mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen
mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen
mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
entlang Leute allerlei Gebilde tragen, die über das Mauerwerk<br />
hinausragen. Es sind steinerne wie hölzerne Darstellungen<br />
von Menschen und Tieren sowie mancherlei<br />
andere Kunstformen. Die Vorführer dieser Gebilde mögen<br />
sich wohl unterhalten, einige werden still sein.<br />
Von einem wunderlichen Bild erzählst du und von<br />
wunderlichen Gefangenen, sagte (Glaukon).<br />
Aber doch ganz ähnlich uns, sagte ich. Menschen in<br />
dieser Lage haben, das wirst du zugeben, von sich selbst<br />
und voneinander seit jeher keine andere Kenntnis als<br />
durch die Schatten, die das Feuer auf die Höhlenwand<br />
vor ihnen, wirft.<br />
Wie sonst, sagte er, wenn sie durch Zwang auf Lebenszeit<br />
die Köpfe unbewegt halten müssen?<br />
Was aber sehen sie von den Gebilden, die hinter ihnen<br />
vorgeführt werden? Etwas anderes (als deren Schatten)?<br />
Was sonst?<br />
Könnten sie nun miteinander erörtern, was sie da<br />
sehen, würden sie es nicht auch deiner Meinung nach<br />
für das Seiende selbst halten?<br />
Es bleibt ihnen nichts anderes übrig.“<br />
Mit dieser ziemlich brutalen Schilderung des Zwangscharakters<br />
der Höhle ist das Höhlengleichnis noch<br />
nicht zuende. Plato öffnet die Höhle, um die Differenz<br />
zwischen Denken und Wahrnehmung bewusst zu machen.<br />
Traue dem Schein nicht, so lautet seine Botschaft:<br />
Dichter und Maler täuschen uns mit ihren Kunstwerken.<br />
Die sophistischen Philosophen fallen auf sie rein.<br />
Wahre Erkenntnis lässt sich mit den getäuschten Sinnen<br />
nicht erfahren. Das Wahre und Gute findet sich in der<br />
Sphäre der Ideen, welche der Philosoph ans Licht bringt.<br />
Wer die Welt erleuchtet im Licht der Ideen sieht, wird<br />
zunächst geblendet sein. Geht der so Aufgeklärte gar<br />
in das Dunkle der Höhle zurück, so wird man ihm nicht<br />
glauben und ihn wegen seiner frevelhaften Äußerungen<br />
über den Charakter der Wirklichkeit - genau wie Sokrates<br />
- mit dem Tode bedrohen.<br />
Der kritische Einwand gegen Sokrates und Plato lautet:<br />
Das Licht der Idee ist nur eine andere blendende Metapher.<br />
Aus der Höhle der Zeichen von Dichtern und Künstlern<br />
gibt es kein Entkommen. Wirklichkeits-Bewusstsein<br />
hat die Welt nie direkt, sondern nur vermittelt. Und wie<br />
unterscheiden wir die Wirklichkeit dann vom Traum?<br />
Ungefähr 2000 Jahre nach Plato, hält der Beginn des<br />
Winters einen anderen Philosophen in einer anderen<br />
Höhle, in einer Ofenstube eingeschlossen, in der er alle<br />
Muße hatte, sich mit seinen Gedanken zu beschäftigen.<br />
Am Martinsabend 1619 gerät René Descartes beim<br />
Grübeln in höchste Erregung. Natürlich ist es Nacht, als<br />
ihn die Phantome von Träumen bedrängen:<br />
Immer wenn er aufwacht, die Studierstube wieder<br />
erkennt und über seinen Traum nachdenken will, schläft<br />
er wieder ein. Schließlich beschert ihm der Traum ein<br />
Wörterbuch und die Frage, welchen Lebensweg er einschlagen<br />
soll. Immer wenn er im Wörterbuch nachschlagen<br />
will, fehlen die entsprechenden Stellen. Die Träume<br />
in der Studierstube deutet Descartes als Botschaft. Sein<br />
Leben lang wird er nachdenken über das Wahre und Falsche.<br />
Auf der Suche nach der evidenten Wahrheit kommen<br />
die Zweifel an den Sinnen. Fast alles fällt der Fiktion<br />
HOEHLEN<br />
17