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mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen

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THEATER<br />

36<br />

Ergänzt, was bei uns fehlt, in Eurem Kopf.<br />

Zerlegt in tausend Teile einen Mann<br />

und formt aus ihm ein Heer.<br />

Glaubt, reden wir von Pferden, sie zu sehen,<br />

wie sie mit stolzen Hufen Spuren prägen,<br />

denn Eure Phantasie krönt unsere Könige;<br />

tragt sie von hier nach dort, springt in der Zeit,<br />

und kürzt so das Geschehen von dreizehn Jahrn<br />

zum Stundenglas. Gewährt, in diesem Lichte,<br />

uns, als dem Chorus, Zutritt zur Geschichte.<br />

Wie ich schon sagte, das ist der Prolog aus einem Stück<br />

von William Shakespeare, aus Heinrich V. Dieser kleine<br />

Text enthält eigentlich alles. Das Theater kann nur leben,<br />

wenn eine Grundvereinbarung funktioniert, d.h. wenn<br />

der Zuschauer und der Mensch oben, der sich Schauspieler<br />

nennt, sich entführen, verführen lassen wollen. Und<br />

dazu braucht es die Phantasie. Eine Frage, die ich nicht<br />

beantworten kann: „Was benötigt man für die Phantasie?“<br />

oder „Wie gross, wie mächtig ist unsere Phanstasie?<br />

Ist sie etwas, was wir Menschen in uns tragen,<br />

angeboren ist, genetisch kulturell vererbt oder was auch<br />

immer?“ Oder „Brauchen wir Lebenserfahrung, Lebenseindrücke<br />

um unsere Phantasie anreichern zu können?“<br />

Also, was war zuerst, das Huhn oder das Ei, das Ei oder<br />

das Huhn? In diesem Punkt bin ich mir nicht sicher. Ich<br />

weiß nur: Jeder Mensch trägt in sich eine überbordende<br />

Phantasie. Das zeigt sich auch in unseren Träumen. Und<br />

die Phantasie wird, wenn etwas anregendes z. Bsp. auf<br />

einer Bühne dargestellt, angeklickt. Einmal angeregt,<br />

sprudelt sie immer weiter. Sie speist sich aus sich selber<br />

weiter fort. So bleibt nun eine weitere Frage zu klären:<br />

Warum machen wir eigentlich Theater? Was wollen die<br />

Menschen im Theater? Warum kehren die Menschen<br />

öfters an diesen Ort zurück? Hier, in diesem Raum ist es<br />

doch wunderbar. Hier befinden wir uns einem Kino. Ins<br />

Kino gehen wir um neue Geschichten zu erfahren, neue<br />

Welten zu sehen. Aber das Kino ist „nur“ die moderne<br />

Fortsetzung des Theaters.<br />

Warum gehen wir dann noch ins Theater? Shakespeare<br />

hat vor 400 Jahren gelebt, hat 37 Stücke geschrieben.<br />

Und die spielen wir heute immer noch, warum? Was<br />

ist das, was die Zuschauer, ins Theater zieht? Warum<br />

wollen sie „Romeo und Julia“ sehen, hören? Eigentlich<br />

kennt doch jeder den Inhalt des Stücks. Ein Grossteil der<br />

Zuschauer kommt ins Theater und weiß: Am Ende dieses<br />

Stückes stirbt die Julia wie auch Romeo. Der Zuschauer<br />

weiß es vorher. Und er geht trotzdem ins Theater und<br />

guckt sich die Geschichte vielleicht zum wiederholten<br />

Male an. Er hat das Wissen, über die Geschichte des<br />

Stückes.<br />

Ich glaube, während einer Theatervorstellung – und<br />

der Zuschauer kann es, miterleben, wenn es gut ist<br />

– etwas wie ein kollektives Vergessen stattfindet. Die<br />

ausserhalb des Theaters liegende Gegenwart wird allmählich<br />

ausgeblendet. Man kann einen leichten Eintritt<br />

finden in diese Gefühlswelt und man kann gleichzeitig<br />

mit den Figuren leben. Das heißt, das Wissen, das<br />

Bewusstsein, die persönliche Welt des Zuschauers wird<br />

auf gewisse Weise ausgeschaltet. Man fängt an, den<br />

Augenblick mitzuleben, mitzufühlen, mit den Figuren

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