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EDVARD MUNCH ERNST LUDWIG KIRCHNER - Galerie Thomas

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Dass Kirchner nicht bereit war, auch nur einen Milli -<br />

meter von seinem Urteil über Munch abzurücken, halten<br />

Erinnerungen des Münchner Kunsthändlers Günther<br />

Franke fest, der ihn im August 1928 in Frauenkirch<br />

besuchte: „Ich habe damals einige Tage bei ihm<br />

zugebracht und war überrascht und auch erschrocken<br />

über diesen sensiblen Menschen, der in seinen An -<br />

griffen messerscharf verurteilte, was nicht seinen<br />

Vorstellungen entsprach. Darum seine Polemik gegen<br />

Munch ... Man spürte die fast pathologische Anlage<br />

zur Kritik, mit der er auch seine nächsten Freunde und<br />

Mäzene verletzte ...“ 52<br />

„Einsam, wie ich immer war“<br />

Wie konnte es zu einem solchen unschönen Brief -<br />

wechsel und zu einem so harten Urteil kommen, in dem<br />

Kirchner jedes Mittel recht war, seine Meinung über<br />

Munch gegen Schiefler durchzusetzen? Der Grund liegt<br />

am Tage: Kirchner ist Munch zu nahe, deshalb muss er<br />

ihn wegstoßen. Sein auf die eigene Person zentriertes<br />

Selbstverständnis schreit geradezu auf, wenn ein anderer<br />

und nicht er ‘als Erster’ gesehen und behandelt<br />

wird.<br />

Diese für ihn unerträgliche Situation lag vor, als Kirchner<br />

am 5. Juni 1928 von Schiefler einen Brief erhielt:<br />

„Meine Frau und ich wollen jetzt für eine kurze Zeit<br />

nach Norwegen fahren und dort auch Munch besuchen,<br />

der uns dazu aufgefordert hat, d.h. nicht etwa, um bei<br />

ihm zu wohnen. Dazu ist er in seinem Junggesellenheim<br />

nicht eingerichtet, und es würde ihn umwerfen. Aber<br />

wir freuen uns darauf, ihn wiederzusehen.“ 53<br />

Nach seiner Rückkehr berichtet er am 27. Juli: „Wir<br />

haben von der Reise sehr viel Genuß gehabt. Zunächst<br />

waren wir 4 Tage mit Munch in Oslo zusammen, ...“ 54<br />

Kirchner fühlte sich zurückgesetzt, verletzt. Nicht zu<br />

ihm, zu Munch war Gustav Schiefler mit seiner Frau<br />

gereist.<br />

Und so beginnt Kirchner eine Auseinandersetzung,<br />

in der er dem Autor des Munch-Werkverzeichnisses<br />

vorwirft: „Er [Munch] ist gewiß eine sympathische<br />

Erscheinung und leichter zu behandeln als unsereins.“ 55<br />

Im Hintergrund schwelt die nicht abgeschlossene<br />

Arbeit am 2. Band des Werkverzeichnisses der<br />

Druckgraphik von Ernst Ludwig Kirchner 56 , also des<br />

70<br />

Werkverzeichnisses seiner Druckgraphik. Die Vorbereitungen<br />

hatten sich endlos hingezogen. Gustav Schiefler<br />

hatte Kirchner schon 1923 in Frauenkirch besucht, um<br />

die Arbeit voranzutreiben. Jahr um Jahr verging. Es kam<br />

zu Verzögerungen, nicht zuletzt durch den Verleger<br />

Dr. Rathenau. Diese Zusammenhänge kannte Kirchner.<br />

Oft genug hatte er sich darüber mit Gustav Schiefler<br />

brieflich ausgetauscht. Nun aber, da der 2. Band des<br />

Werkverzeichnisses der Druckgraphik von Edvard<br />

Munch vorliegt, erarbeitet von Gustav Schiefler, em -<br />

pfindet er nur eins: Andere sind für Gustav Schiefler<br />

wichtiger als ich. Die Folge: Er schlägt gleichsam um<br />

sich. Gegen Munch. Und auch gegen Schiefler. Diesem<br />

macht er den Vorwurf, seine – Kirchners – Sache<br />

zu verschleppen und hinter andere Veröffentlichungen<br />

zu stellen.<br />

Der antwortet: „Sehr geehrter Herr Kirchner! Ich bin<br />

selten von etwas so überrascht gewesen, wie durch<br />

Ihren Brief ... Ich begreife Ihren Unmut über den lang -<br />

samen Fortgang, aber die Schlüsse, die Sie daraus<br />

ziehen, sind abwegig ... Aber es geht mir letzthin<br />

gegen den Geschmack, mich gegen diesen Vorwurf<br />

zu verteidigen. Es scheint Ihr Schicksal zu sein, daß<br />

Sie die Menschen, die sich für Sie einzusetzen bemüht<br />

sind, vor den Kopf und von sich stoßen ... Es sollte<br />

mir sehr leid tun, wenn sie durch Ihre – wie gesagt<br />

an sich durchaus berechtigte Ungeduld und durch Ihr<br />

Mißtrauen das Zustandekommen eines schönen Werkes<br />

in letzter Stunde in Frage stellten. Aber ich will mich<br />

nicht der Hoffnung verschließen, daß Sie sich noch<br />

besinnen.“ 57 Schiefler verhält sich generös, bewahrt<br />

Haltung.<br />

Kirchner merkt, er ist zu weit gegangen und bedauert<br />

seine „Kampfstimmung ... Ich bin Ihnen ja für die<br />

jahrelange Förderung vielen Dank schuldig und möchte<br />

nur, daß unser 2ter Band bald herauskommt.“ 58<br />

Wirklich ‘besonnen’ hat er sich nicht. Auch in der<br />

weiter laufenden Zeit überwindet Kirchner das Trauma,<br />

seine künstlerische Arbeit sei von Munch abhängig,<br />

und deshalb müsse er hinter dem ‘Schneepflug’<br />

zurückstehen, nicht.<br />

1931 schreibt er an Ludwig Justi 59 : „Warten wir, bis<br />

das deutsche Volk so weit ist, daß es deutsche Maler<br />

anerkennt, ohne für sie solche Pseudoväter wie<br />

Munch ... nötig zu haben.“ 60

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