Festkörperphysik II - Technische Universität Wien
Festkörperphysik II - Technische Universität Wien
Festkörperphysik II - Technische Universität Wien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
16 KAPITEL 2. MATERIALIEN DER AKTUELLEN FORSCHUNG<br />
tenkritikalität diskutiert werden, so z.B. die Manganate, Kobaltate, Kondoisolatoren,<br />
Spingläser, organische Ladungstransfer-Komplexe und auch die Hochtemperatur-Supraleiter.<br />
Und es gibt sogar Hinweise darauf, dass Quantenkritikalität auch ausserhalb der traditionellen<br />
<strong>Festkörperphysik</strong> von Bedeutung ist, z.B. in Quanten-Punkt-Systemen oder in Multilagen<br />
aus He 3 -Atomen. Faszinierend – wenn auch noch etwas spekulativ – ist die derzeitige<br />
Diskussion über Parallelen mit der Physik Schwarzer Löcher.<br />
2.3 Unkonventionelle Supraleiter<br />
Supraleitung ist ein makroskopisches Quantenphänomen, bei dem die beweglichen Elektronen<br />
eines Metalls unterhalb einer kritischen Temperatur sog. Cooper-Paare bilden und in<br />
einen gemeinsamen Grundzustand ” kondensieren“. Die Paarbildung ist erforderlich, da nur<br />
Teilchen mit ganzzahligem Spin (Bosonen) den gleichen Zustand einnehmen können, während<br />
dies für Teilchen mit halbzahligem Spin (Fermionen) wie Elektronen nach dem Pauliprinzip<br />
verboten ist. Für konventionelle Supraleiter basiert der Paarungsmechanismus auf der Wechselwirkung<br />
mit den Gitterschwingungen (Phononen), wie sie die BCS-Theorie beschreibt. Es<br />
gibt aber auch Materialien, in denen dieser Paarungsmechanismus unwahrscheinlich ist. Einige<br />
solche Systeme wollen wir im Folgenden behandeln.<br />
2.3.1 Hochtemperatur-Supraleiter<br />
Seit der Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleitung in der Familie der Kuprate im Jahre<br />
1986 durch Bednorz und Müller bleibt trotz einer Fülle an experimentellen Ergebnissen der zu<br />
Grunde liegende mikroskopische Mechanismus unklar. Ein auch nur halbwegs vollständiger<br />
Überblick über den Stand der Forschung an Hochtemperatur-Supraleitern würde eine ganze<br />
Vorlesung füllen. Hier wurde daher eine Auswahl nur weniger Aspekte getroffen.<br />
In Abb.2.13 ist die Struktur des typischen Hochtemperatur-Supraleiters La2−xSrxCuO4<br />
zu sehen. Charakteristisch sind die CuO2-Ebenen, die für die Supraleitung in den Kupraten<br />
eine entscheidende Rolle spielen. Die bisher höchste kritische Temperatur von 133.5 K<br />
wurde in dem System HgBa2Ca2Cu3O8+x gefunden, in dem gleich drei CuO2-Ebenen pro<br />
Einheitszelle vorhanden sind. Die Schichtstruktur führt zu extrem anisotropem Verhalten<br />
im normalleitenden Zustand. Der elektrische Widerstand senkrecht zu den CuO2-Ebenen<br />
kann bis zu tausend Mal größer sein als der entlang der Ebenen.<br />
Das phänomenologische Phasendiagram der Elektron- und Loch-dotierten (n- und p-<br />
Typ) Hochtemperatur-Supraleiter ist in Abb.2.14 am Beispiel von Nd2−xCexCuO4 und<br />
La2−xSrxCuO4 gezeigt. Ohne Dotierung (x = 0) sind beide Verbindungen antiferromagnetische<br />
Isolatoren. Bereits dieser Zustand ist ungewöhnlich, da die Systeme gemäß<br />
Bandstrukturrechnungen Metalle sein sollten. Er rührt von starken Elektron-Elektron-<br />
Wechselwirkungen her und wird als Mott-Isolator bezeichnet. (In einem Mott-Isolator ist<br />
jeder Gitterplatz mit einem Elektron besetzt. Für eine Bewegung der Elektronen müsste<br />
ein Gitterplatz zeitweise doppelt besetzt werden. Dieser Prozess würde wegen der starken<br />
Coulomb-Abstoßung zwischen den Elektronen zu viel Energie kosten und findet daher nicht<br />
statt.) Mit zunehmender Dotierung wird die antiferromagnetische Phase unterdrückt und