mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen
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von Wolfgang Menge. DAS MILLIONENSPIEL (1970) ist<br />
eine Show, in der ein Kandidat für die Dauer von einer<br />
Woche einer Bande professioneller Killer entkommen<br />
muss, um zu gewinnen. 8 Flucht und Jagd des Kandidaten<br />
werden von 20 Kamerateams gefilmt und von Showmaster<br />
Thilo Uhlenhorst (Dieter Thomas Heck) im Fernsehen<br />
präsentiert. Immer wieder werden die aktuellen<br />
Einschaltquoten durchgegeben. Angesiedelt wurde diese<br />
bissige Mediensatire damals zehn Jahre in der Zukunft,<br />
also im Jahr 1980. Dass das Szenario nicht allzu futuristisch<br />
ist, belegten jedoch die zahlreichen Zuschauerreaktionen<br />
bei der Erstausstrahlung im Oktober 1970:<br />
Tausende Zuschauer waren von der Echtheit der Darstellung<br />
überzeugt und protestierten in Anrufen gegen die<br />
Brutalität des Spiels. Und gleichzeitig bewarben sich 25<br />
Zuschauer schriftlich beim Sender als Kandidaten für die<br />
Show (WDR 2002).<br />
In LA MORT EN DIRECT (1980, dt.: Der gekaufte Tod)<br />
spielt Romy Schneider eine Frau, der gesagt wurde, dass<br />
sie nicht mehr lange zu leben hat. Ein Mann (Harvey<br />
Keitel), dem eine Kamera versteckt ins Auge implantiert<br />
wurde, erhält die Aufgabe, ihr Sterben zu dokumentieren.<br />
Gemeinsam ist den genannten Filmen die Vermischung<br />
von scheinbarer Wirklichkeit und medialer Inszenierung.<br />
Angesichts der derzeitigen Entwicklungen hinsichtlich<br />
Reality-Shows und Pseudo-Dokumentationen im Fernsehen<br />
scheinen die Szenarien dieser Filme heute nicht<br />
mehr so weit hergeholt.<br />
„Der große positive Gedanke der Dystopien von Orwells<br />
‚Big Brother’ und seinen zahllosen Varianten war es, dass<br />
die Subjekte des kontrollierenden, sadistischen Voyeurismus<br />
‚die anderen’ seien, eine Verschwörung der Unmenschen,<br />
ein wahnsinniger Zukunftsstaat. In Filmen wie LA<br />
MORT EN DIRECT beginnen wir immerhin zu ahnen, dass<br />
diese Ordnung von Subjekten und Objekten der allfälligen<br />
Beobachtung nicht aufrecht zu erhalten ist. Der Durchschnittsmensch<br />
selber ist es, der seinesgleichen ausspionieren,<br />
überwachen, beobachten will, vom Anfang bis zum<br />
Ende; Big Brother ist Jedermann“ (Seeßlen & Jung 2003,<br />
S.726).<br />
WIE WIRKLICH IST DIE WIRKLICHKEIT?<br />
Es ist reizvoll, bei interaktiven Spielen nicht nur die<br />
Aktivität des Spielens zu betrachten, sondern sich<br />
einmal genauer mit den jeweils speziell geschaffenen,<br />
künstlichen Spielwelten auseinanderzusetzen. Gleiches<br />
gilt für Simulationsprogramme und ihre Parameter.<br />
Sowohl Computerspiele als auch simulierte Welten sind<br />
dankbare Themen für Filme. Auch hier seien kurz einige<br />
Beispiele genannt:<br />
Im Disney-Film TRON (1982) legt sich ein Entwickler<br />
von Computerspielen mit seinem ehemaligen Chef<br />
und dessen „Master Control Program“ an. Im Zuge der<br />
Streitigkeiten wird er digitalisiert und in die Welt der<br />
Programme hineingezogen. Er landet auf dem „Spieleraster“.<br />
Programme leben und agieren dort als Personen.<br />
Sie haben eine eigene Religion – sie glauben an ihren<br />
„User“.<br />
DER ZAUBERKASTEN (1990) ist eine skurrile deutsche<br />
Produktion, die mehrere mediale Ebenen reizvoll und<br />
geschickt miteinander verknüpft: Micha, ein zehnjähri-<br />
ICH BIN MEINE EIGENE WELT<br />
8 Dieselbe Kurzgeschichte war übrigens<br />
auch Vorlage für den französischen Film<br />
LE PRIX DU DANGER von 1983. Ein von<br />
einer Menschenjagd als Spielshow begeistertes<br />
Medienpublikum findet sich ferner<br />
1987 auch in RUNNING MAN.<br />
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