mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen
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THEATER<br />
42<br />
Was haben Sie gesehen? Wenn ich das jetzt nicht gesagt<br />
hätte, wenn Sie meine Worte nicht gehört hätten. Hat<br />
sich bei ihm etwas verändert?<br />
Wie und was hat sich verändert? Er hat ja nichts dargestellt.<br />
– Die Phantasie hat ihm den Ausdruck gegeben.<br />
Seine Vorstellung hat ihn zu diesem Ausdruck gebracht.<br />
Sie sehen, es ist nichts Kompliziertes, das Schauspielen.<br />
Das ist unser Beruf. Eigentlich ist genau das Schauspielerei.<br />
Das heißt hohe Konzentration auf diese Bilder,<br />
auf die imaginierten Bilder. Die da unten, die wissen ja<br />
nicht, was sie sich vorstellen. Aber sie interpretieren<br />
den Ausdruck. Mit zehn, fünfzehn, da waren sie noch<br />
jung. Und das ist ein Geheimnis: Die müssen die ja nicht<br />
wissen, dass sie längst fünfzig sind.<br />
Gelächter im Publikum<br />
Menschenskind, fünfzehn. Da strahlen Sie. Da war das<br />
Leben noch leicht, locker. Was anderes. Jetzt arbeiten<br />
wir mal an Kälte.<br />
Jetzt stehen wir hier auf dieser leeren Bühne, normale<br />
Raumtemperatur. Wir haben nichts, keine Requisiten,<br />
keine Kostüme, wie Handschuhe, nichts. So nun kommt<br />
die Anleitung zum Lügen. Stellen Sie Sich vor: Es wird<br />
kalt. Im schlechten Theater macht man dann so.<br />
Peter Lüchinger reibt sich die Hände.<br />
Aber stellen Sie sich einfach mal vor, was passiert wenn<br />
es kalt ist. Es ist kühl. Um Gottes Willen. Man fängt an<br />
zu frieren. Die Vorstellungskraft macht, dass wir frieren.<br />
Und irgendwie wird man immer kleiner. Man zieht<br />
sich zusammen. Dann zeigt man das vielleicht auch,<br />
indem man sich gegen die Kälte wehrt. Man fängt an zu<br />
handeln, man will ja nicht frieren. Man will es eigentlich<br />
warm haben. Und schon erzählen wir eine kleine<br />
Geschichte. Denkpause! – Nun weiss jeder unten: Auf<br />
dieser leeren Bühne, in unserem Raum hier oben, ist<br />
es kalt. Aber tatsächlich sehen wir noch einen grauen<br />
Boden, eine graue Wand. Aber irgendwann glauben Sie:<br />
Der hat wirklich ein Problem, der hat wirklich kalt, sie<br />
fühlen mit der Person oben mit, sie glauben die kleinen<br />
Geschichte über die Kälte …<br />
Lacher im Publikum<br />
und nun können wir die Geschichte noch weiterführen,<br />
es liegen Steine auf dem Boden, spitze Steine: „Aua,<br />
aua.“ Alles tut weh. So einfach ist es. Wieder von den<br />
Kindern ausgehen! So einfach könnte es sein, wenn<br />
nicht der Autor uns ... Ach vielen Dank!<br />
Peter Lüchinger verabschiedet die Versuchsperson.<br />
So einfach könnte es sein, wenn der Autor nicht so viel<br />
vorgäbe, eine komplexe Geschichte. Das Stück ist eine<br />
Partitur, die so viel hintereinander an Emotionalität,<br />
Brüchen, Gegensätzen usw. komprimiert. Bisher haben<br />
wir schön langsam gearbeitet. Das waren noch einfache<br />
Geschichten. Jedoch eine Partitur vom Autor gibt dem<br />
Schauspieler eine völlig fremde Welt vor. Der Schauspieler<br />
muss mit seiner Figur in diese Welt eintreten. Er muss<br />
sie mit Hilfe seiner Phantasie erforschen. Das Stück ist<br />
eine klare Vorgabe und die Schauspieler müssen all diese<br />
Vorgaben so erfüllen, dass die Zuschauer alll die „Lügen“<br />
glauben.