Bayerisches Landesamt für Steuern - LSWB
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<strong>Bayerisches</strong> <strong>Landesamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Steuern</strong><br />
<strong>Bayerisches</strong> <strong>Landesamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Steuern</strong><br />
Dienststelle München 80284 München<br />
Umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen der Physiothera-<br />
peuten und staatlich geprüften Masseure<br />
Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG<br />
Nach § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG sind steuerfrei die „Heilbehandlungen<br />
im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der<br />
Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme<br />
oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden“.<br />
Für die Anerkennung der Steuerfreiheit einer Leistung nach § 4 Nr. 14<br />
Buchst. a UStG ist es erforderlich, dass<br />
die die Behandlung durchführende Person eine in § 4 Nr. 14<br />
Buchst. a UStG ausdrücklich genannte oder eine ähnliche heilberufliche<br />
Tätigkeit ausübt UND<br />
die jeweilige Leistung eine Heilbehandlung darstellt.<br />
Die erste Voraussetzung – die Befähigung – ist sowohl bei der Berufs-<br />
gruppe der Physiotherapeuten als auch der staatlich geprüften Masseure<br />
erfüllt (§ 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG, Abschn. 4.14.4 Abs. 2 und<br />
Abs. 11 UStAE).<br />
Physiotherapeuten und Masseure nach dem Masseur- und Physiothera-<br />
peutengesetz (MPhG) unterscheiden sich von Ärzten oder Heilpraktikern<br />
jedoch dadurch, dass sie nach den berufsrechtlichen Vorschriften nicht<br />
zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur<br />
Ausübung der Heilkunde berechtigt sind (Urteil des BVerwG vom<br />
26.8.2009, 3 C 19/08, BVerwGE 134 S. 345). Die Ausbildung vermittelt<br />
Datum 25.10.2011<br />
Aktenzeichen S 7170.1.1-10/52 St33<br />
Bearbeiter Jessica Lehner<br />
Sebastian Roith<br />
Internet: www.lfst.bayern.de<br />
Grundsätze<br />
heilberufliche Tätigkeit<br />
(Befähigung)<br />
berufsrechtliche<br />
Besonderheiten
- 2 - <strong>Bayerisches</strong> <strong>Landesamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Steuern</strong><br />
25.10.2011<br />
S 7170.1.1-10/52 St33<br />
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keine ausreichenden Kenntnisse und Fähigkeiten zu einer selbständigen<br />
Erstdiagnose, sondern nur <strong>für</strong> die nachgelagerte Heilmittelerbringung.<br />
Dies hat zwar keine Auswirkung auf die Befähigung an sich, spielt aber<br />
eine wichtige Rolle bei der Prüfung der zweiten Voraussetzung – das<br />
Vorliegen einer Heilbehandlung.<br />
Bei der Beurteilung, ob eine Heilbehandlung vorliegt, muss jede Leistung<br />
<strong>für</strong> sich betrachtet werden. Unter Beachtung der Rechtsprechung<br />
des EuGH sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin Tätigkeiten,<br />
die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und,<br />
soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen<br />
beim Menschen vorgenommen werden (Abschnitt 4.14.1 Abs. 4<br />
UStAE). Es ist jeweils zu prüfen, ob ein therapeutisches Ziel im Vordergrund<br />
steht.<br />
Für die Steuerfreiheit von Physiotherapieleistungen (z.B. Massagen) ist<br />
es daher erforderlich, dass diese Teil eines konkreten, individuellen, der<br />
Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder<br />
Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzeptes sind (BFH-Urteil<br />
vom 7.7.2005, V R 23/04, BStBl II 2005 S. 904). Leistungen, die aus<br />
kosmetischen Gründen oder zur Verbesserung des Wohlbefindens<br />
(„Wellness“) durchgeführt werden oder die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug<br />
haben, weil sie lediglich den allgemeinen Gesundheitszustand<br />
verbessern sollen, sind nicht steuerbefreit (BFH-Urteil vom<br />
7.7.2005, a.a.O.; BFH-Beschluss vom 28.9.2007, V B 7/06, BFH/NV<br />
2008 S. 122).<br />
Die Steuerbefreiung kommt <strong>für</strong> physiotherapeutische Leistungen daher<br />
nur in Betracht, wenn sie aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rah-<br />
men einer genehmigten Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme<br />
erbracht werden.<br />
Auch Behandlungen im Anschluss/Nachgang einer ärztlichen Diagnose,<br />
<strong>für</strong> die die Patienten die Kosten selbst tragen, sind grundsätzlich nicht<br />
als steuerfreie Heilbehandlung anzusehen. Sofern <strong>für</strong> diese Anschlussbehandlungen<br />
keine ärztliche Verordnung vorliegt, handelt es sich hierbei<br />
um steuerpflichtige Präventionsmaßnahmen.<br />
Heilbehandlung<br />
Abgrenzung zu<br />
Wellness-<br />
Behandlungen<br />
Erfordernis einer<br />
ärztlichen Anordnung<br />
Folgebehandlungen
- 3 - <strong>Bayerisches</strong> <strong>Landesamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Steuern</strong><br />
25.10.2011<br />
S 7170.1.1-10/52 St33<br />
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Aufgrund in der Vergangenheit teilweise abweichender Rechtsauffas- Nichtbeanstandung<br />
sung kann es allerdings <strong>für</strong> vor dem 1.1.2012 ausgeführte Umsätze unbeanstandet<br />
bleiben, wenn ein Physiotherapeut / staatlich geprüfter<br />
Masseur die Behandlungen, die er im Anschluss an (ebenfalls von ihm<br />
vorgenommene) ärztlich verordnete Behandlungen durchgeführt hat,<br />
bisher steuerfrei behandelt hat.<br />
Ermäßigter Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG<br />
Nach den vorgenannten Grundsätzen sind sowohl klassische Physiothe-<br />
rapieleistungen ohne Verordnung als auch typische Wellness-/ Kosmetik-Anwendungen<br />
umsatzsteuerpflichtig. Für diese Leistungen kommt die<br />
Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG in Betracht, da gemäß<br />
Abschn. 12.11 Abs. 3 UStAE bestimmte physiotherapeutische Leistungen<br />
(wie z.B. Fango oder Heilmassage) als begünstigte Heilbäder einzustufen<br />
sind.<br />
Da es <strong>für</strong> die Anwendung der Steuerermäßigung ausreicht, dass das<br />
Heilbad seiner Art nach allgemeinen Heilzwecken dient (Abschn. 12.11<br />
Abs. 4 UStAE), unterliegen die Umsätze, die typischerweise von Physiotherapeuten<br />
oder staatlich geprüften Masseuren erbracht werden und<br />
die von den Krankenkassen grundsätzlich als Heilmittel anerkannt sind,<br />
dem ermäßigten Steuersatz.<br />
Reine Wellness-Anwendungen (z.B. Thai-Massagen, Hot Stone, Lomi-<br />
Lomi u.Ä.) unterliegen hingegen insgesamt dem vollen Steuersatz.<br />
gez.<br />
Hilmer Meyer<br />
physiotherapeutische<br />
Leistungen als Heilbäder<br />
Ermäßigung <strong>für</strong> als<br />
Heilmittel anerkannte<br />
Maßnahmen<br />
voller Steuersatz <strong>für</strong><br />
Wellness