mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen
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THEATER<br />
50<br />
szenierung dazu? Kürzlich ging ja durch die Presse – im<br />
zweiten Gespräch zwischen Bush und Kerry im Fernsehen<br />
glaube ich – im dritten Programm ist das als der<br />
Billy Vanilly der Weltpolitik charakterisiert worden – das<br />
ganze schlechte Schauspiel liest das anders aus, nämlich<br />
dass er eine Marionette ist, dass er ferngelenkt ist. Das<br />
es da auch noch Leute gibt, die eigentlich auch kommunikative<br />
Macht haben. Das macht ihn zu einer Art<br />
von Gliederpuppe in diesen Fernsehszenen. Also was ich<br />
meine: Ist schlechtes Schauspiel nicht ein Hinweis auf<br />
Realität. Also nicht von Illusion, die du so stark betont<br />
hast, was ich auch richtig finde. – Wie du das gemacht<br />
hast, fand ich einfach toll. Das sei nebenbei gesagt. –<br />
Schlechtes Schauspiel ist ein Indikator dafür: Dieses ist<br />
nicht Bühne. Wenn man im Fernsehen Reality TV-Shows<br />
sieht. Zum Beispiel die Fahndungssendung im ZDF, die<br />
am Freitagabend läuft. Da kann man nicht hingucken.<br />
Das ist gruselig, was da an Schauspiel abgeliefert wird.<br />
Aber möglicherweise dient genau dieses schlechte<br />
Schauspiel zur Authentifizierung, dass wir es hier nicht<br />
mit einer Illusionen schaffenden Bühne zu tun haben,<br />
sondern mit etwas, das auf die Realität bezogen ist.<br />
Das ist die erst Frage und eine zweite, die ich anschließen<br />
möchte ...<br />
Antwort Peter Lüchiner:<br />
Nicht zwei auf einmal. Ich bin Schauspieler. Ich kann<br />
mir keine Texte merken. Also: Wenn man wieder ein<br />
Shakespeare-Stück nimmt ... Shakespeare ist unheimlich<br />
gemein in seinen Stücken. Er zeigt den Politiker,<br />
wie wir ihn nicht mal sehen können. Shakespeare ist<br />
so brutal. Und Bush ist in gleicher Weise brutal. Die<br />
Bilder, die wir kriegen, lösen aber diese Brutalität nicht<br />
mehr aus, die dahinter steckt. Vielleicht noch die Fakten<br />
lösen sie aus. Mal aus dem Nähkästchen: Wenn wir in<br />
der Bremer Shakespeare Company Stücke ansetzen wie<br />
wir das gerade haben, wie König Johann. Es interessiert<br />
niemanden. Aber dennoch ist es fünf mal spannender,<br />
zwei Stunden irgendeinen Deppen – welchen auch immer<br />
– im Theater anzuschauen, weil hier die Geschichte komprimiert<br />
ist und Abgründe aufgetan werden. Was wir bei<br />
diesen Fernseh-Inszenierungen sehen, ist schlussendlich<br />
nur: Langeweile. Einfach die Überbrückung der tiefen<br />
Langeweile der Menschen. Ist das eine Antwort?<br />
Nachfrage:<br />
Ja, aber da ist ja noch die zweite Frage. Ich möchte auch<br />
noch mal auf die Cave-Installationen zurückkommen. Du<br />
hast den Illusionsaspekt sehr stark dargestellt. Das ist<br />
in der Geschichte der Künste etwas ganz Altes. Etwa das<br />
Trompe-l’æil in der bildenden Kunst, seit der Barockzeit<br />
bis heute. Je mehr an Illusionierung angeboten und je<br />
mehr der Zuschauer aufgesogen wird, desto mehr von<br />
der beabsichtigten Wirkung! Die Bereitschaft von Seiten<br />
des Zuschauers, sich zur Illusion verführen zu lassen,<br />
ist vorhanden. Sie tauchen ein in den Jurassic-Parc, in<br />
eine fingierte Realität. Im Theater – mehr als im Kino<br />
– sind wir konfrontiert mit einem Problem, dass wir<br />
Filmwissenschaftler Doppelwahrnehmung nennen: Ich<br />
sehe dich, wie du den Hamlet spielst. Aber ich sehe auch<br />
dich. Also ich sehe Hamlet und den Schauspieler beide<br />
gleichzeitig. Oder im Kino sehe ich: Das ist eine wun-