EDVARD MUNCH ERNST LUDWIG KIRCHNER - Galerie Thomas
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Schiefler antwortet knapp: „Es tut mir leid, daß ich in<br />
dem Munch-Katalog die Widmung vergessen habe; es<br />
ist selbstverständlich nicht absichtlich geschehen, ...“ 48<br />
Auf Kirchners ‘Spitzen’ geht er nicht ein. Er weiß, daß<br />
es sinnlos ist, mit Kirchner zu streiten. Doch dieser legt<br />
schon drei Tage später unbeirrt nach: „Die Lithos von<br />
Munch erscheinen mir sehr matt und kraftlos, wenn<br />
auch vielleicht elegant. Sie müssen entschuldigen,<br />
wenn ich Ihnen meine wahre Meinung schreibe ... ich<br />
glaube gewiß, daß Munch ein sympathischer Mensch<br />
ist. Aber seine Kunst ist den wirklichen Zielen abtrünnig<br />
geworden ... Das kann ich nicht verstehen. Vielleicht<br />
war er immer nicht stark genug, um eigene Wege zu<br />
gehen ... Das soll natürlich nichts gegen seine Kunst<br />
sagen, nur zeigen, daß es falsch ist, ihn zum Vater der<br />
deutschen Moderne zu stempeln, ...“ 49<br />
Das ist nun auch für den geduldigen Juristen zu viel. Er<br />
schreibt Kirchner und wird ungewohnt deutlich: „Darin<br />
aber haben Sie gewiß unrecht, wenn Sie Munch in<br />
Verdacht gesellschaftlicher Aspirationen irgendwelcher<br />
Gustav Schiefler, Edvard Munch.<br />
Das graphische Werk, Band 2, Euphorion Verlag, 1928<br />
69<br />
Art haben. Wenn Sie sähen, in welcher absoluten<br />
Einsamkeit er lebt und keine anderen Rücksichten kennt<br />
als die, seiner Kunst zu leben, würden Sie das nicht<br />
sagen.“ 50 Der Einwand und der Widerspruch irritiert<br />
Kirchner keineswegs.<br />
Unbeeindruckt schreibt er zurück, entschuldigt sich formal<br />
und halbherzig für seine Wortwahl, nimmt aber<br />
von dem, wie er Munchs Arbeiten der letzten Jahre einschätzt,<br />
nichts zurück: „Ich erhielt Ihren Brief vom 18.<br />
Sie sind sehr freundlich, meine Grobheit in puncto der<br />
Munchgrafik so liebenswürdig aufzunehmen ... Ich bin<br />
vielleicht gegen die Munchschen Sachen ... einge -<br />
nommen, weil man mir immer wieder öffentlich vorwirft,<br />
ich sei ein Nachahmer von ihm.“ Dann spricht er<br />
kurz von anderen Dingen, um dann doch noch einmal<br />
zuzuschlagen: „Ich würde es künstlerisch und menschlich<br />
als Rückschritt oder Ende empfinden, wenn ich so<br />
wie M. nach starken, formal strengen früheren Arbeiten<br />
in einen weichen Altersstil versänke. Die Kunst ist in<br />
steter Entwicklung.“ 51