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mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen

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Was brauchen wir noch für das Theater, um der Lüge<br />

einen Ausdruck zu geben? Wir hatten schon die Kostüme,<br />

die Bühne, Schauspieler, kommt noch das Licht – das<br />

ist aber etwas Modernes. Mit Licht haben wir unendlich<br />

viele neue Möglichkeiten dazu gekriegt. Wir können das<br />

Geschehen wegzaubern oder wir können mit Licht etwas<br />

abgrenzen, betonen etc. Aber das wäre schon wieder ein<br />

neues Feld. Also lassen wir es bei diesem. Viel mehr<br />

brauchen wir nicht fürs Theater.<br />

Um dem Autor gerecht zu werden: Zum Abschluss noch<br />

ein Monolog:<br />

Die ganze Welt ist eine Bühne,<br />

Und alle Fraun und Männer nichts als Spieler.<br />

Sie haben ihren Auftritt, ihren Abgang,<br />

Und jeder spielt im Leben viele Rollen.<br />

Die Akte sieben Alter. Akt eins: der Säugling,<br />

der kreischt und kotzt im Arm der Amme.<br />

Dann, quengelig, der Schüler mit dem Ranzen,<br />

Mit frischen Morgenblick, kriecht wie ne Schnecke<br />

Zur Schule, widerwillig. Dann, der Verliebte,<br />

Seufzt wie ein Ofen, herzzereissend, Reime<br />

Aufs Haar der Geliebten. Dann, Soldat,<br />

Voll fremder Flüche, bärtig wie ein Panther,<br />

Kitzlig in Ehre, hitzig, blitzschnell in Streit,<br />

Sucht er die Seifenblase Ruhm selbst noch<br />

In der Kanonenmündung. Dann, der Richter,<br />

Schön rund der Bauch, gut mit Kapaun gefüttert,<br />

Gestrengen Blicks, den Bart korrekt gestutzt,<br />

Voll klüger Sprüche, platten Fallbeispielen,<br />

So spielt er seine Rolle. Sechstes Alter,<br />

Neues Fach: der hagere Greis im Jugendwahn<br />

Die Brille auf der Nase, Geld im Strumpf,<br />

Die jugendliche Hose, gut geschont,<br />

Ne Welt zu weit für seine Schrumpelschenkel,<br />

Und seine kräftge Männerstimme kippt<br />

Zurück zum kindischen Diskant, fistelt<br />

Und piepst wie dieser. Letzte Szene: Ende<br />

Des seltsam-wechselvolln Historienspiels;<br />

Die zweite Kindheit, völliges Vergessen,<br />

Kein Zahn, kein Auge, kein Geschmack, kein gar nichts.<br />

Danke.<br />

(Jacques aus „Wie es euch gefällt“ von W. Shakespeare)<br />

Wenn Sie Fragen haben, über die vorgetragenen<br />

Thesen, bitte, fragen Sie. War Alles so schlüssig? – Ja?<br />

Frage:<br />

Bisher haben Sie viel über Phantasie gesprochen. Wie<br />

versteht ein Schauspieler die Phantasie? Was ist die<br />

Phantasie für Sie?<br />

Antwort Peter Lüchinger:<br />

Darüber habe ich am Anfang gesprochen. Was war zuerst<br />

da, das Ei oder das Huhn? Ich denke: Es gibt so etwas<br />

wie eine kollektive gesellschaftliche Phantasie, die wir<br />

weiter vererben über Generationen. Die Menschheit<br />

THEATER<br />

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