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mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen

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THEATER<br />

38<br />

am Rande, diese „Inselwelt“ fand auf einer leeren Bühne<br />

statt, kein Bühnenbild, keine Hilfsmittel.<br />

Diese „Einfachheit“ ist das, was bei uns heute nicht<br />

mehr so einfach funktionieren kann. Wir sind Bildermenschen<br />

geworden. Weil wir Fernsehen haben, glauben<br />

wir nicht mehr an diese einfache Welt der Verführung.<br />

Im Film meinen wir meistens die Realität zu sehen. Die<br />

Bilder vermitteln uns eine fiktive Wahrheit. Wir wollen<br />

der Realität nahe kommen mit Hilfe der Bilder.<br />

Und das kann das Theater nicht. Es ist eine Illusion<br />

zu glauben, dass das Theater etwas mit der Realität<br />

zu tun hat. Theater kann sehr viel transportieren. Es<br />

kann Emotionen transportieren. Die sind natürlich<br />

real, aber ein Theaterstück ist eine Komprimierung von<br />

einer Geschichte, von Emotionen. In zwei Stunden kann<br />

man ein ganzes Leben erzählen, kann man fünf Weltuntergänge<br />

erzählen. Das kann man alles machen. Der<br />

Zuschauer geht mit. Er geht in dieser neuen Realität auf<br />

und akzeptiert diese ander Welt. Aber trotzdem erkennen<br />

wir, wenn wir unten sitzen, unsere eigene Realität<br />

wieder – in dieser gespielten Realität. Man muss sich<br />

das überlegen.<br />

Um auf Shakespeare zurückzukommen. Sie kennen<br />

vielleicht das Globe Theater, haben gesehen, was das<br />

Globe Theater ist: Es ist ein rundes Theater, ein runder<br />

Holzbau. Wenn wir heute von Theaterbauten reden, dann<br />

sprechen wir meistens von der Guckkastenbühne. Selbst<br />

hier, dieses Kino. ist eine klassische Guckkastenbühne,<br />

eigentlich so wie man das Theater kennt. Das gab es bei<br />

Shakespeare nicht. Es gab nur eine Plattform, die als<br />

Bühne diente, nach drei Seiten offen. Warum die Platt-<br />

form? Damit man alles sehen kann. Eigentlich braucht<br />

man auch die erhöhte Plattform nicht. Es ist nur eine<br />

physikalische Möglichkeit, besser gesehen zu werden.<br />

Und auf dieser Plattform hat er all seine Welten erzählt.<br />

Die ganze Welt ist eine Bühne oder auf dieser Bühne<br />

kann die ganze Welt dargestellt werden. Es gab keine<br />

Bühnenbilder. Es gab nichts. Und trotzdem gibt es eine<br />

Möglichkeit, dieses leere Bühne zu füllen. Mit Worten<br />

eine Welt zu bauen. Die Zuschauer mit Worten zu führen,<br />

zu verführen! Mit Worten, sprich Phantasie eine Welt<br />

zu formen, zu gestalten. Wir nennen das im Theater die<br />

Wortkulisse. Aber die funktioniert ebenfalls nur, wenn<br />

der Zuschauer mitgeht.<br />

Wieder auf’s Kind zurück: Wenn sie nicht glauben, das<br />

jemand, der eine Krone trägt, ein König ist, dann funktioniert<br />

die Verabredung nicht. Weiter muss man sich<br />

vorstellen: Sie haben bei Tageslicht gespielt. Es war taghell.<br />

Und heute? Wir gehen ins Theater, das Licht geht<br />

aus, das Kunstlicht geht an. Das hat mit verzaubern tun.<br />

Aber damals, die Leute haben sich im Tageslicht verzaubern<br />

lassen, sie konnten alles sehen und trotzdem haben<br />

sie im Theaterstück eine neue Welt entdeckt. Zu Shakespeares<br />

Zeit gab es eine Zensur. Shakespeare hat viele<br />

Königsdramen geschrieben, politische Stücke, Stücke<br />

über Macht, Machtzerfall, Stücke wo Könige aufsteigen<br />

aber auch fallen. Politischer Zündstoff. Das wäre, wie<br />

wenn wir heute schreiben würden: Bush ist gestürzt<br />

worden! Ein König wird gestürzt, ein König kann aber<br />

nicht gestürzt werden aus Sicht der Zensur – es gab ja<br />

nur einen König – also wenn in einem Stück ein König<br />

gestürzt wird, stürzt folglich der König von England. Das

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