EDVARD MUNCH ERNST LUDWIG KIRCHNER - Galerie Thomas
EDVARD MUNCH ERNST LUDWIG KIRCHNER - Galerie Thomas
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Ernst Ludwig Kirchner<br />
links: Rückenakt mit Katze<br />
1929, Tuschfeder laviert auf Papier, 49 x 36 cm<br />
rückseitig mit Nachlass-Stempel und bezeichnet ‘F Da/Bg 67’<br />
Mitte: Kniender weiblicher Akt im Badetub<br />
1911, Bleistift auf braunem Papier, 42,5 x 33,1 cm<br />
rückseitig mit Nachlass-Stempel und bezeichnet ‘B Dre/Bg 45’<br />
rechts: Badende auf Fehmarn<br />
1914, Bleistift auf Papier, 52,5 x 37 cm<br />
mit Nachlass-Stempel und bezeichnet ‘K Da/Bh 15’<br />
Rückseite: Szene auf der Stafelalp, schwarze Kreide, 1920<br />
„Die Frau ist übrigens ein herrliches Geschöpf, ich<br />
glaube [ich] werde nur noch die Frau malen,“ 1 schrieb<br />
Edvard Munch 1885 enthusiastisch an einen Freund.<br />
Er kündigte unter dem Einfluss der Kristiania-Bohème<br />
einen Bruch des konservativen Tabus gegen weibliche<br />
Aktmodelle an. Nach seinem Umzug nach Berlin ent -<br />
stehen Frauenbilder, die symbolgeladen über jene<br />
Schilderung privater Momente und Akte im eigentlichen<br />
Sinn hinausgehen. Sie setzen sich mit Leiden, Liebe,<br />
Schmerz und Tod auseinander und schließen an jene<br />
frühen Werke aus Mitte der 1880er Jahre in Kristiania<br />
an. Er schuf in seiner Zuwendung zu Themen des<br />
späteren Lebensfrieses vieldeutige Frauendarstellungen<br />
wie Madonna (S.156) oder Der Kuss (S.154), deren<br />
psychologische Lesart bereits 1894 von Stanislaw<br />
Przybyszewski pro pagiert wurde: „Edvard Munch ist es,<br />
der es als Erster unternommen hat, die feinsten und subtilsten<br />
Seelen vorgänge darzustellen, sowie sie spontan,<br />
völlig unabhängig von jeder Gehirntätigkeit in dem reinen<br />
Individualitäts-Bewußtsein erscheinen. Seine Bilder<br />
sind geradezu gemalte Präparate der Seele in dem<br />
Moment, in der alle Vernunftsgründe schweigen.“ 2<br />
Przybyszewskis Interpretation ist ein Gradmesser, wie<br />
144<br />
weit sich Munch bereits von Naturalismus und Impressionismus<br />
hin zu einer symbolistischen Auffassung entfernt<br />
hatte. Doch auch später folgende Aktdarstellungen<br />
sind stets vor dem Ausdruck innerer Spannungen<br />
zwischen äußerem und innerem Ausdruck, Physis und<br />
Psyche gegeben.<br />
Die Madonna vereinigt dabei in der lithographischen<br />
Version mit einem Rahmen mit Embryo und Spermien in<br />
einem Wechselspiel aus Liege- und Standmotiv, Ruhe<br />
und Bewegung, Entblößen und Verdecken die Femme<br />
fragile und Femme fatale. Dieser Mischtyp konstituiert<br />
sich nicht nur aus der Zufügung des Rahmenmotivs, sondern<br />
insbesondere aus der Ambivalenz zwischen dem<br />
erotischen, ekstatischen Liegemotiv, dem Standmotiv<br />
zwischen Tanz- und Seejungfrau sowie dem skelettierten<br />
Embryo und den Spermien als Verweis auf Empfängnis<br />
und Gebären. Demgegenüber ist die Frauendarstellung<br />
in Kirchners Holzschnitt Akt mit schwarzem Hut (S.122),<br />
worauf auch die Gemäldefassung verweist, vielmehr<br />
der Darstellung einer Verführerin gewidmet, worauf die<br />
Betonung der Lippen und Brüste sowie des Geschlechtes,<br />
welches Munch bewusst ausspart, verweist.