin 1931, S. 70 und vgl. ERMAN & RECLAM, 1786, Bd. VI, S. 72-75.<br />
44 Aquavit: aqua – Wasser; vita – Leben.<br />
45 Vgl. MANOURY, 1966, Jg. 19, Nr. 2, S. 5/6.<br />
46 Vgl. ERMAN & RECLAM, 1786, Bd. VI, S. 98-111.<br />
47 MANOURY, 1966, Jg. 19, Nr. 7, S. 35.<br />
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