03.03.2013 Aufrufe

EDVARD MUNCH ERNST LUDWIG KIRCHNER - Galerie Thomas

EDVARD MUNCH ERNST LUDWIG KIRCHNER - Galerie Thomas

EDVARD MUNCH ERNST LUDWIG KIRCHNER - Galerie Thomas

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Parallelen im Leben von Munch und Kirchner sind<br />

auffällig. Vergleichbar Munch, der sich nach seinem<br />

Nervenzusammenbruch im Jahr 1908 in Kopenhagen<br />

in die südnorwegische Küstenstadt Kragerø und später<br />

nach Ekely immer stärker zurückzog, übersiedelte<br />

Kirchner nach seiner durch den Ersten Weltkrieg aus -<br />

gelösten schweren existentiellen Krise in die Schweiz,<br />

nach Frauenkirch am Fuß der Stafelalp. Beide Künstler,<br />

der eine in der Küstenlandschaft Norwegens, der andere<br />

in der Schweizer Berglandschaft, widmeten sich<br />

Motiven ihrer näheren Umgebung in Garten und Wald,<br />

den Schären oder dem Bergland und ihrem Atelier.<br />

So zeigen insbesondere Munchs Werke nach 1912<br />

den Einfluss Kirchners und der deutschen Expressionisten.<br />

Mit zunehmend frei und flächig aufgetragenen Farben<br />

mit starkem Kolorit lösten sich diese Werke weitgehend<br />

von ihren Gegenstandsreferenzen. In Getreideernte<br />

(S.92) von 1917 sind die schemenhaften Körper der<br />

Ernte arbeiter und Erntearbeiterinnen kaum mehr durch<br />

die Farbe modelliert, das Feld löst sich in rosa, gelbe<br />

und grünliche freie Farbflächen auf, deren Pinselzüge<br />

ein spannendes Vibrieren erzeugen. Auch der Himmel<br />

gleicht mit großen sichtbaren Bereichen der grundierten<br />

Leinwand und grob aufgetragenen hellrosa und blauen<br />

Farbpartien einer abstrakten Komposition.<br />

Die Darstellungen der ländlichen Arbeit wie einer Getreideernte<br />

zeigen in Werken wie Munchs Herbst arbeit<br />

in der Nähe des Treibhauses (S.45) von 1923-25 und<br />

Kirchners Heuernte (S.93) von Mitte der 1920er Jahre<br />

markante Unterschiede. So rückt Munch das eigentliche<br />

Geschehen in den Mittelgrund, während gelb blühende<br />

Stauden von der linken Bildseite her das Bildgeschehen<br />

dominieren und dynamisieren. Die etwas<br />

starren Figuren Kirchners dominieren wiederum mit<br />

ihren verschiedenen Tätigkeiten das Bildgeschehen.<br />

91<br />

Doch auch Werke wie Alpsonntag (S.95) von 1918,<br />

eine kleine Fassung der monumentalen Version, zeigen<br />

deutliche Differenzen zu Munchs Versuch die Landschaft<br />

zu dynamisieren, geradezu zum Schwingen zu<br />

bringen. Die vielfigurige Darstellung im langen Quer -<br />

format gibt das Leben der Bergbauern nicht während<br />

der Arbeit, sondern als eine Art Gruppenporträt im<br />

Sonntagsgewand wieder. Mit groben Pinselzügen<br />

deutet der Künstler in der skizzenhaften Darstellung eine<br />

stilisierte Personenwiedergabe an, wodurch die Dar -<br />

gestellten zu Repräsentanten der Bergbauern an sich<br />

werden, ohne die Intention ihre Persönlichkeit zu<br />

analysieren.<br />

Das ländliche Leben bearbeiteten beide Künstler auch<br />

in ihrem graphischen Werk intensiv. So finden sich bei<br />

Kirchner zahlreiche feinnervige Holzschnittdarstellungen<br />

unter anderem von Hirten, Kühen, Ziegen und Heu -<br />

arbeiten bis hin zum Milchmädchen mit Kanne (S.103),<br />

das in seiner ornamentalen Flächengestaltung einen<br />

Höhepunkt in Kirchners Holzschnittkunst markiert. Den<br />

bäuerlichen Szenen Kirchners entgegen finden sich in<br />

Munchs Graphiken eine Reihe von Arbeiter- und Pferdedarstellungen<br />

wie die Radierung des Galoppierenden<br />

Pferdes (S.98), in der er sich akzentuiert mit einer<br />

geradezu filmischen Tiefenflucht auseinandersetzt.<br />

Kirchners Malstil wurde ab 1925 flächiger und Munchs<br />

von zunehmender Flüchtigkeit bestimmt. Ende der<br />

zwanziger Jahre entwickelte Kirchner einen sehr eigenwilligen,<br />

zwar weiterhin gegenständlichen, jedoch<br />

stärker abstrahierenden Stil. Das Werk der beiden<br />

Künstler hatte sich stilistisch und formal nun endgültig<br />

markant auseinander entwickelt, wobei ihre Motivwahl<br />

nach ihren schweren persönlichen Krisen weiterhin<br />

vom Rückzug aufs Land und einer zunehmenden<br />

Vereinsamung geprägt waren. DB

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!