mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen
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THEATER<br />
44<br />
harte Sachen, nämlich: wie bringt man das Mondlicht<br />
in das Zimmer? Denn ihr wißt, Pyramus und Thisbe<br />
treffen sich bei Mondlicht.Ja gut, also machen wir das<br />
auch noch, diesen Prolog.<br />
Handwerker: Scheint der Mond in der Nacht, wo wir das<br />
Spiel spielen?<br />
Zettel: Ein Kalender, ein Kalender! Nein in der Nacht<br />
scheint der Mond nicht. Na gut! Dann könnten wir doch<br />
folgendes machen: Wir machen einen Fensterflügel vom<br />
großen Saal auf, wo wir spielen. Und dann kann der<br />
Mond durch das Fenster hereinscheinen.<br />
Oder, sagt der Zettel, denn das ist ein ganz kluger, es<br />
kommt einer rein mit Dornbusch und Laterne und sagt:<br />
Er präsentiert und bekörpert die Person des Mondscheins.<br />
Dann ist noch eine Sache: Wir brauchen eine Mauer im<br />
großen Saal; denn Pyramus und Thispe – sagt die Fabel<br />
– sprechen durch den Ritz von einer Mauer. Handwerker<br />
dazwischen rufend: Also eine Mauer kriegen wir da nie<br />
rein. Das ist ja unmöglich.<br />
Zettel: Gut dann muss irgendein Mann die Mauer vorstellen.<br />
Und er soll etwas Mörtel und etwas Leim oder<br />
etwas Putz an sich dran haben. Das bedeutet Mauer.<br />
Und er soll seine Finger hinhalten – so – das ist dann<br />
das Loch und durch diese kleine Klinze sollen Pyramus<br />
und Tispe flüstern.<br />
So hat sich Shakespeare Theater vorgestellt. Die Frage,<br />
die da aufgezeigt wird, ist: Wie kann man ein großes<br />
Drama auf diese kleine Bühne bringen? Mit Mauer, mit<br />
Mond etc., etc. Shakespeare hat die Regieanweisungen<br />
mitgeliefert. Wenn man es so wie die Handwerker macht,<br />
dann ist es schon lustig und interessant.<br />
Aber versuchen wir, noch weiter zu kommen. Im Theater<br />
geht es neben vielem auch noch um die emotionalen<br />
Zustände von Figuren. Und da geht es natürlich um<br />
Worte, die diese transportieren müssen.<br />
Was wir in der heutigen Zeit oft machen, wenn wir<br />
einen emotionalen Zustand beschreiben müssen, so<br />
sagen wir: Mir geht es schlecht. Ich fühle mich Scheisse<br />
... Wir meinen in einem Satz alles ausgedrückt zu haben.<br />
Das heißt, wir haben nicht mehr die sprachliche Fähigkeit,<br />
unsere inneren Gefühle mit Worten nach außen zu<br />
tragen.<br />
Um diese innere Welt zu zeigen, bedient sich ein guter<br />
Autor wie Shakespeare Metaphern, um beim Zuschauer<br />
etwas auslösen zu können: Diese Aufgewühltheit, die<br />
Zerrissenheit oder die Angst. Es gilt, die ganze Emotionalität<br />
einer Figur so an den Zuschauer zu bringen,<br />
dass mit dem Gesprochenen auch die ganze Gefühlswelt<br />
aufgezeigt wird. Und Gefühle sind meistens viel grösser<br />
und stärker als wir denken. Sie können auf die unterschiedlichsten<br />
Weisen in Worte gefasst werden. Würde<br />
wir es heutig, umgangssprachlich veräussern, wären alle<br />
Theaterstücke von sehr kurzer Dauer. Um das zu erklären,<br />
lese ich einen Teil einer Szene aus König Lear vor, in<br />
der ein König am Ende ist und nicht mehr weiter weiß.<br />
Heutig gesprochen, „es geht ihm schlecht“<br />
Was macht er? Der König geht aufs Land, in die Natur,<br />
und fängt an die Natur herauszufordern. Und er schreit.