EDVARD MUNCH ERNST LUDWIG KIRCHNER - Galerie Thomas
EDVARD MUNCH ERNST LUDWIG KIRCHNER - Galerie Thomas
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In den meisten Landschaftsdarstellungen Munchs wurden<br />
diese zum Projektionsraum menschlicher Stimmungen<br />
und Gefühle. Dabei suchte er in Werken wie Der Tanz<br />
des Lebens (S.56) oder Lebensbaum (S.52) Figur und<br />
Landschaft miteinander in Beziehung zu setzen, in<br />
ihrem motivischen Zusammenspiel Gefühlslagen wie<br />
Einsamkeit und Melancholie auszudrücken.<br />
Im Sommer 1892 schafft er in Åsgårdstrand bereits<br />
seine ersten symbolistischen Landschaften, darunter<br />
Strandmystik (links oben): „Das Mystische wird immer<br />
vorhanden sein – entstehen – je mehr man entdeckt,<br />
um so mehr wird es Dinge geben, die man sich nicht<br />
erklären kann.“ 1 Dieser Mystizismus erfährt in dem vielarmigen<br />
Lebewesen, den amorphen Steinen und der<br />
weißen trollartigen anthropomorphen Gestalt in Strandmystik<br />
eine besondere Steigerung. Ein Kritiker der Aftenposten<br />
kommentierte dies nüchtern als „große Tintenfische<br />
mit langen Armen, die der Länge nach mit dem<br />
Gesicht auf dem Boden liegen“. 2 Die Metamorphose<br />
der Natur, die Vermenschlichung der Elemente lassen<br />
jedoch an die nordische Sagenwelt denken. Als Munch<br />
1897 das Motiv in einen Holzschnitt übersetzte, verzichtete<br />
er auf die symbolischen Versatzstücke mystischer<br />
Meeresgeister. Er übertrug die Strandmystik in eine<br />
Meereslandschaft (links unten und S.128) mit phallus -<br />
artiger Lichtre flexion und einem Baumstumpf, dessen<br />
Wurzelwerk die Fangarme eines Tintenfisches assoziiert.<br />
In Werken wie Die Einsamen (S.126), Badende<br />
Knaben (S.146) und Badende Jünglinge (S.124) bildet<br />
die Strandszenerie die Bühne seiner Auseinandersetzung<br />
mit zwischenmenschlichen Beziehungen. Während<br />
Die Einsamen die Verein samung der beiden<br />
Protagonisten ausdrückt, denen es unmöglich scheint zu<br />
kommuni zieren, ist in Badende Knaben und Badende<br />
Jünglinge der Ausschluss und die Isolation eines der<br />
Badenden aus der Gruppe bezeichnet. Während in<br />
dem Gemälde ein Knabe, seine Scham bedeckend,<br />
das Thema der Pubertät zu bezeichnen scheint, ist<br />
der ausgewachsene junge Mann im Holzschnitt durch<br />
die Verschränkung seiner Arme in einer deutlich<br />
ablehnenden Körper sprache gegeben.<br />
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Auch Kirchner hatte in seinen Werken vor dem Ersten<br />
Weltkrieg, beispielsweise Zwei grüne Mädchen mit<br />
rotem Haar (S.148), die Landschaft zumeist als Hintergrund,<br />
teils zu Farbflächen abstrahiert, für Figurenkompositionen<br />
verwendet. In Werken wie Landschaft, Weg<br />
mit Bäumen (S.44), Fehmarndorf (S.50 unten)und<br />
Küstenlandschaft (S.50 oben)widmete er sich jedoch<br />
ausschließlich der Landschaftswiedergabe. Mit von van<br />
Gogh beeinflussten dynamisierenden Pinselzügen schuf<br />
er in Landschaft, Weg mit Bäumen ein ‘unmittelbares<br />
und unverfälschtes’ Farb- und Form-Spiel. In seinem<br />
Aquarell Frauen und Kinder auf einem Steg (S.51)sind<br />
die Frauen und Kinder noch kleine Staffagefiguren der<br />
Landschaft, während in Zwei grüne Mädchen mit rotem<br />
Haar die beiden Akte das Bildgeschehen dominieren.<br />
Beide Künstler veränderten nach ihren tiefen Krisen<br />
und ihren Rückzügen auf das Land ihre Landschaftsauffassungen.<br />
Bei Kirchner wurden die Landschaften zunehmend<br />
zum Hauptthema, die Berghütten, Dörfer, die<br />
arbeitenden Bauern und Tiere dienten zusehends als<br />
Staffage. Werke wie Rastende Spaziergänger (S.100)<br />
und Alpsonntag (S.95) präsentieren noch die weitgehend<br />
ent individualisierten Dargestellten gleich Gruppenporträts<br />
vor einer Hintergrundlandschaft. Auch in<br />
Heuernte (S.93) bildet die Landschaft den Hintergrund,<br />
während der Holzschnitt Bergtannen im Nebel (S.105)<br />
ganz der Landschaft als Thema verschrieben ist.<br />
Nach seiner Rückkehr nach Norwegen 1909 unterscheiden<br />
sich Munchs Landschaftspanoramen der<br />
zerklüfteten, kargen Fjordlandschaft mit vorgelagerten<br />
Schären deutlich von den Seelenlandschaften der Jahrhundertwende.<br />
In Herbstarbeit in der Nähe des Treibhauses<br />
(S.45) werden die beiden Feldarbeiter zur<br />
Staffage für seine dynamische Landschaftsdarstellung.<br />
Munchs Rückzug aufs Land wird offensichtlich. DB<br />
1 Zit. nach Stang, Ragna. Edvard Munch. Der Mensch und der<br />
Künstler. Königstein 1979. S. 79<br />
2 Kritiker der Aftenposten in seiner Rezension von Munchs Einzelausstellung<br />
im Gebäude des Juweliers Tostrup in Kristiania am 14.9.1892.