03.03.2013 Aufrufe

mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen

mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen

mixed reality adventures - artecLab - Universität Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

LEGENDEN VOM ENDE DER KINOZEIT<br />

12<br />

logisch zu wappnen versucht, zu dem Wesen, das endgültig<br />

die Trennung von Innen und Außen zu seinem<br />

Bild gemacht hat: Einen Roboter/Computer/Avatar<br />

zu „öffnen“, heißt in der Regel in unserer Mythologie<br />

bereits, ihn zu töten. Georg Seeßlen hat diesen Wirkmechanismus<br />

ausführlich beschrieben.<br />

In den Filmen von David Cronenberg geschieht der<br />

Übertritt zwischen materieller und virtueller Wirklichkeit<br />

häufig und auf sehr heftiger Art und Weise. Die zweite<br />

Wirklichkeit tritt nicht nur in die Vorstellung, sondern<br />

ganz direkt ins Fleisch des Menschen wie in Filmen wie<br />

VIDEODROM (1982) oder „eXistenZ“ (1999), wo es um die<br />

Geburt des neuen Menschen als „MetaFlesh Game-Pod“<br />

geht. Hier kann die virtuelle WELT nur eine furchtbare<br />

Abbildung des Bekannten sein. So wie die Gespenster<br />

der Irrealität in der Wirklichkeit wüten, so wüten nun<br />

die Gespenster der Realität in den Traumreichen. Und<br />

Cronenberg geht in seinen Filmen an den Ursprung des<br />

Mythos zurück, zum „Grauen“ der Geburt, die sich aus<br />

der natürlichen Abfolge löst. So schafft sich der ‚artifizierende’<br />

Mann in VIDEODROM so etwas wie eine Vagina,<br />

und in „eXistenZ“ erschafft die Heldin ein Computerspiel,<br />

das die perfekte Simulation einer Gebärmutter ist,<br />

und vernabelt ihren „Sohn“ mit einem „Bioport“.<br />

In der Literatur gibt es dafür Vorläufer. Da ließe sich<br />

der Ubik von Philipp K. Dick zitieren: „Ich bin Ubik. Mich<br />

gabs schon, bevor es das Universum gab. Ich habe die<br />

Gestirne gemacht, ich habe die Welt erschaffen und den<br />

Raum, in dem es existiert. Ich lenke es hierhin, ich lenke<br />

es dorthin. Es bewegt sich nach meinem Willen, es tut,<br />

was ich sage. Ich bin das Kennwort, mein NAme wird<br />

nie ausgesprochen, mein NAme, den niemand kennt. Ich<br />

werde Ubik genannt, aber das ist nicht mein NAme. Ich<br />

bin. Ich werde immer sein.“<br />

Das ist doch die geniale Vorwegnahme der Philosophie<br />

des MATRIX-Universums anhand einer Phraseologie,<br />

welche die Eröffnung des Neuen Testaments von Johannes<br />

nachahmt und den Computer metaphorisch mit (dem<br />

christlichen) Gott gleichsetzt.<br />

Sic MATRIX! Die Dimension ist Gott! Avatar bezeichnet<br />

im Sanskrit eine göttliche Wesenheit, die menschliche<br />

Gestalt annimmt. In diesem Sinne sind Virtual Actors<br />

von heute die guten Geister von morgen, Schnittstellen<br />

zu einer autonomen Parallelwelt in einem selbstregelnden<br />

System.<br />

BR: Siehst du in derartigen virtuellen Welten von Caves<br />

und Avataren die künftige Kinowelt heraufziehen?<br />

AT: Wer weiß das schon genau. Alle Filme werden heute<br />

auch digital produziert. Für die Zukunft gilt auf jeden<br />

Fall: „Phantasy kills <strong>reality</strong>!“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!